2024-05-10T08:19:16.237Z

Der Spieltag
Bollwerk Neugersdorf: Nicht nur die Oberlausitzer überraschten mit ihrem Sieg über den BAK. Foto: Mehmet Dedeoglu
Bollwerk Neugersdorf: Nicht nur die Oberlausitzer überraschten mit ihrem Sieg über den BAK. Foto: Mehmet Dedeoglu

Bis die Fetzen fliegen

Was am Wochenende geschah: Wer überraschte? Wer enttäuschte? Ein Blick auf den 15. Spieltag der Regionalliga Nordost

Rene Rydlewicz war sichtlich genervt. In der Pressekonferenz nach dem wohl verrücktesten Spiel des Spieltages versteckte er seinen Frust nicht hinter Phrasen. Die Niederlage des BFC gegen Auerbach schmerzte. In vielerlei Hinsicht. Andere hatten dagegen mehr zu lachen.

Die Begegnungen des 15. Spieltages

Hertha BSC II - FSV Wacker Nordhausen

SV Babelsberg 03 - ZFC Meuselwitz

FC Energie Cottbus - FSV Luckenwalde

FSV Union Fürstenwalde - RB Leipzig II

TSG Neustrelitz - 1. FC Lok Leipzig

Berliner AK 07 - FC Oberlausitz Neugersdorf

FSV Burdissa Bautzen - FC Viktoria Berlin

FC CZ Jena - FC Schönberg

Vfb Auerbach - BFC Dynamo

Das Spiel des Spieltages

VfB Auerbach gegen BFC Dynamo. Wer hier ein lockeres Schiebchen der Berliner erwartete, wurde schnell vom Gegenteil überzeugt. Der Pressesprecher des VfB bezeichnete die Begegnung im Nachhinein als „emotionale Partie“. Hatte er recht. Nach 15 Minuten schoss VfB-Stürmer Axel Kühn seinen Klub vor 525 Zuschauern in Führung - allerdings ging dem Treffer ein Handspiel voraus. Nach kurzzeitiger Flaute schallte es plötzlich durchs VfB-Stadion. Das Leder klatschte ans BFC-Gebälk. Der „Hallo-Wach-Effekt“ für die Gäste? In der Tat. Die BFC-Elf erzwang den nächsten Paukenschlag der Partie. Bubb. Und bubb. In der 33. und 34. Minute drehte Dynamo durch Pröger und Srbeny den Kick. Endlich, ein „Gut Kick“. Läuft also wieder für den BFC. Oder? Nö!

Zwei Minuten strichen ins holprige Auerbacher Land als Joshua Marques Pereira Silva den roten Pappkarton erblickt. Dynamo-Coach Rene Rydlewicz war sich auch nach dem Spiel noch nicht sicher: „Ich weiß nicht, was man heute hergeschickt hat. Aber ein Schiedsrichter war es nicht!“ Puh, harte Worte. Doch die Pereira-Schlagader pulsierte nach einem Foul an Kollege Pröger wie wild. Seine Hand, am Hals des Gegenspielers. VfBler Schlosser: auch am Start. Der sieht Gelb. „Hier muss es zwei Rote Karten geben“, merkte Rydlewicz später an. Die Pauken: weiter düster am Bummern. 55. Minute: Dynamos Schmunck verabschiedet sich ebenfalls vom Grün. Mit Rot. Mit Recht? Notbremse! Rydlewicz versteht die Welt nicht mehr. Die Berliner Herzen schlagen mit 140 bpm und schneller. Hier gibt’s gelb und da gibt´s gelb. Kochend heiße Stimmung auf dem Feld. Doch Auerbach schnuppert Morgenluft und drückt gegen doppelt dezimierte Berliner. Paradies macht´s. 76. Minute. Der BFC sträubt sich. Will jetzt den Punkt halten. Der VfB drängt auf den Sieg. Jiri Mlika macht´s. 87. Minute. Der BFC knickt ein. Leere Hände und Wut im Bauch bleiben übrig. Coach Rydlewicz war sauer: „Man arbeitet die ganze Woche und dann fährt man hier stundenlang her. Und es ist nicht das erste Mal. Und das ist es, was mich so langsam so richtig ankotzt.“ Gemeint: die Unparteiischen. Michael Heimisch hingegen blieb beim Spielerischen. Lobte seine Jungs weitestgehend. Zum Schiedsrichter sagte er kaum was. Zum Spiel: „Ein verdienter Sieg“, und fügt an, „wir haben hier in Auerbach Mal wieder ein geiles Spiel erlebt.“ Rydlewicz´s Miene: wie versteinert. Obwohl Salz in Wunden doch ordentlich brennt.

