2024-05-10T08:19:16.237Z

Analyse
Mit sofortiger Wirkung ist Robert Lindermeier als Abteilungsleiter beim FC Affing zurückgetreten. Und nicht nur er...    F.: Reinhold Rummel
Mit sofortiger Wirkung ist Robert Lindermeier als Abteilungsleiter beim FC Affing zurückgetreten. Und nicht nur er... F.: Reinhold Rummel

Miese Stimmung

In Affing beklagt sich Fußballchef Lindermeier über »unmoralische Angebote« und tritt zurück +++ Trotz geschafften Klassenerhalt liest Aindlings Trainer Bahl seinen Spielern die Leviten

Bei den beiden Landesligisten aus der Region Aichach herrscht gedrückte Stimmung. Enzo Sarcone wollte nichts sagen zu diesem Spiel. Robert Lindermeier, der Fußballchef beim FC Affing, erklärte sich solidarisch mit seinem Trainer und ersparte sich ebenfalls jeglichen Kommentar. Das Schweigen der Chefs bei diesem Landesligisten war durchaus verständlich. Nach einem 0:7-Debakel erübrigen sich die Worte, das Resultat spricht für sich. Zum großen Knall kam es später.

Die kleine Schar von Zuschauern in Affing konnte sich Gedanken darüber machen, was man dieser Mannschaft in der nächsten Saison in der Bezirksliga zutrauen könnte. Die Debatte ist wenig sinnvoll, denn mit einer Leistung wie gegen den FV Illertissen II wird es auch eine Klasse tiefer verdammt schwer werden. Schließlich ließen die Affinger so gut wie alles vermissen, was man von einem Fußballteam erwarten darf. Und im Übrigen – diese Prognose darf man spätestens seit Sonntagabend abgeben – wird dieser Kader auseinanderbrechen. Nur noch eine Handvoll Kicker fand sich nach dieser Packung danach im Sportheim ein. Zusammenhalt sieht anders aus.

Es wird nicht einfach, die Kicker für die letzten beiden Partien in dieser Saison wieder aufzurichten. Wer hat nach der brutalen Abfuhr noch Lust, erneut in diese Trikots zu schlüpfen, verbunden mit der Aussicht, weitere Prügel zu beziehen? Am Samstag in Egg an der Günz und eine Woche später zu Hause gegen den SV Planegg-Krailing. Dass diese Mannschaft schweren Zeiten entgegengeht, das zeichnete sich im Laufe der vergangenen Monate oft genug ab. Jetzt wird das Ganze noch um einiges prekärer. Dieses 0:7 wird die Gespräche mit Kandidaten, die von anderen Klubs kommen sollen, gewiss nicht erleichtern. Die Pressekonferenz, sonst immer ein fester Bestandteil in Affing, wurde diesmal gestrichen. Es waren nur ganz wenige Besucher, die sich an dieser Entscheidung störten. Das Desinteresse wird auf die Verantwortlichen nicht gerade als Motivationsschub wirken.

Dass sich hinter den Kulissen des Vereins so etwas wie Aufbruchsstimmung breitmacht, wird wohl niemand erwarten. Schließlich hat die Saison nach dem Abstieg aus der Bayernliga bei allen Beteiligten tiefe Wunden hinterlassen, die nicht von heute auf morgen vernarben. 18:63 Tore und 20 Punkte aus 32 Partien – diese Bilanz übertrifft selbst die Befürchtungen notorischer Schwarzseher.

Unter der Überschrift „Ausverkauf beim FC Affing?“ äußerte sich Robert Lindermeier vorab im Stadionheft zum Vorhaben, einen schlagkräftigen Kader zu bilden. In den Bemühungen, die Führungsspieler bei der Stange zu halten, sieht sich der Funktionär als Einzelkämpfer. Er schreibt: „Dass dabei gerade frühere Verantwortliche versuchen, die Situation weidlich auszunutzen, ist zwar legitim, aber in meinen Augen moralisch sehr verwerflich. Das ärgert mich auf das Äußerste! Da stehen diese Personen jahrelang in Lohn und Brot beim Verein und versuchen nun, mit teils unmoralischen Angeboten Spieler zum Wechseln zu überreden. Das geht seit Wochen so.“

