2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Seit sechs Jahren Trainer beim ETSV Weiche: Der ehemalige Profi Daniel Jurgeleit. Foto: Sieg
Seit sechs Jahren Trainer beim ETSV Weiche: Der ehemalige Profi Daniel Jurgeleit. Foto: Sieg

Jurgeleit: "Uns läuft langsam die Zeit weg"

Trainer Daniel Jurgeleit vom ETSV Weiche Flensburg macht sich Sorgen um die finanzielle und sportliche Zukunft des Regionalligisten

Beim Aufsteiger SV Drochtersen/Assel endete am vergangenen Sonntag eine 13 Spiele währende Erfolgsserie des ETSV Weiche Flensburg. Der Regionalligist gehört dennoch zu den positiven Überraschungen der Saison und schickt sich an, auch im vierten Regionalliga-Jahr nach den Plätzen sieben, sechs und fünf einen erneuten Schritt nach vorn zu machen. Auch auf der Trainerposition steht der ETSV für Kontinuität. Bereits im sechsten Jahr ist der langjährige Profi Daniel Jurgeleit für die Mannschaft verantwortlich. Im Interview spricht der 51-Jährige über das Ende der Serie, ein erfolgreiches Jahr 2015 und die nicht in allen Bereichen rosigen Perspektiven.

Die 13-Spiele-Serie ist beendet. Ärgern Sie sich noch darüber oder war das nur eine Frage der Zeit?
Natürlich hatten wir gehofft, mit der Serie noch in die Winterpause zu gehen und die Marke von 15 Spielen ohne Niederlage, die wir in der vergangenen Saison erreicht hatten, zu übertreffen. Mit dem Spiel am Sonntag war ich unzufrieden. Aber so ein Spiel muss man dem Team auch mal zugestehen. Das große Thema in der Mannschaft war die Serie ohnehin nicht. Irgendwann bist du einfach mal fällig. Und dann verliere ich lieber in Drochtersen als gegen Wolfsburg oder Meppen.

Was waren die Gründe, dass es ausgerechnet beim Aufsteiger passierte?

Wir hatten mit dem Sieg gegen Wolfsburg vor fast 2000 Zuschauern ein Highlight hinter uns. Dazu kam der Wetterumschwung, ein Spielausfall, einige Spieler haben im Job viel zu tun. Das muss man immer berücksichtigen. Vor allem sind wir auf einen kompromisslosen Gegner getroffen. Wir müssen lernen, dass Gegner uns inzwischen anders wahrnehmen und gegen eine Spitzenmannschaft in erster Linie verteidigen. In einigen Spielen haben wir das schon geschafft. Aber Drochtersen hat es sehr gut gemacht. Bei den derzeitigen Witterungsverhältnissen in Rückstand zu geraten, macht es doppelt schwer. Zudem haben wir nicht das Abwehrverhalten an den Tag gelegt, das uns zuvor ausgezeichnet hat. Wir haben uns bei Eckstößen rauslocken lassen. Das darf so nicht passieren.

Dennoch ist die Saison bislang hervorragend gelaufen. Hätten Sie im Vorfeld damit gerechnet?
Damit konnte man nicht rechnen. Die Mannschaft hat enorm viel geleistet. Wir haben uns immer kleine Etappenziele gesetzt und fast immer erreicht.

Was sind die Gründe für den Erfolg?
Wir haben in der Breite und in der Spitze noch einmal an Qualität gewonnen. Zu Beginn der Saison fehlten phasenweise einige Leistungsträger. Aber wir kriegen es gut hin, auch wichtige Leute zu ersetzen. Zuletzt konnten wir rotieren, auch das hat gut funktioniert, ohne dass die Harmonie verloren gegangen wäre.

Gibt es an der Gesamtbilanz des Jahres etwas zu mäkeln?
2015 haben wir alle unsere Ziele erreicht. Wir sind im Vorjahr trotz des schwachen Starts Fünfter geworden, haben uns jetzt wieder verbessert. Wir sind Fair-Play-Sieger geworden, stehen wieder oben und geben als Mannschaft weiterhin ein gutes Bild ab. Das ist mir wichtig.

Müssen Sie die Ziele jetzt nach oben korrigieren?

Wir wollen uns mit Oldenburg oder Wolfsburg noch nicht auf eine Stufe stellen. Erst einmal haben wir noch ein Spiel in Meppen, das interessant wird, weil die ja unbedingt gewinnen müssen, wenn sie oben rankommen wollen. Dann müssen wir gut aus der Winterpause kommen. Wenn es dann immer noch so gut läuft, kommt vielleicht der Punkt, wo wir auch andere Ziele ausgeben. Wir wollten uns in allen Bereichen zum Vorjahr verbessern. Besser als Platz fünf, weniger als 37 Gegentore, mehr als 53 Tore schießen. Im Moment gibt es noch keinen Grund, irgendwelche Parolen rauszuhauen.

Was wünschen Sie sich für das neue Jahr?
Wir wollen uns gut vorbereiten und wieder gut aus den Startlöchern kommen. Und vor allem wollen wir im Pokal weiter kommen. Wir haben in Eichede die große Chance, zum dritten Mal ins Finale einzuziehen. Und in Lübeck haben wir in dieser Saison schon einmal gewonnen. Die Chance, die Hauptrunde im DFB-Pokal zu erreichen, ist größer als vor zwei Jahren, als wir auswärts bei Holstein Kiel ein gutes Spiel gemacht, aber im Elfmeterschießen verloren haben.

Ist die 3. Liga in der Mannschaft schon ein Thema?
Nein, überhaupt nicht. Wir sind von den Strukturen her noch Welten von der 3. Liga entfernt. Sportlich ist es immer möglich, dass eine Mannschaft etwas erreicht, was man nicht erwartet. Aber von der 3. Liga können in unserer Liga neben den U23-Mannschaften nur Vereine wie Meppen, Oldenburg und irgendwann mal Lübeck reden. Ein taugliches Stadion ist dabei ein großer Vorteil.

Beim ETSV hat man sich vor einigen Wochen mit der Lizenz beschäftigt, inzwischen aber abgewinkt. Ist damit der Aufstieg dauerhaft vom Tisch?
Das darf kein Dauerzustand sein. Es war richtig, sich mit den Lizenzunterlagen zu beschäftigen. Wir können das aber nicht noch drei Jahre machen. Sportlich mehr in Vorleistung zu treten, als wir es in den letzten Jahren gemacht haben, ist kaum möglich. Jetzt müssen sich die Stadt, die Flensburger Geschäftsleute und Firmen entscheiden, ob sie Profifußball in der Stadt wollen. Wenn das nicht bald erkannt wird, ist es irgendwann vorbei.

Dauerhaft nur eine gute Rolle in der Regionalliga zu spielen, kommt also für Sie nicht in Betracht?
So lange sportlich noch Luft nach oben ist, bleibt die Aufgabe interessant. Es ist immer möglich, überdurchschnittliche junge Spieler zu finden und den einen oder anderen gestandenen Mann dazu zu holen. Aber mit dreieinhalb Trainingseinheiten pro Woche stößt man irgendwann an Grenzen. Deshalb müsste jeder in Flensburg froh sein, dass wir so eine Vorrunde gespielt haben. Wenn der Punkt kommt, an dem man sich nicht mehr verbessern kann, wird es aber schwierig. Wir machen das schon einige Jahre. Uns läuft langsam die Zeit weg, um außerhalb des sportlichen Bereichs etwas zu bewegen.
Aufrufe: 010.12.2015, 06:00 Uhr
SHZ, Interview: Christian JessenAutor