2024-05-02T16:12:49.858Z

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Der Vorsitzende des FVN-Fußball-Ausschusses: Wolfgang Jades. F: Niklas Schneider
Der Vorsitzende des FVN-Fußball-Ausschusses: Wolfgang Jades. F: Niklas Schneider

Pokal-Auslosung stellt Fairness in Frage

Im Viertelfinale des Niederrheinpokals empfängt jeder Oberligist einen Favoriten, das ist kein Zufall.

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Es ist zwar erlaubt, doch nicht wenige Fußballfans halten es schlichtweg für skandalös: Für die Auslosung des Pokal-Viertelfinals entschied sich der Fußballverband Niederrhein (FVN) kurzfristig und ohne Absprache mit den Mannschaften die höherklassigen Teams wie den Drittligisten MSV Duisburg und die Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen, Rot-Weiss Essen sowie den Wuppertaler SV in einen anderen Topf zu werfen als die vier Oberligisten SpVg Schonnebeck, VfB Hilden, Turu und SC West.

Im DFB- und auch Niederrheinpokal ist diese Maßnahme zwar Gang und Gäbe, in der Regel aber nur in der ersten Runde des Turniers und nicht im Viertelfinale, weshalb die Durchführung auf große Kritik stößt. In den sozialen Netzwerken fiel bereits das Wort „Wettbewerbsverzerrung“ genauso deutlich wie die Anschuldigung einer „Kommerzialisierung auf Verbandsebene“. Der Vorwurf: Der FVN würde sich ein Finale mit zwei namhaften Traditionsmannschaften zurechtlegen wollen, das bei einer Live-Übertragung im TV auf ein großes Zuschauerinteresse stoßen würde. Denn durch die besseren Einschaltquoten würde sich der Verband höhere Einnahmen sichern.

Zwar freuen sich die „Underdogs“ zweifelsohne auf ihre lukrativen Lose, andererseits stünden die Chancen auf ein Weiterkommen gegen eine Mannschaft aus derselben Ligazugehörigkeit deutlich besser. Zumal das Ziel greifbarer ist, als vielleicht vermutet: Denn wenn der aktuelle Spitzenreiter MSV Duisburg am Ende der Saison unter den besten Vier der dritten Liga kommt, würde er sich dadurch direkt für den DFB-Pokal qualifizieren. Gemäß dieses Szenarios würde bei einer Finalteilnahme der „Zebras“ der zweite Finalist ebenfalls automatisch in den Deutschen Pokal einziehen. Dementsprechend erscheint die vom FVN getätigte Entscheidung noch heikler.

Was wollte man also mit der Maßnahme erreichen? „Das haben wir so entschieden. Die Frage, ob wir aus einem oder aus zwei Töpfen losen wird vor jeder Runde gestellt und ist demnach logisch, erklärte Reinhold Dohmen. Der Beisitzer des FVN-Fußball-Ausschusses kann die „Aufregung Einzelner“ nicht nachvollziehen und entgegnet, dass man „dann auch die erste Runde der Auslosung“ kritisieren müsse. „Wolfgang Jades stellt vor jeder Ziehung dieselbe Frage, und dann wird im Ausschuss demokratisch abgestimmt.“

Als Vorsitzender des FVN-Fußball-Ausschusses erwähnte Jades während der Ziehung selbst, dass er den Umstand bedauere, dass viele der klassentieferen Teams ihr Heimrecht nicht nutzen konnten. Gänzlich ändern wird sich die Situation aber auch in der folgenden Pokalrunde nicht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden zumindest drei der vier Oberligisten das Recht, auf der eigenen Platzanlage zu spielen, nicht nutzen, da sie die Auflagen eines möglichen Risikospiels allein schon infrastrukturell nicht erfüllen können. Aufgrund der fehlenden Ressourcen müssen sie entweder auf ein anderes Stadion ausweichen oder das Heimrecht abgeben. Doch Dohmen sieht für die Oberligisten darin keinen Nachteil: „Turu hat zum Beispiel auf einen großen Gegner gehofft und sich bereits das Paul-Janes-Stadion gesichert. 15% der Einnahmen bekommt das Heimteam für die Platzstellung abzüglich der Kosten fürs Sicherheitspersonal, Catering etc., 15% der Verband, ein Teil deckt die Schiedsrichterkosten ab und der Rest wird geteilt. Selbst wenn der SC West sein Heimspiel gegen Wuppertal abgeben würde, hätte es doch den finanziellen Vorteil, dass der WSV mehr Zuschauer zu einem eigenen Heimspiel mitbringen würde.“

