2024-04-25T14:35:39.956Z

Im Nachfassen
Glück in der Anfangsphase: Kenneth Kronholm bekommt den Ball nach einer Ecke nicht zu fassen und hat Glück, dass ihm der Pfosten hilft. Foto: Stark
Glück in der Anfangsphase: Kenneth Kronholm bekommt den Ball nach einer Ecke nicht zu fassen und hat Glück, dass ihm der Pfosten hilft. Foto: Stark

Holstein Kiel: Ohne Bonbons zum Heimerfolg

Trotz des des deutlichen 3:0 - erste Hälfte bietet viel Anlass zur Kritik

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In der Halbzeit ärgerte sich Markus Anfang schon. Nachdem es zuletzt gegen Osnabrück eine Heimniederlage gegeben hatte, verzichtete der Trainer auf ein Ritual. Es gab keine Bonbons für das Funktionsteam und die Offiziellen. „Ich habe schon gedacht, hätte ich doch bloß die Bonbons mitgenommen“, erklärte Anfang seine Reaktion auf die schwache erste Hälfte. Mit einem ähnlichen Ritual hatte einst schon Aleksandar Ristic, Anfangs erster Profi-Trainer, Funktionäre und Linienrichter beglückt. „Dass ich das mache, hat aber nicht direkt mit ihm zu tun“, erklärte Anfang und verwies auf seine Mutter, die ihm die Kräuterbonbons regelmäßig mit auf den Weg gegeben hatte.

Die sportlichen Gedanken, die Anfang zur Pause hatte, behielt er hingegen weitgehend für sich. „Ich kann in der Kabine auch einen Kopfstand machen“, sagte er. „Wichtig ist nicht, was ich erzähle, sondern was die Jungs umsetzen.“ Dass er erneut appelliert hatte, mehr Mut im Spiel nach vorn zu zeigen, früher zu attackieren, darf sehr wohl vermutet werden. Der Holstein-Coach wusste aber auch: „Es war nach der Pause von Beginn an zu sehen, dass wir die Tore erzwingen wollten. So kamen ja auch die Ecken zustande. Aber dass die Tore dann so früh fallen, da spielt natürlich ein wenig Zufall auch eine Rolle.“

Die frühen Tore nach dem Wechsel waren die Grundlage dafür, dass sich Entspannung im Kieler Lager breit machte. „Die zweite Halbzeit war wirklich gut, um Welten besser als die erste“, befand Mathias Fetsch, mit einem Tor und einer Vorlage einer der Matchwinner. „Aber die Tore sind eben auch zu einem guten Zeitpunkt gefallen.“ Torschütze Rafael Czichos, der sich über seinen ersten Treffer seit dem 7. Februar (3:2 bei Fortuna Köln) freute, wusste: „Das war ein Brustlöser für uns!“

Und so verfiel Sportchef Ralf Becker trotz des klaren 3:0 auch nicht in Euphorie. „Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, sagte Becker. „Aber natürlich dürfen wir dabei die erste Halbzeit nicht vergessen.“

Denn die bot reichlich Anlass zur Kritik. „Wir haben uns in der ersten Halbzeit sehr schwer getan“, analysierte Czichos. „Wir haben es nicht geschafft, einfach und mutig nach vorne zu spielen. Außerdem haben wir kaum Druck auf die Mainzer ausgeübt und sie viel zu viel spielen lassen.“ Torhüter Kenneth Kronholm wusste aber auch: „Die Mainzer haben sich auf uns gut eingestellt und die Räume gut zugestellt.“

Am kommenden Wochenende in Magdeburg hofft der Keeper auf ein anderes Spiel. „Das wird ein anderes Spiel, der Gegner wird anders auftreten als die Mainzer hier.“ Czichos hofft derweil auf einen positiven Effekt des Heimsiegs. „Dieses 3:0 gibt uns weiteres Selbstvertrauen.“ Fetsch ist sich zudem bewusst, dass es jetzt eine andere Qualität wichtig wird. „Wir müssen es jetzt schaffen, auch Konstanz in unsere Leistungen zu bringen“, betonte der Stürmer. Das allein könnte schon reichen, um in der abermals extrem ausgeglichenen 3. Liga wirklich ein ernsthafter Aufstiegskandidat zu werden. „Wenn wir so mutig spielen wie in der zweiten Halbzeit, hat es jeder Gegner schwer gegen uns“, betonte Czichos.

Anfang belohnte die Leistungssteigerung mit zwei freien Tagen. „Die Jungs sollen bis Dienstagmittag mal den Kopf frei bekommen“, erklärte der neue Coach und meinte damit nicht nur Patrick Herrmann, der ein Knie von Aaron Seydel an den Kopf bekommen hatte. „Ein kurzer Filmriss“, sagte der Verteidiger, der sich an den Zusammenprall gar nicht erinnern konnte, aber zunächst noch einige Minuten weiter spielte. Der Kopf dürfte auch dem einen oder anderen noch brummen. „In den letzten Wochen haben die Spieler viele neue Informationen zu verarbeiten gehabt“, sagte Anfang. „Dass da noch nicht alles von heute auf morgen klappt, ist verständlich. Etwas Geduld werden wir auch weiterhin brauchen.“

Der Trainer selbst wird die freien Tage nutzen, um erstmals seit Wochen seine Familie in Pulheim zu sehen. „Dazu war zwischen den Spielen keine Zeit. Es war ja schon kaum Gelegenheit, um auf dem Platz die Dinge zu erarbeiten, die sonst in einer Vorbereitung einstudiert werden.“ Die Länderspielpause nach dem Magdeburg-Spiel dürfte auch vor diesem Hintergrund von zusätzlicher Bedeutung sein.

In Magdeburg dürften dagegen auch die Bonbons wieder ins Spiel kommen. Zumindest bis zur nächsten Heimniederlage dürfte Anfangs Ritual ein Auswärtsritual bleiben.
Aufrufe: 026.9.2016, 13:15 Uhr
SHZ / cjeAutor