2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Beim Kreisoberligisten FC Reifenberg in vielen Rollen gefordert: Trainer und Torwart Christian Bös.
Beim Kreisoberligisten FC Reifenberg in vielen Rollen gefordert: Trainer und Torwart Christian Bös.

,,Ich bin jetzt Grundschullehrer"

KOL Hochtaunus: +++ Torhüter Christian Bös betritt in Reifenberg Trainer-Neuland +++ Basisarbeit gefragt +++

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SCHMITTEN . Am vergangenen Wochenende gelang dem FC Reifenberg mit einem knappen 1:0-Sieg gegen die SF Friedrichsdorf der zweite Sieg in der Fußball-Kreisoberliga Hochtaunus und damit ein ausgeglichenes Punktekonto. Das ist eine positive Überraschung, denn zu Saisonbeginn hatte es ,,auf dem Berg" viele Fragzeichen gegeben. Der neue Trainer Christian Bös ist zwar an der Weilquelle zu Hause, aber als Coach ein absoluter Neuling. Normalerweise steht er zwischen den Pfosten.

Jetzt muss der 31-Jährige eine neue Mannschaft in der Kreisoberliga halten, die für viele junge Spieler Neuland ist. Der Trainer ist in vielen Funktionen als ,,Mädchen für alles" gefragt. Im Gespräch mit dem Usinger Anzeiger gab Bös einen Einblick in die Geschichte seines Trainerstarts, die Reifenberger Verhältnisse und die Zukunftsperspektiven.

Der ,,Ur-Reifenberger" war nach seinem Hausbau in Seelenberg in dieser Saison vom Fußball-Gruppenligisten Königstein in seine Fußballheimat zurückgekehrt. Dabei hatte er ursprünglich geplant, beim Ex-FCR-Trainer Andreas Arr-You ,,in die Lehre" zu gehen. Doch nach dessen kurzfristigem Abgang zur A-Jugend des FC Neu-Anspach wurde der Azubi zum Chef und statt Ausbildung ins kalte Wasser geworfen: ,,Ich musste mir die Anfrage des Vorstands ernsthaft überlegen, denn das ist heikel. Beim Heimatverein ist die Motivation, aber auch die Erwartung besonders groß und es wird sich zeigen, ob das gedankt wird."

Bös fand einen Kader von lediglich 15 Kreisoberliga-Akteuren vor, von denen fünf vergangene Saison noch fest in der ,,Zweiten" in der C-Liga gekickt hatten. Der Trainerneuling hat folgerichtig nur das Ziel Klassenerhalt auf der Agenda. Dabei macht er klar, dass in Reifenberg ein kompletter Imagewandel vollzogen wird: ,,Wir haben einen rigorosen Sparkurs vollzogen und sind weg davon, mit finanziellen Mitteln eine Mannschaft zu bauen, aber deswegen haben wir auch keine Neuzugänge." In Reifenberg ist der Trainer derzeit nicht nur Trainer, sondern auch als Zeugwart zuständig für Leibchen und Hütchen und den Eiskoffer. Junger Trainer in junger Mannschaft bedeutet Ausbildung in der Ausbildung. Da sei zuerst Basisarbeit gefordert: ,,Wir müssen einfach noch lernen, wie sich eine Viererkette verschiebt. Deswegen spielen wir mit dem erfahrenen Mark Hohmann als Libero." Viele Automatismen, deren Grundlagen in der Jugendarbeit gelegt werden sollten, müssten jetzt im Seniorentraining eingeübt werden: ,,Ich muss lernen, dass ich Grundschullehrer bin."

Ursprünglich wollte der Neu-Coach nur an der Außenlinie stehen, aber wegen der schweren Verletzung von Christoph Egenolf ist der Torwart gezwungen, selbst wieder zwischen die Pfosten zu rücken und von ganz hinten Traineranweisungen zu geben: ,,Ich sehe das Spiel von hinten zwar am besten, bin aber auch zu weit weg und darf gerade gegenüber einem Nachwuchsakteur als Spielertrainer selbst keine Fehler machen. Das Letztere ist das Schwerste." Dem Newcomer fehlt ein Assistent an der Seitenlinie. Positiv auf der Habenseite stehe die Einstellung der Mannschaft, in der jeder seine Stärken und Schwächen kenne und Fehler offen angesprochen würden: ,,Wir können nicht spielerisch glänzen. Alle müssen beim Laufen und Kämpfen mitmachen und Torjäger wie Julian Ivan sind vorne alleine auf sich gestellt. Jeder muss den Weg mitgehen, egal wie bitter er ist."

Dabei stellt Bös unmissverständlich klar, dass er sich unbedingt als Trainer weiterentwickeln möchte und Stillstand nicht infrage komme, egal, in welcher Liga man landen werde: ,,Ich habe bei Trainern wie Leo Caic, Andreas Bergold und Stephan Häuser gelernt und bei ihnen abgeguckt. Ich will die jungen Spieler fußballerisch weiterbringen. Das würde auch in der A-Liga gehen, wenn ich sehe, dass sich etwas richtig bewegt." Bös verhehlt nicht, dass er den jetzt vom Verein vollzogenen Umschwung gerne schon früher in Gang gesetzt hätte: ,,Wir wollen auf dem Berg einen neuen Fußballgeist entwickeln."



Aufrufe: 012.9.2015, 18:00 Uhr
Andreas RomahnAutor