2024-05-02T16:12:49.858Z

Analyse
Ausgerutscht: Der SSV Jahn ist wieder auf dem Boden der Tatsachen angelangt.<b>F: Webel</b>
Ausgerutscht: Der SSV Jahn ist wieder auf dem Boden der Tatsachen angelangt.<b>F: Webel</b>

Jahn auf dem Boden der Tatsachen

Cottbus beendet in der 3. Liga den Regensburger Höhenflug nach der Winterpause +++ Die Schuld suchen die Spieler bei sich selbst

Verlinkte Inhalte

Mit verkniffen Mienen schritten die Spieler des SSV Jahn Regensburg nach der Partie beim FC Energie Cottbus durch die Katakomben des Stadions. Die 1:4-Niederlage hatten ihnen die Aufbruchsstimmung der vergangenen Wochen verhagelt. Die Schuld daran suchten sie bei sich selbst. „So können wir nicht auftreten“, urteilte Torwart Richard Strebinger. „Das war Jugendfußball von uns“, meinte Mittelfeldmann Marvin Knoll. Kapitän Markus Palionis orakelte sogar, dass einige in der Mannschaft nicht den Eindruck gemacht hätten, dass sie wüssten, um was es derzeit geht.

Um was es geht, diese Frage wäre dabei ganz einfach beantwortet. Der SSV Jahn will in der 3. Liga bleiben. In den vergangenen drei Wochen wuchs durch starke Leistungen und sieben erkämpfte Punkte die Hoffnung beim Tabellenletzten, dass die Rettung möglich ist. Nun wurde der Höhenflug jäh gestoppt. In Cottbus landete der Jahn unsanft auf dem Boden der harten Liga-Tatsachen. Und die besagen, dass ein Spitzenteam wie Energie in normaler Form noch eine Nummer zu groß für die Regensburger ist. Wenn der Gegner wie die Cottbuser dann zudem ein Top-Talent wie Tim Kleindienst in seinen Reihen hat, umso mehr. Kleindienst schenkte den Oberpfälzern alleine drei Stück ein und wurde von den über 6000 Energie-Fans, die in die Arena gekommen waren, gefeiert.

Dabei hätte auch ein Jungspund des Jahn zum Helden des Spiels werden können. Daniel Steininger hatte sich direkt nach der Pause ein Herz genommen, lief auf und davon und traf mit einem tollen Schlenzer zum 1:1-Ausgleich (46.). Dieser war zu diesem Zeitpunkt durchaus schmeichelhaft für den Jahn. Cottbus hatte in der ersten Halbzeit zunächst mächtig Gas gegeben. Nur mit Mühe konnten sich die Regensburger den Angriffen erwehren, erst nach einer halben Stunde fanden sie langsam selbst zu ihrem Spiel. Doch just in dem Moment, als der Jahn etwas mutiger wurde, schlug Kleindienst mit einem Kopfball zum ersten Mal zu (32.).

Vorne fand der Jahn in der ersten Halbzeit fast überhaupt nicht statt. Auch dieser Umstand dürfte Jahn-Coach Christian Brand auf die Palme gebracht haben. Sein Team hätte „überhaupt nicht so gespielt, wie wir es vorher besprochen haben“, urteilte er. Er habe seine Jungs darauf hingewiesen, dass Cottbus keine U23 eines Bundesligisten, die der Jahn zuletzt zweimal schlagen konnte, sei. Dass der FC Energie keine Jugendmannschaft ist: „Und dann musst du da auch aggressiver spielen.“ Seine Appelle schienen aber irgendwo auf der langen Reise von Regensburg in die Lausitz vergessen worden zu sein.

Hätte der Jahn das 1:1 gehalten, wäre Brands Urteil vielleicht etwas milder ausgefallen. Es wäre aber ein sehr glücklicher Punktgewinn gewesen. „Der Sieg von Cottbus war verdient, das steht völlig außer Frage“, meinte der Coach. In der Tat fuhren die Gastgeber nach dem Ausgleich einen wütenden Angriff nach dem anderen auf das Gehäuse von Jahn-Torwart Richard Strebinger, der auf der Linie stark, in der Strafraumbeherrschung teilweise aber etwas unerfahren wirkte. Die Zeit, dass er sich hier noch verbessert, will ihm Brand geben: „Der Richard ist ein riesiges Talent. Er ist aber noch sehr jung, kann also noch gar nicht die große Erfahrung haben. Doch die wird er schnell sammeln.“

Die Erfahrung des Verlierens musste sein Team nun zum ersten Mal seit der Winterpause machen. Kapitän Palionis lässt dabei nicht gelten, dass es auswärts gegen einen Aufstiegskandidaten ging. „Wir müssen in unserer Lage überall punkten können, es geht gar nicht anders“, meinte er. Wütend machte ihn, dass das Team das „zarte Pflänzchen Selbstbewusstsein“, das zuletzt gewachsen sei, selbst zertrampelt habe. Auf dem Platz sah das dann so aus, dass ihm und seinen Abwehrkollegen in der zweiten Halbzeit stets die entscheidenden Zentimeter fehlten, um die mehreren Klasseleute in den Reihen der Cottbuser aufzuhalten. Kleindienst traf noch zweimal (58., 83.), zudem durfte Sven Michel direkt nach seiner Einwechslung einnetzen (68.).

Dass sein Team zu selbstkritisch sei und mental nun einbreche, glaubt Jahn-Coach Brand aber nicht. „Es spricht doch für die Jungs, wenn sie sich hinterfragen.“ Nun heiße es durchschnaufen und dann wieder mit voller Kraft aufs das kommende Heimspiel gegen Dresden hinarbeiten. Die Energie-Fans hatten die Regensburger zwar bereits auf ihre eigene Art mit lautstarken „Absteiger“-Rufen verabschiedet. Ob sich dies bewahrheitet, werden aber erst die kommenden Wochen zeigen.

Aufrufe: 022.2.2015, 17:40 Uhr
Jürgen ScharfAutor