2024-05-29T06:38:12.186Z

Interview
Hans Rothammer verfolgt die Spiele des SSV Jahn gerne stehend und stets mit einem Fanschal.  Foto: Nickl
Hans Rothammer verfolgt die Spiele des SSV Jahn gerne stehend und stets mit einem Fanschal. Foto: Nickl

Jahn hat Plan B schon in der Schublade

SSV-Vorstandschef Hans Rothammer spricht im MZ-Interview unter anderem über Abstiegsszenarien und Fehleinschätzungen

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Nach der Niederlage bei Fortuna Köln taumelt der SSV Jahn Regensburg in der 3. Liga immer mehr dem Abstieg entgegen. Im Interview mit Jürgen Scharf und Heinz Reichenwallner von der MZ-Sportredaktion spricht SSV-Vorstandschef Hans Rothammer über Abstiegsszenarien, Fehleinschätzungen und das Davonlaufen.


Herr Rothammer, warum steht der SSV Jahn in der 3. Liga auf dem letzten Platz?

Hans Rothammer: Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen, da brauchen wir gar nicht drum herum reden, gab es bei der Zusammenstellung des Spielerkaders vor der Saison Fehleinschätzungen. Dann fielen zudem mehrere Leistungsträger verletzt aus. Durch die Talfahrt war die Mannschaft außerdem psychisch angeschlagen und der Trainer (Ex-Coach Alexander Schmidt/Anm. d. Red.) hat es nicht geschafft, sie hier wieder herauszuführen.

Was unternehmen Sie jetzt?

Wir haben bereits vier neue Spieler und einen neuen Trainer verpflichtet. Dies war nur möglich, weil es uns gelungen ist, den Etat anzuheben. Nun wird noch ein Stürmer kommen. Den brauchen wir dringend.

Wäre es nicht besser gewesen, schon vor vier Wochen nicht nur hinten, sondern auch in der Offensive nachzulegen?

Im Rückblick sage ich: Ja, es war vielleicht ein Fehler, zunächst nur die Verteidigung zu verstärken. Wir dachten eben, dass vorne mehr geht, wenn wir hinten endlich gut stehen. Das ist so leider nicht aufgegangen.

Warum wird jetzt nicht ganz schnell reagiert? Wenn der Stürmer erst in der Winterpause geholt wird, könnte die Lücke zu einem Nichtabstiegsplatz noch größer geworden sein.

Wir arbeiten ohnehin schon dran und es werden demnächst auch Probespieler kommen. Allerdings ist es einfach so, dass wir in der Winterpause, wenn das Transferfenster geöffnet ist, weitaus mehr Möglichkeiten haben. Derzeit könnten wir ja nur einen Spieler holen, der aktuell keinen Verein hat. Das ist immer ein gewisses Risiko.

Sie sagen, es gab vor der Saison Fehlentscheidungen. Die hat Sportchef Christian Keller getroffen. Ist er dennoch der richtige Mann, um den SSV Jahn wieder zum Erfolg zu führen?

Davon bin ich überzeugt.

Wurde Christian Keller zu lange völlig freie Hand gelassen?

Ich habe mein Amt vor vier Monaten angetreten. Was davor passiert ist, kann ich nicht beurteilen. Ich kann aber sagen, dass seit meinen Amtsantritt wesentliche Entscheidungen gemeinsam von den Gremien des Vereins getroffen werden.

Denken Sie daran, Christian Keller einen Berater, der aus der Fußballszene kommt, zur Seite zu stellen?

Wir haben derzeit ganz andere Probleme zu lösen.

Und für die Zukunft?

Für die Zukunft ist vieles vorstellbar. Aber wie gesagt, wir haben derzeit ganz andere Probleme.

In der Tat. Ein Problem für den Klub zuletzt war auch, dass durch eine politische Auseinandersetzung öffentlich wurde, dass das Bauteam Tretzel dem Jahn schon seit Jahren Geld gibt und auch die nachträglichen Investitionen vor kurzem finanzierte. Wie fanden Sie das?

