Franz Beckenbauers gedankenverlorener Streifzug durch das Olympiastadion von Rom nach dem WM-Finale 1990 ist im kollektiven (Fußball) Gedächtnis hängen geblieben. Am Wochenende durfte man in Kornburg eine ganz ähnliche Szene erleben, auch wenn die Bühne freilich nicht ganz so groß war und auch kein goldener Pokal vergeben wurde. Als die Kornburger mit einem 5:1 gegen den ASV Zirndorf den Landesliga- Aufstieg perfekt gemacht hatten und Spieler wie Betreuer ausgelassen über den Rasen tanzten, da tat Achim Kokott genau das, was er eigentlich schon fast die ganze Saison getan hat: Er stand am Rande, beobachtete sein Team und wirkte dabei nachdenklich und tiefenentspannt zugleich.
Natürlich hinkt der Vergleich zwischen dem Weltmeister-Trainer und dem Landesligaaufstiegs-Trainer ein wenig und dennoch: In der sportlichen Wertigkeit dutzendfach nach unten projiziert, hat auch Kokott das für seine Mannschaft Größtmögliche geschafft und sich damit einen Eintrag in den Geschichtsbüchern gesichert. Zwar nur in denen des TSV Kornburg aber immerhin. Erstmals in seiner 83-jährigen Historie ist der TSV in die Landesliga aufgestiegen. Und Kokott, der eigentlich gar nicht so richtig Trainer sein wollte und das zur neuen Saison auch nicht mehr ist, hat daran einen nicht unwesentlichen Anteil.
Der Reihe nach: Anfang November hatte Kokott, eigentlich Abteilungsleiter, den vor der Saison verpflichteten Ex-Cluberer Alexander Contala abgelöst. Damals war Kornburg Fünfter, der Rückstand auf Langzeitprimus Spielvereinigung Erlangen betrug zwischenzeitlich elf Punkte. Seitdem aber gab es für die Kornburger nur ein Remis und eine Niederlage – bei zwölf Siegen. Die „Spieli“ hatte parallel eine Schwächephase, der TSV zog am 28. Spieltag vorbei und gab die Führung nicht mehr aus der Hand. Das souveräne 5:1 gegen den ASV Zirndorf ließ letzte Zweifel verfliegen. Um 16:45 Uhr flogen im Süden Nürnbergs die Sektkorken.
„Im Amateurbereich ist es wichtig, eine Einheit zu sein“, beantwortete Kokott einige Minuten danach die Frage nach seinem Erfolgsmodell. Was er verändert hat: „Super Fußballer hatten wir hier schon immer. Aber wir mussten mehr taktische Disziplin an den Tag legen und als Team auftreten.“ In der Tat: Klasse Einzelkönner haben sie – vor allem in der Offensive. Die beiden Stürmer Szymon Pasko, gegen Zirndorf vierfacher Torschütze (7./9./41./51.), und Michal Nowak, trafen zusammen erstaunliche 44 Mal in dieser Saison, dahinter zieht Oliver Skuza die Fäden. Arthur Dutt, während der Serie aus Stadeln gekommen und am Sonntag Torschütze zum zwischenzeitlichen 2:0 (11.), sorgt mit seiner Schnelligkeit gehörig für Chaos. Ein Angriff, der sich auch in der Landesliga nicht verstecken muss und dem der ASV Zirndorf am Sonntag nichts entgegensetzen konnte.
Die Superkönner bei Laune zu halten und gleichzeitig das Gesamtgefüge nicht zu sprengen. Das war die Aufgabe des Trainers. „Ich habe gerne mit den Jungs gearbeitet, habe aber auch was verlangt“, sagt dieser im Tonfall eines Elder Statesman. Dass Kampfgeist und Zusammenhalt beim TSV Kornburg nicht immer so dermaßen stark ausgeprägt waren, das weiß auch Kokott. Doch vielleicht war es eben gerade seine Ausstrahlung, diese schwer zu interpretierende Mimik, die ihm half, das Team zusammen mit seinen beiden Assistenten Emin Karademir und Adrian Milano zum Erfolg zu führen. „Es war eine schwierige Zeit, doch die Spieler haben eine super Arbeit geleistet“, sagt Kokott, der seinen Nachfolger selbst ausgesucht hat: Herbert Heidenreich, bislang Trainer beim TV 21 Büchenbach in der Bezirksliga 2. Der Meistertrainer, der eigentlich schon im Winter aufhören wollte, dann seine Interimszeit aber bis zum Sommer ausdehnte, bleibt Abteilungsleiter.
Sechs bis acht Neuzugänge sollen es für beide Teams sein. Christian Krach kommt ebenfalls aus Büchenbach und wird Spielertrainer der in der Kreisliga Neumarkt/Jura West noch gegen den Abstieg kämpfenden Reserve. Den Verein verlassen Torwart Oliver Harnos (zum TSV Neustadt/Aisch) und Rainer Lehnemann (FC Bayern Kickers). „Mit anderen sind wir uns bereits einig, müssen aber noch letzte Details klären“, sagt Achim Kokott mit ruhiger Stimme, während alle anderen ausgelassen feiern. Die Aufstiegsshirts sind schnell nass, getränkt mit Bier und Sekt. Kokott aber bleibt auch im Moment des großen Erfolgs ganz ruhig: „Vielleicht liegt es am Stress, dass ich die Freude nicht nach außen lassen kann“, sagt er noch und geht dann langsam über den Platz. Fast wie einst Franz Beckenbauer. Nur in den Mittelkreis, in den hat er es nicht geschafft.