2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
Auch wenn unser Bild den Eindruck erweckt, Günter Bartl will sich noch nicht auf die faule Haut legen. Der Torwart des TSV Behlingen-Ried II will mindestens noch bis zum 70. Lebensjahr fußballerisch aktiv sein.  Foto: Alois Thoma
Auch wenn unser Bild den Eindruck erweckt, Günter Bartl will sich noch nicht auf die faule Haut legen. Der Torwart des TSV Behlingen-Ried II will mindestens noch bis zum 70. Lebensjahr fußballerisch aktiv sein. Foto: Alois Thoma

Kein Gedanke an die Fußball-Rente

Günter Bartl steht jedes Wochenende im Tor des TSV Behlingen-Ried II +++ An seinem 65. Geburtstag denkt er noch lange nicht ans Aufhören

Während andere in seinem Alter am Sonntagmittag die Kanapee-Nordwand erklimmen und sich genüsslich einen Mittagsschlaf gönnen, hat Günter Bartl aus Thannhausen längst seine Sporttasche gepackt und sich auf den Weg gemacht. Seine Ziele sind der Sportplatz des TSV Behlingen-Ried oder 13 weitere Sportstätten in der Region. Sonntag für Sonntag steht er noch seinen Mann als Torwart der zweiten Mannschaft des TSV Behlingen-Ried (B-Klasse West 2). Und das obwohl er den 65. Geburtstag feierte.

In 13 von bisher 15 Spielen hütete der „Oldie“ in der laufenden Saison den TSV-Kasten, nur zweimal musste er passen. Das eine Mal, weil er sich nach langer Zeit mal wieder einen Urlaub gönnte, das andere Mal weil ihm ein Zahn gezogen wurde. Apropos Zähne: Auf die beißt er nicht nur im Spiel, sondern auch während der Woche. „Er ist einer unserer trainingsfleißigsten Akteure“, lobt Abteilungsleiter Rainer Jonscher.

Wenn es irgendwie geht, trainiert Bartl zweimal die Woche. „Wer unbedingt spielen will, der muss auch trainieren, egal wie alt er ist und welche Position er spielt“, lautet seine Devise. Noch ein anderes Erfolgsrezept, warum er in seinem Alter noch so fit wie der sprichwörtliche Turnschuh ist und den Vergleich mit der Jugend nicht scheuen muss, hat der Oldie parat: Kein Alkohol, kein Nikotin! „Das hat mich noch nie angemacht“, versichert Bartl.

Angemacht hat ihn dagegen das Spiel mit der Lederkugel. Und das schon als kleiner Junge. Im Volksschulalter begann er beim TSV Ziemetshausen mit dem Kicken. Über ein halbes Jahrhundert erstreckt sich mittlerweile seine Laufbahn, davon allein rund 30 Jahre beim TSV Ziemetshausen. Weitere Stationen waren der TSV Fischach, SV Edelstetten, SV Wattenweiler und jetzt TSV Behlingen-Ried. Seinen Platz hatte er dabei lange Zeit nicht im, sondern vor dem Tor. Als Libero und Manndecker war es seine Aufgabe, vor dem Kasten abzuräumen. Ein Kreuzbandriss vor zwölf Jahren machte dann eine „Umschulung“ erforderlich. „Bevor ich gar nicht mehr spielen hätte können, ging ich dann lieber ins Tor“, erklärt Bartl den Positionswechsel.

Den hat er freilich nicht bereut, wenngleich man sich als Torhüter bekanntlich oft allein gelassen fühlt. Am liebsten ist es ihm natürlich, wenn er ohne Gegentor nach 90 Minuten von Spielfeld gehen kann. Das ist ihm in dieser Saison übrigens schon viermal gelungen. Aber es gab auch andere Spiele, wie etwa die 1:5-Schlappe gegen die SpVgg Krumbach II. Das sind dann Situationen, wo mancher Keeper am liebsten die Flinte ins Korn und die Torwartklamotten in die Ecke schmeißen würde. Nicht jedoch Günter Bartl. Dazu ist er zu fußballverrückt. Torsch(l)usspanik kennt er nicht. „Ärgern ja, kapitulieren nein!“, heißt sein Motto. Spätestens am Tag darauf ist der Ärger ganz verflogen und Bartl freut sich auf’s nächste Spiel.

Da kann es dann auch wieder vorkommen, dass er erstaunte Blicke und ein mitleidiges Lächeln von den jungen Konkurrenten erntet, wenn er mit seinen grau melierten Haaren aufs Spielfeld läuft. „Was, so ein Alter im Tor?“, ist eine häufige Formulierung. Günter Bartl gibt die Antwort auf dem Platz. 26 Gegentore haben er und sein zweimaliger Vertreter Max Feicht in der laufenden Saison erst kassiert. Nur fünf Mannschaften der B-Klasse West 2 können eine bessere Bilanz vorweisen. Also ist bewiesen, dass der demnächst 65-Jährige immer wieder mal den um Jahrzehnte jüngeren Angreifern gezeigt hat, wo der Bartl den Most holt.

TSV-Abteilungsleiter Rainer Jonscher kann das nur unterstreichen: „Ab und zu rutscht ihm zwar, wie anderen Torhütern auch, mal einer durch. Aber dann holt er wieder Bälle heraus, die kein 20-Jähriger gehalten hätte.“ Etwa so wie im letzten Spiel vor der Winterpause gegen den SV Bleichen. Da hat der Torwart-Oldie gleich dreimal das direkte Duell Angreifer gegen Torwart für sich entschieden und seinen Beitrag zum 4:1-Sieg geleistet.

Blickt der Fußball-Senior auf seine lange Laufbahn zurück, in der er sich lediglich einen einzigen Platzverweis einhandelte, so gibt es wenig Erlebnisse, die bei ihm negative Erinnerung wach werden lassen. Unvergessliche, weil erfreuliche, Ereignisse, hingegen könnte Bartl zuhauf aufzählen. So etwa seinen Einsatz im Tor der ersten Behlinger Mannschaft heuer im Juli in der dritten Runde des Totopokals gegen den Bezirksligisten SSV Glött. Er vertrat damals den beruflich verhinderten Stammtorwart Tobias Feicht. „Statt der befürchteten Packung gab es einen 6:1-Sieg“, ist er heute noch auf diese Riesenüberraschung stolz. Und da ist auch noch sein Auftritt mit dem TSV Behlingen-Ried beim beliebten Hallenturnier vor ein paar Jahren im Sindelfinger Glaspalast. Im vollen Haus erhoben die Zuschauer den Behlinger Keeper schnell zum Publikumsliebling. „Jede gelungene Aktion von mir wurde gefeiert“, schwärmt Bartl.

Im Mai nächsten Jahres beginnt für Günter Bartl ein neuer Lebensabschnitt. Da geht der Betreiber einer Entrümpelungsfirma und Vater von vier Kindern dann im Alter von 65 Jahren und fünf Monaten in Rente. Und wie sieht es mit dem fußballerischen Ruhestand aus? Diesen persönlichen Schlusspfiff schiebt er noch ein paar Jahre hinaus: „Mindestens bis ich 70 bin will ich schon noch weitermachen“ sagt Bartl. Dem TSV Behlingen-Ried kann’s recht sein. Die feste Zusage für die nächste Saison 2017/18 hat der Reserve-Keeper, der auch noch Torwarttrainer von Tobias Feicht, Platzkassier und Sponsor ist, bereits gemacht.

Aufrufe: 012.12.2016, 07:53 Uhr
Günzburger Zeitung / Alois ThomaAutor