Das war eine Katastrophe für uns. Es ist höchst bedauerlich, dass der Mehrheitsgesellschafter der Kapitalgesellschaft Jahn politisch instrumentalisiert wurde. Das war aus meiner Sicht unverantwortlich. Hier wurde ein Korruptionsverdacht ausgesprochen, der für das Bauteam Tretzel geschäftsschädigend war. Hätte sich das Unternehmen deswegen zurückgezogen, wäre uns der finanzielle Boden entzogen worden. Zum Glück ist das nicht geschehen.

Finanziell geht es also weiter. Sportlich steht der Klub dagegen am Abgrund. Warum hat der Verein auf Fragen zum einem Plan B im Fall des Abstiegs bislang so abwehrend reagiert?

Wir beschäftigen uns intern seit längerem mit diesem Szenario, auch wenn wir öffentlich noch nicht darüber geredet haben. Alles andere wäre grob fahrlässig.

Gibt es nun einen Plan B?

Ja, den gibt es. Zunächst einmal will ich aber sagen, dass wir diese Saison bis zum letzten Blutstropfen um den Klassenerhalt kämpfen werden. Und selbst wenn der Abstieg feststehen sollte, müssen wir innerhalb der letzten drei Plätze um jeden Rang kämpfen, da man nie weiß, ob einem anderen Klub die Lizenz entzogen wird.

Und wenn das alles nichts hilft...?

...dann müssen wir eben in die Regionalliga und das Beste daraus machen. Mit dem Rückenwind durch das neue Stadion wäre mein Ziel, dass wir in der Regionalliga denselben Etat für die Mannschaft auf die Beine stellen, wie zu Beginn dieser Saison, also 1,6 Millionen Euro. Dann können wir in der Liga auf jeden Fall eine gute Rolle spielen. Vor allem, wenn es uns gelingen sollte, einigen Leistungsträgern ähnliche Konditionen wie in dieser Saison zu bieten und sie somit auch in der Regionalliga halten zu können.

Wie groß wäre der Imageschaden im Fall eines Abstiegs?

Das wäre ein Rückschlag für den Profifußball in Regensburg, keine Frage. Wenn wir jetzt aber vernünftig bleiben und die richtige Entscheidungen fällen, kann es dennoch eine gute Zukunft geben. Ganz grundsätzlich müssten wir sicherstellen, dass auch im Fall des Abstiegs im Klub eine funktionierende Organisation vorhanden bleibt. Man müsste die Geschäftsstelle sicher etwas verschlanken, darf jetzt aber auch nicht alles auflösen, auch da müssen wir schlagkräftig bleiben. Sonst musst du wieder ganz bei Null anfangen. Ich glaube, dass wir auch in der Regionalliga einigermaßen gute Zuschauerzahlen erreichen könnten, alleine schon wegen der Neugier der Menschen auf das neue Stadion.

Sie selbst waren vorher nur kurz in den Jahn-Gremien vertreten. Jetzt rutschten Sie direkt an der Spitze des Klubs. Hätten Sie nicht etwas mehr Zeit gebraucht, um Erfahrungen als Funktionär zu sammeln?

In der Tat war ich zuvor nur ein paar Monate in den Gremien aktiv, habe das Geschehen im Verein aber auch danach weiter genau verfolgt und war dementsprechend gut informiert. Die Menschen, die jetzt in die Gremien sind, kannte ich jedenfalls alle bereits vorher persönlich.

Befürchten Sie nicht, dass Ihr Name auf ewig im Zusammenhang mit dem Abstieg des SSV Jahn Regensburg verbunden sein wird?

Nun, ich wäre ja nicht der erste und einzige Vorstand, unter dem der Jahn jemals abgestiegen ist. Aber es würde mir natürlich nicht gefallen, wenn das in meine Amtszeit fallen würde. Umso mehr müssten wir dann daran arbeiten, dass der Jahn dann wieder in den Profifußball zurückkehrt. Das sage ich auch für mich ganz persönlich. Davonlaufen kommt jedenfalls nicht in Frage.

Aufrufe: 02.12.2014, 18:00 Uhr
Jürgen Scharf/Heinz ReichenwallnerAutor