Ein Heimspiel käme den „Turnierriesen“, zwischen denen ein direktes Duell verhindert wurde, wohl auch nicht ungelegen. „Aus WSV-Sicht ist das Prozedere grundsätzlich nicht zu kritisieren. Für uns ist es hochattraktiv im Wettbewerb zu bleiben, vor allem wenn der Sieger eine Prämie von 115.000 Euro erhält. Da ist es sicherlich nicht verkehrt, erst im Halbfinale auf die anderen großen Kaliber zu treffen. Wenn das also der gangbarere Weg ist, wieso sollten wir den nicht bevorzugen?“, konstatierte Michael Kuhn, Manager des Wuppertaler SV, gesteht aber gleichzeitig: „Wenn ich allerdings Manager einer Oberliga-Mannschaft wäre, würde ich mich nicht unbedingt bevorteilt sehen.“

Für einige Fußball-Fans stellt das Losverfahren jedenfalls ein Armutszeugnis mit Blick auf den Fairnessgedanken dar. „Ich denke alle Oberligisten sind fassungslos über diese merkwürdige Entscheidung. Wo das hinführt, scheint klar, denn ich kann mir keinen anderen Vorteil erklären, als den kommerziellen“, urteilte Marcel Bastians, Trainer vom VfB Hilden. Dem 34-Jährigen zufolge haben die Amateurvereine ohnehin nicht viele Gelder zur Verfügung, weshalb der Niederrhein-Pokal grundsätzlich eine ideale Zusatzmöglichkeit bieten würde, wirtschaftlich und sportlich. Den Grundgedanken würde man nun aber zugunsten der früheren Erstligavereine verändern.

Die Stimmen aus Hilden und Düsseldorf („Die Verteilung der acht Mannschaften auf zwei Auslosungstöpfe ist nicht korrekt“, äußerte Turu-Vereinschef Heinz Schneider) üben deutliche Kritik. Ohnehin hat sich der VfB als Erstes positioniert und einen öffentlichen Kommentar verfasst, der im sozialen Netz bereits einen viralen Weg eingeschlagen hat. „Ich denke, wir haben damit vielen Vereinen aus der Seele gesprochen und bisher ausschließlich solidarische Reaktionen erhalten – darunter auch Posts von größeren Vereinen wie Rot-Weiss Essen“, konstatierte Bastians und stellt eine wohl elementare Frage in den Raum: „Warum kann man das Prozedere nicht vor der Saison abklären? Für mich hat das jedenfalls wenig mit Fairness zu tun.“

In anderen Verbänden – und die Entscheidungsgewalt liegt nach Bestätigung von DFB-Videpräsident Peter Frymuth eben bei den einzelnen Landesverbänden – scheinen die Regularien jedenfalls transparenter zu sein. Im Fußballverband Mittelrhein (FVM) gibt es zum Beispiel lediglich in der ersten Runde zwei Töpfe, wobei die neuen Kreispokal-Teilnehmer mit garantiertem Heimrecht in einen Behälter fallen. Ab der zweiten Runde gibt es keine Beschränkung mehr, und ab dem Viertelfinale, in dem frei gelost wird, fällt sogar das Heimrecht für die unterklassigen Teams weg. „Jeder Verband handelt den Pokal anders. Wir haben unsererseits Durchführungsbestimmungen, mit denen wir den Modus für das Jahr im Vorhinein festlegen“, erklärte Markus Müller, Vorsitzender des Verbandsspielausschusses beim FVM. Mit einer solcher Vorgehensweise wäre dem FVN wohl eine Menge Kritik erspart geblieben.

Aufrufe: 027.10.2016, 22:57 Uhr
Christoph ZabkarAutor