2024-05-02T16:12:49.858Z

Aufreger der Woche

Polizeieinsatz nach Beleidigungen & Spielabbruch

Spieler von Vatanspor und der Schiedsrichter geraten aneinander +++ Das könnte ein Nachspiel haben

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In Burghaig ist ein Fußballspiel eskaliert. Aber nicht zwischen den Mannschaften, Vatanspor und Wartenfels, sondern zwischen Vatanspor und dem Schiedsrichter. Elf Karten hat der in der ersten Halbzeit an die überwiegend türkischen Spieler verteilt. Beleidigungen sollen gefallen sein. In der Halbzeit wurde die Partie abgebrochen, die Polizei rückte an (hier geht es zur entsprechenden Meldung vom Wochenende). Vatanspors Verantwortliche sagen: Wir werden ständig beleidigt. Eine Spurensuche.

Der Schiedsrichter: Mit Norbert Puchtler aus Altdrossenfeld war ein erfahrener, aber auch rigoroser Schiedsrichter auf das Spiel angesetzt. In 46 Spielen soll er bereits über 220 Karten gezückt haben. In Burghaig kamen bereits in der ersten Halbzeit acht gelbe, zwei gelb-rote und zwei rote Karten dazu. Elf der zwölf gegen Vatanspor. Für Fouls, Ballwegschlagen, Meckern und Beleidigungen. Puchtler will davor gewarnt haben und dann sein Motto „Sag, was du tust, und tu, was du sagst“ umgesetzt haben. Seine Begründung für viele Beleidigungen in unteren Spielklassen: „Viele sind mit sich selbst unzufrieden, weil ihnen die technischen Fertigkeiten fehlen.“ Puchtler wünscht sich, dass das Sportgericht jetzt hart durchgreift. „Ich komme mir oft vor wie ein Polizist, der einen Verbrecher fängt und der Richter lässt ihn dann wieder laufen.“ Die Verantwortlichen von Vatanspor werfen Puchtler aber auch vor, Spieler beleidigt zu haben. Puchtler, der italienische Vorfahren hat, sagt: „Das ist blanker Hohn.“ Er behalte sich selbst rechtliche Schritte vor.

Die Schiedsrichtervereinigung: Der Neudrossenfelder Otto Meyer hat Puchtler für das Spiel in Burghaig eingeteilt. Weil er über die nötige Erfahrung verfüge. „Derbys und ausländische Fußballer muss man anders anfassen als deutsche“, sagt Meyer. Da sei Fingerspitzengefühl gefragt, „die flippen leichter aus“. Meyers Problem: Weil die Schiedsrichter immer öfter aggressiv angegangen würden, wolle schon heute keiner mehr die Spiele in den untersten Spielklassen pfeifen – für 20 Euro Aufwandsentschädigung. Zu den Neulingslehrgängen in Bayreuth und Kulmbach hätten sich schon heuer nur noch halb so viele Schiedsrichter angemeldet als nötig wären, um sondieren zu können.

Der Vereinsvorsitzende: Mustafa Mazioglu ist Geschäftsführer von Vatanspor. „Hakenkreuze und Beleidigungen sind wir ja gewohnt“, sagt er. Als Kanaken, Taliban oder Hurensöhne seien sie schon begrüßt worden. Dass sich seine Spieler gerade Letzteres nicht gefallen lassen, erklärt Mazioglu so: „Der eine liebt seine Mutter eben mehr als der andere.“ Integriert seien seine Spieler längst, sie seien ja alle in Deutschland geboren. „Und trotzdem haben wir keine Namen. Wir sind die Türken.“ Gegen den Schiedsrichter, der seine Spieler beleidigt haben soll, will Mazioglu jetzt Anzeige erstatten.

Die türkische Gemeinde: Orhan Asal ist der Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Kulmbach. Er sagt: „Manche Schiedsrichter sagen dem Gegner vor unseren Augen, dass er heute gegen uns gewinnen wird.“ Er gibt aber auch zu: „Wir sind schon Hitzköpfe.“ Problematisch werde es immer dann, wenn südeuropäisches Temperament auf dumpfe Vorurteile treffe.

Der Spielleiter: Gerd Rieß aus Weidenberg ist der Gruppenspielleiter. Südeuropäisches Temperament sei ja per se nichts Schlechtes, sagt er. Zum Problem werde es, wenn ein Spieler die Entscheidung des Schiedsrichters als Kritik an seiner Person verstehe. „Wir Oberfranken sind da dickhäutiger.“ Rieß sieht ein gesellschaftliches Problem hinter der zunehmenden Aggressivität auf den Spielfeldern: Immer weniger würden sich ehrenamtlich engagieren. „Wer das nicht macht, der lernt nie, dass man Entscheidungen akzeptieren und nicht immer hinterfragen muss.“

Die Polizei: Was in Burghaig vorgefallen ist, nennt Polizeisprecher Alexander Czech „keine große Sache“. Schließlich habe es keine körperliche Auseinandersetzung gegeben. Mittlerweile habe die Kriminalpolizei die Ermittlungen aber aufgenommen.

Aufrufe: 029.10.2014, 09:30 Uhr
Thorsten Gütling/ NKAutor