Namen wurden zwar nicht genannt, nachdem aber mit Alexander Thiel, Max Merwald und Dominic Wünsch drei FCA-Kicker beim SC Oberweikertshofen auf dem Wunschzettel stehen, wo künftig der ehemalige Affinger Trainer Stefan Tutschka als neuer Übungsleiter einsteigt, ist klar, an wen sich die Botschaft richtet. Doch Lindermeier scheint das seit Sonntagabend nicht mehr zu betreffen. Wie der Abteilungsleiter am Dienstagmorgen in einer Pressemitteilung erklärte, seien sowohl er als auch Trainer Enzo Sarcone mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Der gesamte Betreuerstab folgte dem Duo. Als Grund nannte Lindermeier unterschiedliche Auffassungen zwischen Verantwortlichen der Fußball-Abteilung und der Vorstandschaft über die sportliche Ausrichtung in der kommenden Saison. Weiter wolle er auf das Thema nicht eingehen und bitte um Verständnis.


Tobias Völker und die Aindlinger haben in Oberweikertshofen ihre Anhänger enttäuscht. Der Klassenerhalt ist dennoch geschafft. Foto: Reinhold Rummel

In rund 80 Punktspielen war Roland Bahl bisher als Trainer für die Aindlinger im Einsatz. So wie nach der 0:2-Niederlage am Samstag in Oberweikertshofen hat man den 53-Jährigen noch nie erlebt. Er ließ in einer Art Dampf ab in Richtung Mannschaft, wie es ihm nur die wenigsten zugetraut hatten. Denn in aller Regel schlägt er sanfte Töne an, selbst wenn ihm einiges nicht gefallen hat. Nicht allein individuelle Schnitzer sprach der Coach kritisch an, er beklagte auch einen Mangel an Teamgeist: „Da ist kein Miteinander da, es schreit einer den andern an. Dieses Geschimpfe, statt dass man sich aufrafft. Das ist nicht meine Vorstellung von Fußball.“ Bahl wollte mit einem Erfolgserlebnis im Westen von München die Landesliga auf sportliche Weise sichern.

Die Szene, die zum frühen 1:0 führte, durfte nicht fehlen in der Abrechnung: „Da wird der Flankengeber zu wenig unter Druck gesetzt und der Torwart muss rausgehen.“ Dass am Samstag mit David Englisch, Patrick Modes und Ronny Roth wichtige Kicker nicht zur Verfügung standen, das war Bahl natürlich bekannt. „Trotzdem war das zu wenig, da brauche ich nichts schönzureden. Ohne Steger haben wir keine Bewegung vorne, Lammer hat keinen Ball festmachen können.“ Daniel Deppner sei ein Schatten gewesen und Fatih Cosar habe körperlos agiert. Missfallen hat dem Coach auch, dass ausgewechselte Spieler nicht verstehen wollten, warum für sie vorzeitig Feierabend war.

Roland Bahl kündigte an, dass es Konsequenzen für den Kader geben werde; die Veränderungen könnten auch Spieler betreffen, die bereits für die nächste Saison zugesagt haben: „Einen guten Stürmer brauchen wir noch, den find’ ich auf jeden Fall. Und dann brauchen wir noch einen Spieler für die Sechserposition.“

Nun mag darüber diskutiert werden, ob Roland Bahl nicht zu harsch reagierte, als er seine Schützlinge in der Öffentlichkeit zusammenfaltete. Wer ihn dafür kritisieren möchte, der sollte sich aber vor Augen halten, was die Mannschaft seit dem 5:0 über Kottern bot. Ganze zwei Pünktchen sprangen in den folgenden fünf Auftritten raus und die gelangen auch nur dadurch, weil Matthias Steger gegen Mering eine ungemein starke Szene nutzte und weil Alexander Lammer gegen Kaufbeuren in der allerletzten Sekunde noch traf. Vielleicht hätte sich Bahl seinen Frust schon früher von der Seele reden müssen. Doch da fürchtete er wohl eine Reaktion, die sich im Abstiegskampf hätte negativ auswirken können.

Aufrufe: 012.5.2015, 11:31 Uhr
Aichacher Nachrichten / jeb, redAutor