2024-04-25T14:35:39.956Z

Vereinsnachrichten
Wechsel vorbereitet: Tino Kollan dirigierte die Abwehr, kurz bevor er Tobias Steinfurth aufs Feld schickte. Allzu gern würde der Rheinsberger Trainer die Töppen wieder schnüren, doch er stellt sich in Dienst des Vereines und der Mannschaft.  © MZV
Wechsel vorbereitet: Tino Kollan dirigierte die Abwehr, kurz bevor er Tobias Steinfurth aufs Feld schickte. Allzu gern würde der Rheinsberger Trainer die Töppen wieder schnüren, doch er stellt sich in Dienst des Vereines und der Mannschaft. © MZV

Leidenschaft im XXL-Format beim FSV Blau-Weiß

Als Retter des Rheinsberger Fußballs sieht sich Tino Kollan nicht. Doch gibt der 38-Jährige alles, um seinen wackligen Verein auf den Beinen zu halten.

Im Sommer dieses Jahres erklärte sich Defensivspieler Tino Kollan bereit, die Männermannschaft zu übernehmen. "Ich wollte verhindern, dass die Mannschaft auseinanderfällt", begründet er sein Engagement. Während Patrick Weiß die Zügel fortan im Training in den Händen hielt, lag die Regie für die Spiele bei Kollan.

Der Trainerwechsel war trotz des Aufstiegs in die Kreisliga nötig geworden, weil Mike Kutzner sich wegen gesundheitlicher Probleme zurückzog, was er lange angekündigt hatte. Guter Rat war teuer. Eine externe Lösung fand der Vorstand nicht. Die Mannschaft zwar auch nicht, aber eine interne: Tino Kollan spürte, dass der gerade wieder erwachte Teamgeist in Gefahr geriet. Er stellte sich der Aufgabe, obwohl er kaum Zeit hat: Arbeit in Neuruppin, zwei Kinder (Niels und Mathea, die Tochter gerade erst geboren, der Umzug in ein renovierungsbedürftiges Haus inmitten Dierbergs und ein zweites Hobby: Dass er mit dem Marineclub Rheinsberg 2015 zweifacher Deutscher Meister im Kutterrudern war und diese Titel im September 2016 verteidigte, wissen die wenigsten. Ohne Rückhalt in der Familie hätte er diesen Wust an Aufgaben nicht stemmen können.

Seine Freundin bringt sich ebenso in sein Hobby ein. Juliane Garmatter ist es, die die Spielberichtsbögen für den FSV ausfüllt, Statistik führt und Spielergebnisse termingerecht meldet. Ganz nebenbei kommt der Elf ihr Beruf als Krankenschwester zupass.

Mit acht Jahren startete der gebürtige Gühlen-Glienicker seine Karriere bei der Betriebssportgemeinschaft Traktor Braunsberg/Zühlen. Mit 13 meldete er sich bei Blau-Weiß 90 an, wo er auf dem Weg in die Männer-Elf in diversen Junioren-Mannschaften zum Einsatz kam. Als rechter Verteidiger oder als Ausputzer. "Die Zeit in der Landesklasse war spannend", erklärt Kollan. Er gehörte zur legendären Mannschaft mit René Korinke sowie Mario und Eyck Thörel, die Fußballgeschichte geschrieben hat. "Mal ging es bergauf, mal bergab", erinnert sich der Fußballer aus Leidenschaft.

In diese Zeit fällt sein beruflicher Ausflug nach München, der für eine Zwangspause sorgte. Selbst, wenn der Heizungsmonteur alle zwei Wochen nach Hause kam und es die Zeit zuließ, stand Tino Kollan seiner Mannschaft zur Verfügung.

Die sportliche Bilanz der Blau-Weißen ist trotz erheblicher personeller und struktureller Sorgen herausragend. Sieben Siege, fünf Niederlagen, mit 22 Punkten Rang vier - alle Achtung für einen Neuling. Tino Kollan will unbedingt vermeiden, dass er die Töppen schnüren muss. "Ich will das Spiel von außen verfolgen und es dirigieren", erklärt er. Beinahe wäre es jedoch schon mehrfach zu dieser ungewollten Einwechslung gekommen.

Ein gewaltiges Problem sieht Tino Kollan in der Trainingsarbeit. Viele arbeiten außerhalb. Da ist es oftmals schwierig, zur richtigen Zeit da zu sein, ganz zu schweigen vom Stress, den jemand nach acht bis zehn Stunden Arbeit und Fahrzeit sich aufbürdet. Aber in der Einstellung hapert es genauso. Ausflüchte, halbherzige Absagen, fragwürdige Begründungen - der Rheinsberger Coach könnte ein Buch über Einfallsreichtum schreiben.

Erstes Opfer: Patrick Weiß, der keinen Sinn mehr darin sah, ein Training zu koordinieren sowie vor- und nachzubereiten, wenn nur eine Handvoll Spieler kommt. Er zog sich im Herbst aus dem Trainerduo zurück. Dabei wächst anscheinend wieder etwas beim FSV heran, was Zukunft hat: "Wir haben einige junge, talentierte Spieler wie Chris und Alex Jaworek, Erik Steller oder Leon Rieck, aber auch alte Hasen wie Fabian Jankowski, Nick Schönholz oder Sandro Lockenvitz, der mit 39 Jahren der Oldie im Team ist." Die Mischung stimmt und die Mannschaft überzeugte phasenweise mit sehr ordentlichen Leistungen.

Im Durchschnitt kamen 60 Zuschauer ins Stadion, das ist aller Ehren wert und sorgte für manchen Klopfer auf die viel belastete Schulter. Doch Blut als Trainer geleckt, das hat Tino Kollan trotz der geglückten Hinrunde nicht. Er bleibt dabei: Es wäre großartig, wenn Mike Kutzner gesundet und wieder die Mannschaft übernimmt.

Aufrufe: 030.12.2016, 11:26 Uhr
MOZ.de / Jürgen RammeltAutor