2024-05-02T16:12:49.858Z

Im Nachfassen
Fehlschuss: Tim Siedschlag scheitert mit seinem Elfmeter, freute sich aber über das verspätete „Nachschuss-Tor“.Lühn
Fehlschuss: Tim Siedschlag scheitert mit seinem Elfmeter, freute sich aber über das verspätete „Nachschuss-Tor“.Lühn

Gut für die Moral - Holstein Kiel hat Platz drei im Visier

Rafael Czichos: „Dieser Punkt kann in der Endabrechnung noch wichtig werden“

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Der Kapitän brachte es auf den Punkt. „Vor dem Spiel wäre ich mit einem Unentschieden unzufrieden gewesen“, sagte Rafael Czichos. „Jetzt glaube ich, dass es ein gewonnener Punkt war.“ Der Ausgleichsschütze bezog das gleichsam auf die Tabelle wie auch auf die Gefühlslage. „Dieser Punkt kann in der Endabrechnung noch wichtig werden“, erklärte der Verteidiger.

„Für die Moral war es ohnehin ein Punktgewinn.“ Für die Einstellung der Kieler sprach am Sonnabend nicht nur die Druckphase nach dem Rückstand. Auch dass sich gleich mehrere Holstein-Spieler nach dem erlösenden Ausgleich den Ball sichern wollten, um möglichst wenig Zeit zu verlieren, dokumentierte das gemeinsame Interesse: Der Sieg sollte noch her.

„Da muss man die Mannschaft von außen fast ein wenig bremsen“, sagte Trainer Markus Anfang. „Mit etwas Pech kann das ja auch noch nach hinten losgehen.“ Sportchef Ralf Becker ergänzte: „Die Mannschaft hat eine tolle Moral bewiesen. Nach dem Rückstand muss man mit diesem Punkt auch mal zufrieden sein.“

Beide Trainer reklamierten in ihrer Spielanalyse letztlich, näher am Sieg gewesen zu sein. „Wir hatten die besseren Chancen und hätten bei einem der Konter das zweite Tor machen müssen“, sagte FCM-Trainer Jens Härtel. Dem entgegnete Anfang: „Wenn eine Mannschaft hätte gewinnen können, dann wir.“ Wirklich stichhaltige Argumente hatten beide Trainer letztlich nicht auf ihrer Seite. Die Magdeburger hatten viel zu wenig in das Spiel investiert, die Kieler sich letztlich nicht genügend klare Chancen erarbeitet, um das Spiel gewinnen zu müssen.

Das hätte anders aussehen können, wenn man dem FCM nicht einen Treffer ermöglicht hätte. „Viel haben die ja nicht gehabt“, sagte Czichos nicht zu Unrecht – einzig Standards und später folgende Konter brachten Holsteins Tor in Gefahr. „Aber die nutzen eben ihre eine Chance.“ Der Kapitän stellte fest: „Das müssen wir besser verteidigen. Allerdings weiß ich im Moment nicht wie.“

In der komplexen Situation waren es Kleinigkeiten an mehreren Stellen. Tim Siedschlag störte den Passgeber Tobias Schwede, ohne das Abspiel zu verhindern, Dominik Schmidt wusste nicht, ob er sich zu Michel Niemeyer oder dem auf den Flügel ausgewichenen Torjäger Christian Beck orientieren sollte. So musste hier der in dieser Szene freie Mann Czichos hin – doch Niemeyer ließ den Ball einfach durchrutschen. Am Ende kam Christopher Lenz gegen Torschütze Kath zu spät. „Ich war noch dran, habe den Ball aber nur noch mit der Sohle abfälschen können“, sagte der Linksverteidiger. Dadurch war er für Kenneth Kronholm unhaltbar geworden.

Anfang haderte ein wenig mit dem „wahnsinnig tief stehenden Gegner“, der sich nach dem Führungstor noch weiter zurückgezogen hatte. „Wir waren gefühlt 25 Minuten nur in der gegnerischen Hälfte“, sagte er. „Aber es ist sehr schwer, einen freien Mann zu finden, wenn der Gegner da ständig in Überzahl ist.“ So wollte er es nicht als große Kritik verstanden wissen, wenn er feststellte: „Wir sind nicht entscheidend in die Box gekommen. Wir haben da keine Abnehmer gefunden.“

Zwei Mal hatten die Fans den Ausgleichsjubel schon auf den Lippen. Doch Marvin Ducksch versagte frei vor dem Tor. „Wenn man da von hinten zusieht, ist das schon frustrierend“, gestand Czichos, schickte aber gleich hinterher: „Das passiert. Marvin wird noch wichtige Tore für uns machen.“ Beim Elfmeter übernahm dann Tim Siedschlag Verantwortung. „Ich hatte den letzten verwandelt“, erklärte er und erinnerte auch an ein Spiel gegen Weiche, in dem er auch als Gefoulter getroffen hatte. Die alte Fußballer-Regel (wonach der Gefoulte nie selbst schießen soll) habe demnach für ihn keine Rolle gespielt. „Ich habe mir eine Ecke ausgesucht. Leider hat der Torwart die gleiche genommen“, so Siedschlag. Dass der Ball nicht platziert geschossen war, erleichterte dem Keeper die Aufgabe.

Anfang nahm den verschossenen Strafstoß hin. „So etwas passiert. Er hat sich sicher gefühlt. Ich halte nichts davon, vorher zu bestimmen, wer schießen soll. Siedo hatte vorher verwandelt, auch Dominick Drexler.“

Ein Tor mehr hätten die Kieler auch sonst nicht erzielt. Schließlich war der anschließende Eckball drin. „Ich muss mich bei Rafa bedanken. Das war ja quasi der Nachschuss“, konnte Siedschlag schon wieder schmunzeln. Und auch Czichos nahm seinen Treffer mit Humor. „Der Torwart war auch da noch dran. Aber das war ja quasi ein Kopfballtorpedo“, sagte der 26-Jährige.

In der Tabelle änderte sich für die „Störche“ nicht viel. Bei einem Sieg in Lotte winkt (wieder einmal) Platz drei. „Das wird ein unangenehmes Spiel“, sagte Czichos. „Lotte spielt unorthodox.“ Anfang wies schon einmal darauf hin, bei zwei anstehenden englischen Wochen unter Umständen die Kräfte dosieren zu wollen.
Aufrufe: 027.3.2017, 13:00 Uhr
SHZ / cjeAutor