2024-05-10T08:19:16.237Z

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Die Leidenschaft für den Ball ist riesengroß: Fußballspielen, wann es nur geht. Foto: Pilz/ privat.
Die Leidenschaft für den Ball ist riesengroß: Fußballspielen, wann es nur geht. Foto: Pilz/ privat.

Kicken für Zusammenhalt und Disziplin

Nauroderin Birgit Pilz kümmert sich in der Dominikanischen Republik um fußballbegeisterte Kinder aus ärmsten Verhältnissen +++ Spenden von Fußballschuhen erwünscht

SANTO DOMINGO/NAUROD. Während in Naurod die Sektkorken knallten, musste Birgit Pilz in Santo Domingo, der Hauptstadt der Dominikanischen Republik, noch fünf Stunden auf das neue Jahr warten. Über siebentausend Kilometer ist die Nauroderin von der Heimat entfernt, unterstützt in dem mittelamerikanischen Land zurzeit das Fußballprojekt „Café Con Leche“.

Aus ärmsten Verhältnissen

Das von Deutschen 2010 ins Leben gerufene Hilfsprojekt betreut in Santo Domingo Kinder und junge Menschen, die in ärmsten Verhältnissen aufwachsen. Durch den regelmäßigen Fußballsport möchte man den Kindern Tugenden vermitteln, die auch im alltäglichen Leben Gültigkeit besitzen. Als zentrale Grundwerte stellt der Verein „Zusammenhalt, Fairness, Disziplin und Rücksichtnahme“ auf. Eifrig koordiniert und organisiert Pilz vor Ort, wo sie momentan zum dritten Mal auf freiwilliger Basis arbeitet. "Meine Arbeit besteht hauptsächlich darin, ein Netzwerk aufzubauen, zu erweitern und zu pflegen." Und das gelingt aktuell immer besser. So konnte Café Con Leche nun sogar den Sportminister des Landes von dem Projekt überzeugen. "Ein leidenschaftlicher Fußballer und Anhänger von Werder, da er während seines Medizinstudiums in Bremen gelebt hat."

Einstieg in den Ligabetrieb kompliziert

Aktuell wohnt Pilz in der Nähe der Armenviertel, den sogenannten Bateys, in einer angemieteten Wohnung. Dort leben und arbeiten auch die beiden aktuellen deutschen Frewilligen, Kim Liesenfeld aus Freiburg und Dawi Toensing aus Hamburg, sowie Luz del Alba de Lacruz, Hauptverantwortliche in der Projektleitung von Café Con Leche. Sie kennt als Direktorin der Grundschule in ‚La Lechería‘ aus ihrer täglichen Arbeit alle Kinder, die sich an dem Projekt beteiligen.


Das Büro von Café Con Leche. Foto: Pilz/ privat.

Mittlerweile sind es etwa 140 Mädchen und Jungen zwischen sechs und 25 Jahren in sechs Mannschaften, die bei Café Con Leche trainieren. Ein Mädchenteam (U15), vier Jungenteams (U9, U12, U15, U19) und ein Aktiventeam (bis 25 Jahre) spielen aktuell nur in Freundschaftsspielen oder Turnieren gegen andere Teams. „Wir möchten gerne in den Ligabetrieb eintreten“, sagt Pilz, weist aber auf die Probleme hin: „Wir brauchen Geburtsurkunden der Spieler, die zu 75 Prozent haitianische Eltern haben, die irgendwann illegal über die Grenze gekommen sind. Deshalb sind wir dabei, die Dokumente unserer Spieler und Spielerinnen zusammenzutragen.“ Ein schwieriges Unterfangen, da die Kinder teilweise weder Namen noch Geburtsdatum wissen.

