Krämer Matchwinner an alter Wirkungsstätte

„Ich bin sehr zufrieden“, strahlte der 1,89-Meter-Mann nach dem 3:1-Derbysieg gegen die Italiener. Nach kurzer Eingewöhnungszeit scheint Krämer von Beginn an zur neuen Tormaschine der 06er zu avancieren. Traf er letzte Woche beim Saisonauftakt gegen den SC Kohlheck noch einfach, schraubte er heute gar einen Doppelpack, dessen beide Bestandteile sich als „Dosenöffner“ und „Entscheidungstreffer“ beschreiben ließen. Doch der Reihe nach.

Italienischer Catenaccio

120 Tore gelangen dem SV Italia im famosen Aufstiegsjahr. Unter Neu-Trainer Thorsten Flick scheint die Marschroute gegen Topteams der Kreisoberliga allerdings eher „Kontrollierte Defensive“ anstatt „Begeisternder Offensivfußball“ zu heißen. So zumindest präsentierte sich der Gastgeber zu Beginn der ersten Halbzeit – tiefstehend, abwartend – oder wie Gäste-Trainer José Ferreira sagte: „Absolut destruktiv.“ Aber die Taktik funktionierte. Kastel rannte an, dominierte im Mittelfeld – und tat sich doch schwer, gute Tormöglichkeiten zu kreieren. Nach 15 Minuten trauten sich die Azzurri allmählich aus der eigenen Hälfte, allerdings ohne dabei Angriffsfußball wie im letzten Jahr zu zelebrieren.

Schwalbe oder Elfmeter?

„Uns fehlen aktuell acht wichtige Spieler. Wir wollten daher aus einer geordneten Verteidigung offensive Nadelstiche setzen“, erklärte Italia-Kapitän Mo Tajjiou, der in der 20. Minute für Aufsehen im gegnerischen Strafraum sorgte. Kevin Miller hatte den Ball am eigenen Sechzehner an den Marokkaner verloren. Blitzschnell legte er sich den Ball an 06-Schlussmann Lucas Ferreira vorbei und ging zu Boden. „Es sieht aus wie eine Schwalbe, weil der Ball schon im Aus ist. Der Torwart trifft mich allerdings am Fuß.“ Schiedsrichter Jan Diwisch sah diesen Kontakt – sicherlich nicht als einzige Person auf dem Sportplatz – nicht und entschied auf Abstoß. Im Gegenzug hatte dann Björn Hinrichsen die Gäste-Führung auf dem Fuß, doch Italia-Keeper Patrizio Criscione war auf dem Posten (21.). In der Folge wurden die Hausherren, bei denen die agilen Tajjiou und Karim El Hayani in der Offensive immer wieder ankurbelten, selbstbewusster. Die beste Chance vor der Halbzeit bot sich Spiridou Vergos, der mit seinem Volley nur knapp verfehlte (35.).

Krämers Dosenöffner kurz nach der Pause

Eine Halbzeit ohne Krämer-Tor. Auf dieses ließ dafür die zweite Halbzeit nicht lange warten. In der 47. Minute befreite der Neuzugang die mitgereisten 06-Fans förmlich. Selim Öztürk hatte sich auf der rechten Seite durchgetankt und scharf in die Mitte geflankt, wo Krämer auf einen Abpraller am schnellsten reagierte und zur Führung einnickte. Ein Führungstreffer, der den 06ern Mut gab. Nach einem Freistoß aus dem Halbfeld von Süleyman Demirtas stand plötzlich Sabri El Funte mutterseelenallein und köpfte zum 2:0 ein (54.). Italia-Coach Flick reagierte, brachte mit dem Ex-Kostheimer Alessio Desio einen neuen Stürmer. Kastel verwaltete fortan den komfortablen Vorsprung, ließ aus dem Spiel nichts zu. Lediglich bei Standards blitzte Torgefahr auf: Etwa, als Fvgg-Torhüter Ferreira einen Tajjiou-Freistoß sehenswert entschärfte (61.).

Neuer Japaner leitet Entscheidung ein

In der 71. Minute begannen die ersten Kreisoberliga-Minuten für den Japaner Kazuki Takemura. Seit etwa vier Wochen ist der flinke Asiate bei den 06ern im Training, heute begann für ihn das Abenteuer Amateurfußball in Deutschland. „Kazuki ist einer von mehreren Spielern, die sich bei mir beworben haben“, erzählt Coach José Ferreira, „in der Bewerbung enthalten sind alle Spieldaten, Fotos und auch Videos mit Spielszenen.“ Dass Takemura nicht nur auf Videos, sondern auch in der Realität überzeugt, wurde in der 77. Minute deutlich, als der Japaner den Ball im Spielaufbau der Italiener klaute, sofort umschaltete und Björn Hinrichsen auf dem rechten Flügel einsetzte. Hinrichsen legte quer, auf – natürlich – Kevin Krämer, der mit präzisem Abschluss die Entscheidung besorgte.

Ärgern musste sich Ferreira noch über ein Gegentor in der 88. Minute, als Tajjiou Ergebniskosmetik betrieb. „Wir wollten gerne zu null spielen“, hadert er, fügt aber hinzu: „Wir freuen uns trotzdem über drei verdiente Punkte.“ Auf der anderen Seite steckt man den Kopf nach der Niederlage nicht in den Sand. Kapitän Tajjiou war angesichts des ausgedünnten Spielerkaders beim Derby zufrieden mit der Leistung seines Teams: „In drei Wochen sieht es dann auch wieder anders aus, wenn Urlauber und Verletzte zurück auf dem Platz sind.“