2024-05-08T14:46:11.570Z

Allgemeines
In der U 23 des Jahn (rechts) sind fast ausschließlich Vertragsspieler aktiv. Auch für sie soll der Mindestlohn gelten. F: Brüssel
In der U 23 des Jahn (rechts) sind fast ausschließlich Vertragsspieler aktiv. Auch für sie soll der Mindestlohn gelten. F: Brüssel

Mindestlohn: Klubs in der Klemme

Für Vereine tun sich absurde Fragen auf +++ Besonders betroffen sind Amateure an der Schwelle zum Profi - wie beim SSV Jahn Regensburg

Sind das Duschen nach dem Fußballspiel oder eine Autogrammstunde Arbeitszeit oder Freizeit? Auf den ersten Blick wirken solche Fragestellungen hanebüchen, im Zuge der Einführung des Mindestlohns bergen sie aber für Arbeitgeber von Vertragsamateuren durchaus eine gewisse Brisanz. Unter den Regensburger Sportclubs hat vor allem der SSV Jahn viele Amateurspieler vertraglich an sich gebunden. Das könnte zu einem Problem für den Jahn werden - und nicht nur für diesen.

Im Vereinssport ist eigentlich nur das Ehrenamt vor dem Mindestlohngesetz geschützt - sofern eine mögliche Aufwandsentschädigung bestimmte Grenzen nicht übersteigt oder die Tätigkeit keine geringfügige Beschäftigung (,,Minijob") darstellt. Sind Spieler, Trainer oder Betreuer allerdings vertraglich an den Verein gebunden und sind in diesem Vertrag Rechte, Pflichten oder gar eine Wochenarbeitszeit geregelt, dann greift das Mindestlohngesetz.

Vertragsspieler ab 250 Euro

Beim Jahn hat praktisch die komplette zweite Mannschaft den Status Vertragsspieler, beim Eishockey-Club EVR rund die Hälfte des Oberliga-Teams und einige Trainer. Die Mindestvergütung für solche Vertragsspieler beträgt derzeit 250 Euro monatlich - dafür dürften sie nach dem Mindestlohngesetz nicht einmal mehr 30 Stunden für ihren Arbeitgeber aktiv sein.

Zu den Pflichtspielen kommen aber mehrere Trainingseinheiten pro Woche, Fahrten zu Auswärtspartien, interne Besprechungen und andere Termine. Ist das alles Arbeitszeit, die mit 8,50 Euro in der Stunde zu vergüten ist? Die Verunsicherung bei Club-Verantwortlichen ist groß, Sportverbände wie der Bayerische Fußballverband (BFV) oder der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV) können ein Lied davon singen.

Die Spielergewerkschaft der Vertragsfußballer (VDV) empfiehlt ihren Mitgliedern sehr wohl, auf ihr Recht zu pochen. VDV-Justiziar Dr. Frank Rybak: ,,Die Spieler sollten für jeden Tag schriftliche Arbeitsaufzeichnungen machen und diese möglichst auch von einem Vorgesetzten - dies könnte beispielsweise der Trainer sein - gegenzeichnen lassen. Bei möglichen Problemen sollte ein Mitspieler als Zeuge die Arbeitsnachweise unterschreiben." Rybak verweist auf mögliche Sanktionen gegen Arbeitgeber: ,,Sollte ein Klub den berechtigten Mindestlohn nicht in voller Höhe oder verspätet zahlen, so begeht er eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 500000 Euro geahndet werden kann."

Johannes Baumeister, Finanz-Geschäftsführer beim SSV Jahn, sagt, dass das Thema Mindestlohn vor allem Klubs an der Schwelle vom Amateur- zum Profisport betrifft. Er dementiert Schlagzeilen, wonach sich der Mindestlohn zu einer existenziellen Krise für den Jahn auswachsen könne. ,,Uns und anderen Vereinen mit Vertragsspielern fehlt allerdings derzeit eine gewisse Rechtssicherheit, die uns auch die Verbände nicht geben können. Letztlich wird vieles dem Interpretationsspielraum von Arbeitsgerichten überlassen bleiben."

Ehrenamtlicher Sport oder ein Job?

Die Kernfrage im Verhältnis des Arbeitgebers zum Vertragsspieler ist laut Baumeister, ,,ob die Gewinnerzielungsabsicht, also der Verdienst, oder die sportliche Entwicklung im Vordergrund steht". Bei der zweiten Garde des Jahn handle es sich weitgehend um Spieler, die entweder noch einem Beruf nachgehen oder studieren, aber sportlich austesten wollen, ob sie das Zeug zum Profi haben oder nicht. ,,Das ist nach meinem Verständnis kein Arbeitsverhältnis im üblichen Sinn, zumindest aber eine Grauzone, für die es klare Regeln und Handlungsempfehlungen braucht." Der Jahn werde zunächst seiner Dokumentationspflicht nachkommen, was die Arbeitszeit von Vertragsspielern oder betroffenen Trainern angeht.

Aufrufe: 010.1.2015, 06:00 Uhr
Norbert LöschAutor