2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
F: Sebastian  Pototzki
F: Sebastian Pototzki

Müller träumt vom großen Wurf

Der 27-jährige Wittlaerer Angreifer hat sein Team zum 2:1-Sieg gegen den SC West geschossen. Jetzt will er in die Oberliga.

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Die Sprachakrobaten im medizinischen Wesen nennen es „mobil eingeschränkt“. Für Giuseppe Montalto ist es schlichtweg nur lästig. Der Trainer von Fußball-Landesligist TV Kalkum-Wittlaer hat sich die Achillessehne angerissen und muss nun einen speziellen Schuh zur Unterstützung des Heilungsprozesses tragen. Auch deshalb war zumindest die äußerliche Freude über den überraschenden 2:1-Sieg seiner Schützlinge gegen den SC West nur verhalten. Aber sein Gemütszustand drückte pure Freude aus.

Anders bei den Akteuren der Oberkassler. Mit gesenkten Köpfen schlichen sie vom Wittlaerer Kunstrasen. Die Ereignisse mussten erst einmal verarbeitet werden. „Eigentlich waren wir über die gesamte Dauer fußballerisch besser“, hielt West-Trainer Marcus John fest. Sichtlich enttäuscht stand auch er noch einige Minuten nach dem Schlusspfiff mit seinem Assistenten Lars Schuchardt auf dem Platz. Und die weitere Analyse fiel ernüchternd aus. „Mit der ersten Halbzeit bin ich zwar zufrieden. Aber nach dem Seitenwechsel war überhaupt kein Tempo mehr in unserem Spiel“, erklärte er. Auch die körperliche Fitness seiner Schützlinge stimmte ihn nachdenklich: „Vielleicht waren die Jungs unter der Woche zu lange feiern. Einige standen tatsächlich kurz vor Krämpfen.“

Der äußere Rahmen war diesem Spitzenspiel jedenfalls würdig. Gut 350 Zuschauer hatten sich am Grenzweg eingefunden, im bisherigen Saisonverlauf die Rekordmarke. Lediglich beim Niederrheinpokal-Duell mit dem 1. FC Mönchengladbach – die Wittlaerer gewannen vor Jahresfrist 2:0 – war die Anlage im Düsseldorfer Norden mit mehr als 400 Besuchern besser gefüllt. Doch weil der Großteil des Publikums den Hausherren die Däumchen drückte, war die Stimmung zunächst ein wenig gedämpft. Bereits nach knapp zwanzig Minuten hatte Dennis Schreuers die Oberkassler in Führung geschossen. Die Zuordnung in der Wittlaerer Hintermannschaft passte nicht – und so musste der Mittelfeldspieler die Kugel ungedeckt nur noch an Kai Gröger im Tor der Gastgeber vorbeischieben.

Zu diesem Zeitpunkt war der Vorsprung durchaus gerechtfertigt, denn bis auf zwei harmlose Schüsse von Christian Schuh hatten die Hausherren vor der Pause nicht viel zu bieten. Über weite Strecken änderte sich das auch nachher nicht. Mit einem kleinen, aber entscheidenden Unterschied. Der bemisst sich in zwei Toren – aus drei wirklichen Chancen. Erst hatte Daniel Müller einen hohen Ball von Maximilian Heckhoff per Kopf auf Christian Schuh weitergeleitet, der mit einem kompromisslosen Schuss den 1:1-Ausgleich erzielte. Und ganz filigran markierte Müller selbst dann das Siegtor. Eine eigentlich unbrauchbare Hereingabe vom eingewechselten Nuh Demir ließ er derart geschickt über seinen Schlappen rutschen, dass sich das Spielgerät im hohen Bogen ins lange Eck des Oberkassler Tores senkte. Für West-Keeper Fabian Koch blieb da nur die unschöne Rolle des verdutzten Zuschauers.

„Ab und zu passieren mir halt so kuriose Dinge“, bekannte Müller. „Ich habe mir gedacht, ich muss einfach nur irgendwie an den Ball kommen. Dass es dann so klappt, ist einfach nur wunderschön.“ Coach Montalto kennt diese unberechenbare Seite seines Stürmers. „Im Training macht er auch manchmal solche Tore. Aber heute im Spiel war das natürlich viel wertvoller für uns“, erklärte er. Zu hoch will er den Sieg allerdings nicht hängen. „Die Meisterschaft ist noch lange nicht entschieden. Wir sammeln weiter jeden Punkt – ab jetzt sind wir ohnehin im Bonus-Modus“, sagte Montalto. Dieser üblichen Bescheidenheit will Angreifer Müller aber nicht beipflichten. „Ehrlich gesagt war ich nie für den Klassenerhalt als Saisonziel. Wir haben es jetzt in eigener Hand. Und mit 27 Jahren noch einmal in der Oberliga spielen zu können, ist irgendwie schon reizvoll“, betonte er mit breiter Brust. Die haben sie in Wittlaer spätestens seit heute alle – und noch drei Partien, um vielleicht den großen Traum zu erfüllen.

Aufrufe: 017.5.2015, 18:30 Uhr
Tobias DinkelborgAutor