2024-06-14T14:12:32.331Z

Interview
Marz ist großer Fußballfan - und hat seiner Leidenschaft einen Track gewidmet. Foto: Daniel Doellmann
Marz ist großer Fußballfan - und hat seiner Leidenschaft einen Track gewidmet. Foto: Daniel Doellmann

Marz: "HipHop und Fußball - früher undenkbar"

Fußball-Song von Stuttgarter HipHop-Newcomer

Christoph Schwarz alias „Marz“ ist der Durchstarter der Stuttgarter HipHop-Szene. Jetzt hat er seinem Lieblingssport Fußball einen ganzen Track gewidmet. Wir haben mit ihm gesprochen.

Vor über einem Jahrzehnt gründete sich die Initiative „Pro 1530“ (heute „ProFans“, Anm. d. Red.), um gegen die Zerstückelung von Liga-Spieltagen und für fanfreundliche Anstoßzeiten zu demonstrieren. Das Ende ist bekannt. Vielleicht hätte die Initiative ein wenig mehr Erfolg gehabt, wenn es den Fußball-Track „Samstag Halb 4“ des Stuttgarter Rappers Marz damals schon gegeben hätte. Eine – zugegeben – gewagte Prognose. Nichtsdestotrotz feierte das Video zum Song gestern auf Youtube Premiere. Wir haben mit Marz über den Clip, seinen Leidenschaft für Fußball im Allgemeinen und den VfB Stuttgart im Speziellen gesprochen.

Christoph – erzähl uns mehr zu deinem Song „Samstag Halb 4“, der gestern seine Video-Premiere hatte.

Christoph: Der Songtext ist so ziemlich der älteste, den ich je gemacht habe. Das zeigt ja schon der Nelson Valdez Querverweis. Als der damals in Dortmund aufgehört hat war er ja der absolute Chancentod – und etwa so lange liegt der Text schon in der Schublade. Ich hatte lange Zeit keinen Beat dafür und als ich für mein Mixtape „Hoes. Flows. Tomatoes.“ in alten Sachen gekramt habe, kam der Text wieder ans Tageslicht. Irgendwie war sofort klar, dass ich das Ding jetzt nochmal neu machen muss. Es ist ja auch ein zeitloser Text, der immer funktioniert. Also haben wir es auf das Mixtape drauf gepackt und das Feedback war spitze.

Warum hat es dann so lange mit dem Video dazu gedauert?

Christoph: Das war Absicht. Bald kommt mein neues Mixtape raus und ich wollte sozusagen als Dankeschön zum Abschluss des ersten das Video noch bringen. Der Dreh war zudem sehr aufwändig.

Wo wurde gedreht?

Christoph: Im Sindelfinger Floschenstadion. Eine schöne Oldschool-Spielstätte, an der der Zahn der Zeit nagt und die das richtige Ambiente für das Video hat. An dieser Stelle auch ein großes Lob an die Stadt Sindelfingen. Die waren wirklich cool damit und haben uns einfach machen lassen.

Was passiert im Video?

Christoph: Wir haben uns wirklich lange überlegt, was wir tun. Ich habe mit Absicht keinen lokalen Querverweis drin, um keine Leute auszuschließen. Es geht um Fußball, Fans und Vereinskultur. Wir zeichnen den Alltag eines Vereinsfunktionärs nach, der sich bei seinem Amateurverein einfach um alles kümmert. Nach einer durchzechten Nacht noch schnell den Platz streuen, Tornetze einhängen, Grill aufbauen. Das Übliche. Dazu haben wir einige Performance-Szenen in der Kabine gedreht. Das Video zeigt schön das ganze Drumherum. Es rollt kein Ball.

Deine Affinität zum Fußball ist ganz schön groß, oder?

Christoph: Absolut. Mein Vater ist Nürnberg-Fan, aber er hat mich früh mitgenommen, auch zum VfB. Ich bin eigentlich Fan seit ich laufen kann und es war klar, dass es irgendwann auch Musik von mir zum Thema geben wird.

Warum kam das Video nicht schon zur WM, wo die Aufmerksamkeit sicher eine ganz andere gewesen wäre?