Die Überraschung des Spieltages

FSV Union Fürstenwalde gegen RB Leipzig II. Wir haben 100 Leute gefragt: Hätten sie darauf gewettet, dass der Aufsteiger aus Fürstenwalde gegen die RB-Reserve einen Punkt holt? Top Antwort: „Wie bitte!?“ Ja, richtig gehört. Der FSV ergattert sich einen dreisten Punkt gegen Terrence Boyd & Co. Terrence wer? Na Boyd. Terrence. Amerikaner. Torjäger. Hat schon zweite Buli gekickt. Und sogar getroffen. Wie auch am vergangenen Spieltag gegen den FSV. Minute 21. Boyd bekommt den Ball auf dem Bronzetablett serviert – Silber bekommt nur, wer die Bayern ärgert – und schiebt bullig zur 1:0-Führung ein.

Doch die Jena-Bezwinger flogen zu hoch in der Fürstenwalder Bonava-Arena. Fehler häuften sich. FSV-Flügelflitzer Darryl Geurts, im Tiefflug unterwegs, nutzte den Bellot-Fehler aus und sauste munter aus einem Zentimeter mit dem Ball ins Tor. RB guckt sich um. Versteht die Welt nicht mehr. Die Unioner halten mit? Die Partie ausgeglichen und offen. „Wie bitte!?“ – die Top Antwort. Elf Minuten vor Schluss noch ein Platzverweis für Fürstenwaldes Griebsch. Sogar in Unterzahl mauserte sich der Regio-Neuankömmling zum Remis. Wer hätte das gedacht?! Der Abpfiff ertönt. Riesenfreunde bei den Hausherren. Enttäuschte Gesichter bei der Rasenball-Reserve. Besonders beim Coach. Der ist „sehr enttäuscht“, mal wieder. Für Union ist der Punkt Balsam für die Seele, sieht auch Coach Hollerieth so: „Er tut uns gut und hoffentlich kehrt wieder etwas mehr Ruhe ein.”

Die Flaute des Spieltages

Hertha BSC II gegen Wacker Nordhausen. Die einen auf Platz sechs. Die anderen auf Platz elf. Klingt vielversprechend. Nichts da. Der BSC II und Wacker trennten sich ebenfalls Unentschieden. Trocken. Nüchtern. Zwar fielen zwei Tore, aber auch viele andere Pfiffe beherrschten das Geschehen. Und bewegt hat sich nur einer: FSV-Coach Tomislav Piplica.

Vermisst habe er vor allem eines bei seinen Jungs: Siegeswille. Stattdessen gab es die Gelbe Karten und ein Gegentor, trotz massiver Überzahl im eigenen Strafraum. Fünf Mal wurde insgesamt gewechselt. Einwürfe. Ecken. Gähn. Wenige Torchancen. Wenig fürs Auge. Außer noch mehr gelb, ein Frustfaul und eine Menge Ballgeschiebe. Weiter im Geschehen. Nach dem Wiederanpfiff das gleiche Bild. Gelb. Gelb. Wechsel. Wechsel. Erst kurz vor dem Ende drehten die Nordhausener etwas auf. So wie ihr Coach. Der machte mehr und mehr Ballett an der Seitenlinie. Und siehe da, die Wacker-Hände blieben nicht leer. Herröder erlöste gelangweilte Nordhausener und drückt den Ball via Kopp, wie man in Berlin so schön sagt, über die Linie. 1:1! Ebenfalls kein schönes Tor. Wie das der Hertha. Dieses Mal die BSC-Abwehr in massiver Überzahl und im Tiefschlaf. Ein Pfiff ertönt. Feierabend. Das Spiel ist aus. Zum Glück.

In aller Munde

Ist doch klar: Hinten wird die Ente fett! Der FSV Luckenwalde kämpft erbittert – mal wieder – gegen den Abstieg. Zuletzt gegen den FC Energie Cottbus. Abschreiben sollte man die Elf um Ingo Nachtigall noch lange nicht. Immerhin standen sie am 15. Spieltag kurz vor der Sensation. Den Rückstand gegen den FC egalisierten die Blau-Gelben kurz vor dem Pausenpfiff. Auch in der zweiten Hälfte sträubten sich die Luckenwalder, wie kleine Kinder vorm Schlafen gehen, vor der Niederlage. Erst kurz vor Schluss, in der 91. Spielminute, brachte Energie-Stürmer Streli Mamba die Aufmüpfigen zur Ruhe. 2:1 verloren die Abstiegsbedrohten. Aber auf diese Leistung, gegen die aus der dritten Liga abgestiegenen Cottbusser, lässt sich aufbauen. Da ist noch nicht aller Tage Abend beim FSV.

Auch Neugersdorf lässt die Fanmassen aufhorchen. Der FCO ist seit drei Spielen ohne Gegentor. Treibt man das Spielchen weiter, fällt auf, dass die Silva-Elf seit dem neunten Spieltag nur ein einziges Tor kassiert hat. Und das gegen den bisher unangefochtenen Spitzreiter aus Jena. Auch der ambitionierte BAK biss sich jüngst die Zähne am Neugersdorfer Stahlbeton aus. Damit stellt der FC die drittbeste Defensive der Liga. Nur Jena und Cottbus sind besser. Braut sich da etwa was zusammen?
Aufrufe: 028.11.2016, 17:52 Uhr
Thomas SabinAutor