Training auf "purer Erde"

Seit Anfang 2014 können die jungen Menschen ihre Lieblingssportart auf einem Kleinspielfeld sowie einem großen Fußballplatz mit Eisentoren ausüben. Einzig der Boden bedarf nach Pilz‘ Ansicht einer Erneuerung. "Der Platz besteht aus purer Erde und ist bei Regen ein einziges Schlammfeld. Wir träumen jetzt von einem Kunstrasenplatz.“


Nur bei gutem Wetter ein tauglicher Untergrund zum Kicken - der Platz von Café Con Leche. Foto: Pilz/ privat.

Ungeachtet des Geläufs findet von Montag bis Donnerstag zweimal pro Tag das Training statt. Trainiert werden die Fußballer und Fußballerinnen von drei dominikanischen Jugendtrainern und den beiden deutschen Freiwilligen. Geschult wurden und werden die drei Dominikaner von Schirmherrin Margret Kratz, die zu diesem Zwecke 2012 nach Santo Domingo reiste und im Januar 2015 erneut kommen wird. Die Ex-Nationalspielerin ist die einzige Frau in Deutschland, die B-Trainer ausbilden darf. Mit Edwin „Titi“ Garcia hat nun einer der drei einheimischen Trainer die Aufnahmeprüfung an der öffentlichen Universität in Santo Domingo geschafft, wo er dank Café Con Leche ab Februar studieren wird. Pilz erklärt: „Wir übernehmen Einschreibegebühr, Semesterbeiträge sowie Anfahrtskosten. Dafür arbeitet er weiterhin als Trainer bei uns und kann somit seine Familie unterstützen.“ Garcia kommt „aus der Lecheria, also aus ärmsten Verhältnissen“, weiß Pilz. In einem Steinhaus lebt er mit seiner Mutter und seinen Geschwistern und sorgt für seine Familie. „Unser Ziel ist, dass irgendwann ausschließlich Dominikaner Café Con Leche führen können“, gibt Birgit Pilz als langfristiges Ziel aus.


Gute Laune - Birgit Pilz (Mitte) neben den zwei deutschen Freiwilligen Kim Liesenfeld (links) und Dawi Toensing (rechts). Foto: Pilz/ privat.

Talentschmiede Café Con Leche

Auch neben dem Fußballplatz bietet das Projekt den Kindern Möglichkeiten, den Horizont zu erweitern. Staunende Blicke erzeugte der Besuch der Tropfsteinhöhle ‚Las Cuevas De Las Maravillas‘. „Eine Erfahrung, die ich nie vergessen werde“, erzählt Charina Williams, Torhüterin der Mädchenmannschaft. Beeindruckt zeigte sich Charina auch, als Café Con Leche Ende November die Fußballschule des FC Barcelona besuchte. Seit knapp zwei Jahren betreibt der spanische Erfolgsverein die Fußballschule in Santo Domingo, in der die beiden deutschen Freiwilligen einmal pro Woche hospitieren. „Die Mädchen spielen sehr viele Pässe und gehen geschickt mit dem Ball um“, findet Charina. Zu überzeugen wusste wohl auch sie. Denn als eines von zwei Mädchen aus der Mannschaft erhielt sie ein Stipendium von den Katalanen, was Trainingstransfer und neue Sportbekleidung beinhaltet. "Wir sind eben eine Talentschmiede", freut sich Pilz. Vielleicht verhilft das freiwillige Engagement der Nauroderin tatsächlich irgendwann einem kleinen Kicker oder einer kleinen Kickerin zum Sprung zu einem Profiverein.

Hinweis: Das Fußballprojekt Café Con Leche benötigt dringend Fußballschuhe in allen Größen für Kinder und Jugendliche unterschiedlichen Alters. Egal ob neue Schuhe oder bereits getragene, jede Spende hilft und wird von der Redaktion unseres Fußballportals FuPa.Net direkt in die Dominikanische Republik geschickt. Wer etwas spenden möchte, meldet sich bitte per E-Mail bei fupa@vrm.de.

Aufrufe: 03.1.2015, 06:00 Uhr
Patrick RuppAutor