2024-06-14T14:12:32.331Z

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Kein Entkommen für Carlo Milano. Bei der obligatorischen Meistersektdusche des TSV Kornburg war der Co-Abteilungsleiter das beliebteste Ziel. Foto: Zink
Kein Entkommen für Carlo Milano. Bei der obligatorischen Meistersektdusche des TSV Kornburg war der Co-Abteilungsleiter das beliebteste Ziel. Foto: Zink

Im Nürnberger Süden flogen die Sektkorken

Der TSV Kornburg darf sich zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte Landesligist nennen +++ Meistercoach Achim Kokott jubelte ein wenig wie einst Franz Beckenbauer

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Eigentlich gehören die Kornburger ja zum Bezirksliga-Inventar, nun wollen sie sich aber doch einmal in einer höheren Spielklasse versuchen. Mit einem 5:1 gegen den ASV Zirn­dorf ist der TSV in die Landesliga auf­gestiegen.

Franz Beckenbauers gedankenverlo­rener Streifzug durch das Olympia­stadion von Rom nach dem WM-Fina­le 1990 ist im kollektiven (Fußball­) Gedächtnis hängen geblieben. Am Wochenende durfte man in Kornburg eine ganz ähnliche Szene erleben, auch wenn die Bühne freilich nicht ganz so groß war und auch kein golde­ner Pokal vergeben wurde. Als die Kornburger mit einem 5:1 gegen den ASV Zirndorf den Landesli­ga- Aufstieg perfekt gemacht hatten und Spieler wie Betreuer ausgelassen über den Rasen tanzten, da tat Achim Kokott genau das, was er eigentlich schon fast die ganze Saison getan hat: Er stand am Rande, beobachtete sein Team und wirkte dabei nachdenklich und tiefenentspannt zu­gleich.

Natürlich hinkt der Vergleich zwischen dem Weltmeister-Trainer und dem Landesligaaufstiegs-Trainer ein wenig und den­noch: In der sportlichen Wertigkeit dutzendfach nach unten projiziert, hat auch Kokott das für seine Mannschaft Größtmögli­che geschafft und sich da­mit einen Eintrag in den Geschichtsbüchern gesi­chert. Zwar nur in denen des TSV Kornburg aber immerhin. Erstmals in sei­ner 83-jährigen Historie ist der TSV in die Landesliga aufgestiegen. Und Kokott, der eigentlich gar nicht so richtig Trainer sein wollte und das zur neuen Saison auch nicht mehr ist, hat daran einen nicht unwesentlichen Anteil.

Der Reihe nach: Anfang November hatte Kokott, eigentlich Abteilungs­leiter, den vor der Saison verpflichteten Ex-Club­erer Alexander Contala ab­gelöst. Damals war Korn­burg Fünfter, der Rück­stand auf Langzeitprimus Spielvereinigung Erlangen betrug zwischenzeitlich elf Punkte. Seitdem aber gab es für die Kornburger nur ein Remis und eine Niederlage – bei zwölf Siegen. Die „Spieli“ hatte paral­lel eine Schwächephase, der TSV zog am 28. Spieltag vorbei und gab die Führung nicht mehr aus der Hand. Das souveräne 5:1 gegen den ASV Zirndorf ließ letzte Zweifel verflie­gen. Um 16:45 Uhr flogen im Süden Nürnbergs die Sektkorken.

„Im Amateurbereich ist es wichtig, eine Einheit zu sein“, beantwortete Kokott einige Minuten danach die Fra­ge nach seinem Erfolgsmodell. Was er verändert hat: „Super Fußballer hatten wir hier schon immer. Aber wir mussten mehr taktische Disziplin an den Tag legen und als Team auftre­ten.“ In der Tat: Klasse Einzelkönner haben sie – vor allem in der Offensive. Die beiden Stürmer Szymon Pasko, gegen Zirndorf vierfacher Torschütze (7./9./41./51.), und Michal Nowak, trafen zusammen erstaunliche 44 Mal in dieser Saison, dahinter zieht Oliver Skuza die Fäden. Arthur Dutt, wäh­rend der Serie aus Stadeln gekommen und am Sonntag Torschütze zum zwi­schenzeitlichen 2:0 (11.), sorgt mit sei­ner Schnelligkeit gehörig für Chaos. Ein Angriff, der sich auch in der Landesliga nicht verstecken muss und dem der ASV Zirndorf am Sonntag nichts entgegensetzen konnte.

Die Superkönner bei Laune zu hal­ten und gleichzeitig das Gesamtgefü­ge nicht zu sprengen. Das war die Auf­gabe des Trainers. „Ich habe gerne mit den Jungs gearbeitet, habe aber auch was verlangt“, sagt dieser im Tonfall eines Elder Statesman. Dass Kampfgeist und Zusammen­halt beim TSV Kornburg nicht immer so dermaßen stark ausgeprägt waren, das weiß auch Kokott. Doch vielleicht war es eben gerade seine Ausstrah­lung, diese schwer zu interpretierende Mimik, die ihm half, das Team zusammen mit seinen beiden Assisten­ten Emin Karademir und Adrian Mila­no zum Erfolg zu führen. „Es war eine schwierige Zeit, doch die Spieler haben eine super Arbeit geleistet“, sagt Kokott, der seinen Nachfolger selbst ausgesucht hat: Herbert Heiden­reich, bislang Trainer beim TV 21 Büchenbach in der Bezirksliga 2. Der Meistertrainer, der eigentlich schon im Winter aufhören wollte, dann seine Interimszeit aber bis zum Sommer ausdehnte, bleibt Abteilungsleiter.

Wie einst Beckenbauer

Sechs bis acht Neuzu­gänge sollen es für beide Teams sein. Christian Krach kommt ebenfalls aus Büchenbach und wird Spielertrainer der in der Kreisliga Neumarkt/Jura West noch gegen den Ab­stieg kämpfenden Reserve. Den Verein verlassen Tor­wart Oliver Harnos (zum TSV Neustadt/Aisch) und Rainer Lehnemann (FC Bayern Kickers). „Mit ande­ren sind wir uns bereits einig, müssen aber noch letzte Details klären“, sagt Achim Kokott mit ruhiger Stimme, während alle ande­ren ausgelassen feiern. Die Aufstiegsshirts sind schnell nass, getränkt mit Bier und Sekt. Kokott aber bleibt auch im Moment des großen Erfolgs ganz ruhig: „Vielleicht liegt es am Stress, dass ich die Freude nicht nach außen lassen kann“, sagt er noch und geht dann langsam über den Platz. Fast wie einst Franz Beckenbauer. Nur in den Mittelkreis, in den hat er es nicht geschafft.

Aufrufe: 019.5.2015, 11:56 Uhr
Andreas SchmittAutor