Christoph: Auch das war Absicht. Ich wollte nicht den Trittbrettfahrer mimen. Wir haben absichtlich das Pokalwochenende ins Visier genommen, der eigentliche Saisonstart. Da bekommen es auch die richtigen Fans mit und nicht die Gute-Laune-Leute, die alle zwei Jahre auf den Schland-Zug springen.

Was hältst Du vom „Dicken Ding“ von Mr. Santos, der zur WM den Song mit massivem Support eines großen Automobilherstellers rausgebracht hat?

Christoph: Das ist in gewisser Weise schon ein Werbevideo. Aber ein wirklich gut gemachtes. Man sieht, dass man sich da jemand gewaltig Gedanken gemacht hat. Es ist ein schöner runder Song geworden, gar nicht plump oder anbiedernd. Ich mag den Track.


In den letzten Jahren scheinen HipHop und Fußball näher zusammenzurücken: Seien es die Fanta Vier in „MfG, die „Raportagen“ vom Blumentopf oder Afrob, der im VfB-Trikot posiert. Wie sieht man das in der Szene?

Christoph: Also am Anfang war das für mich überhaupt nicht vereinbar. Als ich zum HipHop kam war das noch das klassische Ding. Jugendhaus, kleine Jams, tanzen und eben rappen. Fußball war da überhaupt nicht präsent. Während der Pubertät war ich zwei Jahre überhaupt nicht an Fußball interessiert, später kam das dann zurück. Und was mich persönlich beschäftigt, darum dreht sich eben auch meine Musik. Auch insgesamt sind die Leute da mutiger geworden. Jan Delay kokettiert öffentlich damit, Werder Bremen Fan zu sein. Vega aus Frankfurt ist bekennender Ultra. Oder, ein anderer Aspekt des HipHop: Graffiti. Heute gibt es ganze Writer-Crews von Ultra-Gruppierungen. Das war vor wenigen Jahren undenkbar.

Und dich sieht man heute auch oft im Stadion in Bad Cannstatt…

Christoph: Auf jeden Fall. Ich hatte lange Zeit keine Dauerkarte, seit letzter Saison habe ich eine. Wenn ich Zeit habe bin ich beim Spiel. Wenn möglich auch auswärts.

Wie siehst Du den VfB aktuell?

Christoph: Also ganz ehrlich – so eine Saison wie die letzte möchte ich nicht nochmal erleben. Auch wenn der Schluss mit dem Nichtabstieg fast besser war als jede Meisterschaft. Etwa das 3:0 gegen Schalke – Wahnsinn! Für die neue Runde hoffe ich darauf, dass man sich wieder stabilisiert. Ich will einfach keinen Abstiegskampf mehr sehen. Das ist dem Verein auch nicht würdig. Es muss ja nicht gleich ein Titel sein. Nur eine sichere Saison im oberen Mittelfeld.

Was den Kader und den Coach angeht, so bin ich ganz guter Dinge. Mir kann keiner erzählen dass die so schlecht sind, wie sie die letzten Saisons gekickt haben. Und wenn es Armin Veh nicht schafft aus denen mehr raus zu kitzeln, wer denn dann? Vielleicht schafft man es mittelfristig ja auch sich so zu konsolidieren, dass mal wieder die Europaleague-Qualifikation drin ist. Oder das Pokalfinale in Berlin.

Da wärst Du dann auf jeden Fall auch dabei.

Christoph: Absolut! Es gibt kaum etwas Größeres als das Pokalfinale.

Was wird nach „Samstag Halb 4“ bei dir musikalisch passieren?

Christoph: Wie bereits erwähnt gibt es bald ein zweites Mixtape, das „Hoes. Flows. Kollabos.“ heißen wird. Und für das nächste Jahr ist ein Album geplant.

Und da ist dann auch ein VfB-Song drauf?

Christoph: (grinst) Nein! Der ist zwar in der Mache und es werden einige Hochkaräter daran mitwirken, doch aufs Album kommt er nicht. Ich habe immer gesagt wenn ich einen VfB-Song mache, dann mache ich den für mich, meine Jungs und die Kurve. Und nicht um ein Album zu pushen. Und dabei bleibt es auch.

Samstag Halb 4 - das Video

Relevante Links:

www.facebook.com/marzbnp
www.soundcloud.com/marzbnp
www.youtube.com/marzbnp
www.wirscheissengold.de

Aufrufe: 015.8.2014, 10:17 Uhr
Philipp MaiselAutor