2024-05-08T14:46:11.570Z

Spielvorbericht
Michael Kokocinski war schon für beide Seiten im Derby am Ball.
Michael Kokocinski war schon für beide Seiten im Derby am Ball.

Kokocisnki erklärt im Interview den Derby-Wahnsinn

Kleine Bayern empfangen am Sonntag die Junglöwen

TSV 1860 München II - Gespielt hat Michael Kokocinski im Derby schon auf beiden Seiten. Im tz-Interview spricht der Ex-Kapitän der kleinen Löwen über die Fans und erklärt, was der Sieg für die Spieler bedeutet.

Rot gegen Blau: Am Sonntag steht das -Amateur-Derby zwischen dem FCB und dem TSV 1860 in der Regionalliga Bayern an (Fussball Vorort berichtet im Live-Ticker). Am Rande dieses Duells kam es in der Vergangenheit regelmäßig zu Ausschreitungen. Seit einem Jahr geht es beim Derby wieder ruhiger zu. Das freut unter anderem Lothar Langer, Sozialarbeiter beim Fanprojekt der AWO: „Wir sind sehr froh, dass das eventisierte Derby nicht mehr so groß ist. Der Hype ist deutlich zurückgegangen und das war auch notwendig nach den ganzen Eskalationen der Vergangenheit. Unseres Wissens nach gibt es keine Mobil-machung.“

Laut Polizeiangaben sind am Sonntag 400 Beamte im Einsatz - situationsbedingt könne diese Zahl auch aufgestockt werden. Zum -Vergleich: Beim Derby im April 2015 waren 1.200 Polizisten vor Ort. Trotzdem mahnt Polizeisprecher Markus da Gloria Martins: „Die Fans müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein.“

Einer der genau weiß, wie die Stimmung bei den Stadtduellen im Grünwalder hochkochen kann, ist Michael Kokocinski. In der Winterpause kehrte der Ex-Kapitän den kleinen Löwen den Rücken und wechselte aus beruflichen Gründen zum SV Türkgücü Ataspor in Landesliga. Im tz-Interview blickt er zurück und spricht über die Bedeutung des Derbys.

Herr Kokocinski, Sie haben viele Amateur-Derbys im Löwen-Trikot und auch ein paar im FCB-Dress gespielt Was ist an diesem Spiel so besonders?

Michael Kokocinski: Dadurch, dass es im Profi-Bereich keine Derbys mehr gibt, hat sich dieses Spiel von den Fans her hoch geschaukelt.

Die Fans spielen also die entscheidende Rolle?

Kokocinski: Auf alle Fälle! Die Fans haben diese Partien teilweise für Sticheleien ausgenutzt. Wände wurden beschmiert und auf der Tribüne hat man sich provoziert. Bei meinen ersten Derbys habe ich vielleicht vor 4.000 Zuschauern gespielt, mittlerweile ist das Grünwalder Stadion fast immer ausverkauft. Die Stimmung ist dementsprechend gut gewesen.

Die Fans projizieren ihre Derby-Sehnsüchte von früher jetzt also auf das Amateur-Derby.

Kokocinksi: Dieses Gefühl hatte ich persönlich zumindest. In der Jugend sind zwar auch viele Zuschauer bei den Derbys, aber das ist es schon ruhiger. Bei den Amateuren ist die Kulisse beeindruckender und der Fußball technisch versierter. Das macht es Spaß, den Fußball als Fan auszuleben.

Wie nehmen die Spieler diese Fan-Rivalitäten wahr?

Kokocinski: Die bekommt man schon mit. Alleine durch das erhöhte Polizeiaufkommen. Teilweise waren bei uns ja mehr Polizisten im Einsatz als beim Derby zwischen Dortmund und Schalke. Oder, dass die Fans am Tag vor dem Derby ans Trainingsgelände gekommen sind mit 600 Mann und uns angefeuert haben. Das motiviert auch unheimlich!

Auf dem Platz bekommt man von dem ganzen Drumherum aber nichts mit oder?

Kokocinski: Doch! Beim Derby fängt es echt schon an, wenn du nur zum Aufwärmen ins Stadion läufst: Die Tribüne ist bereits voll, die Bayern-Fans schimpfen, die Löwen-Fans jubeln - oder umgekehrt. Es werden die Seiten ja so getauscht, dass sich die Teams vor ihrem jeweiligen Fanblock warmmachen, damit es nicht schon im Vorfeld zu Ausschreitungen kommt.

Und wenn das Derby angepfiffen wird, gibt jeder Spieler noch einmal fünf Prozent mehr als sonst.

Kokocinski: Ich würde sogar sagen 20 Prozent! Man ist einfach so unglaublich motiviert. Es geht ja darum: Jeder Spieler der Amateur-Mannschaften will noch in den Profi-Bereich. Es ist klar, wenn die Bayern die Löwen abschießen würden, dann holen sich die Profi-Teams die Talente von Bayern München. Wenn 1860 zwei Derbys hintereinander gewinnt, dann überlegt sich vielleicht schon der eine oder andere Scout, ob man sich nicht lieber einen Löwen-Spieler schnappt. Darum ist dieses Derby auch viel mehr als nur ein Fußballspiel.

Welche Derby-Szene hat sich besonders in Ihrem Kopf eingebrannt?

Kokocinski: Das war eher ein kleines Trauma. Die Löwen Fans haben sich vor einigen Jahren mal hinten durch geschlichen bis zu den Bayern-Anhängern, den Zaun aufgebrochen und die Gegengerade gestürmt. Ich habe zu diesem Zeitpunkt meine Frau kennengelernt und sie mit meinen Schwiegereltern zusammen auf der Gegengerade positioniert, weil ich mir dachte, dass sie dort sicherer sind. Das war zwar eine unschöne Szene, aber die bleibt halt im Kopf hängen.

Da wird es Ihnen schwer gefallen sein, sich noch auf das Spiel zu konzentrieren...

Kokocinski: Natürlich hat das abgelenkt, aber das Spiel war nach diesem Sturmlauf fast eine Viertelstunde unterbrochen. Nachdem die Polizei für Ordnung gesorgt hatte, war ich wieder voll drin im Derby-Modus. Dann geht es einfach weiter.

Für das Derby rückt die Polizei „nur“ mit 400 Einsatzkräften aus. Hat der Derby-Hype abgenommen?

Kokocinski: Sagen wir es so: Ich habe das Gefühl, dass die Fans vom Verhalten her vernünftiger, teilweise erwachsener geworden sind.

Was ist es für ein Gefühl, wenn man als Derby-Sieger vom Platz geht?

Kokocinski: Das ist der Wahnsinn! Dann bleibt die Kurve auch noch eine Viertelstunde im Stadion und feiert mit den Spielern.

Alles zum Derby

Vorschauen und Berichte zum FC Bayern II gibt's hier.

Vorschauen und Berichte zum TSV 1860 II gibt's hier.


Aufrufe: 011.3.2017, 16:16 Uhr
Manuel Bonke - Redaktion tzAutor