2024-05-10T08:19:16.237Z

Transfers
Um Missverständnissen vorzubeugen: Bei dieser jungen Dame handelt es sich um eine Fußballspielerin. F: Zink
Um Missverständnissen vorzubeugen: Bei dieser jungen Dame handelt es sich um eine Fußballspielerin. F: Zink

Hammer aus Italiens Oberhaus

Valentina Maceri (19) verstärkt künftig die Fußballerinnen des 1. FC Nürnberg

Von der Champions League mit Verona CF zu den Fußballerinnen des 1. FC Nürnberg in die Regionalliga: Valentina Maceri (19) gilt nicht nur als erhebliche Verstärkung für den Aufsteiger, sondern die Nürnbergerin mit italienischen Wurzeln hat mit ihrem Wechsel auch eine außergewöhnliche Entscheidung getroffen.
Einem jungen Mann mit dem fußballerischen Talent wäre die Profilaufbahn geebnet; für ihn ginge es um Hunderttausende, wenn nicht Millionen. Ein freiwilliger Wechsel in die Drittklassigkeit würde jede Menge Schlagzeilen produzieren.

Valentina Maceri ist jedoch eine junge Frau – und im Frauenfußball geht es zwar tendenziell aufwärts, aber das, was ebenso unschön wie richtig „der Spielermarkt“ genannt wird, ist nur in engem Rahmen vorhanden. Für ihre knapp 20 Jahre spielt sie zwar erstaunlich gut Fußball, hat jedoch Angebote von italienischen und deutschen Erstligisten ausgeschlagen – und sich für den 1.FCN entschieden. In der Regionalliga.

Klare Vorstellungen

„Wenn ich ein Spieler wäre, säße ich sicherlich nicht hier im Gespräch mit Ihnen“, sagt Valentina Maceri mit einem entwaffnenden Lächeln. Trotz ihrer Jugend weiß sie, von was sie spricht, kann sie doch nicht nur gut mit dem Ball umgehen, sondern hat klare Vorstellungen von dem, was sie will. Dafür war die Saison 2012/13 beim Erstligisten Verona sehr lehrreich, sogar so etwas wie eine Zäsur, „hat sich für meine Entwicklung sportlich und privat gelohnt“.

Die Bilanz auf dem Rasen konnte sich mit Platz drei in der Meisterschaft, der Niederlage erst im Pokalendspiel und dem Aus in der Champions League im Achtelfinale gegen Malmö durchaus sehen lassen. Und auch finanziell reichte es „aktuell zum Leben, gut sogar“. Zu mehr allerdings nicht.

Als sie dann mitbekam, dass einige der älteren Spielerinnen nach dem Ende der Karriere keine andere berufliche Basis als den Fußball aufzuweisen hatten, kamen Zweifel auf mit der Erkenntnis: „Dafür habe ich mein Abitur nicht gemacht.“ Gespräche mit den Eltern, Freunden und Bekannten ließen den Entschluss reifen, der beruflichen Ausbildung Priorität einzuräumen. Das Ergebnis: Rückkehr nach Nürnberg und ab Oktober ein dreijähriges Studium mit den Schwerpunkten Sport-, Event- und Medienmanagement. Für Valentina Maceri als „Familienmensch“, der das eine Jahr Trennung vom gewohnten Umfeld trotz aller positiven Erfahrungen doch schwer gefallen ist, idealerweise in ihrer Geburtsstadt möglich.

Für Schlagzeilen reicht das zwar nicht. Für Peter Wießmeier, den Trainer des Regionalliga-Aufsteigers 1.FC Nürnberg, ist ihre Rückkehr jedoch „ein Knaller, ein Hammer für einen Verein wie uns, kenne ich Valentina doch schon seit der Jugend“. Vom Club war sie in der Winterpause der Saison 2009/10 mit gerade 16 Jahren zum Zweitligisten TSV Crailsheim gewechselt, als U17-Nationalspielerin.

Aus dieser Zeit kennt sie Lena Lotzen (FC Bayern), Melanie Leupolz (Freiburg), Jennifer Cramer (Potsdam) und Luisa Wensing (Wolfsburg), die jetzt bei der EM für die deutsche Nationalmannschaft spielen. Verständlich daher, dass sie das Viertelfinalduell via Bildschirm besonders interessiert verfolgt hat, standen mit Melania Gabbiadini und Federica Di Criscio bei Italien doch zwei Spielerinnen auf dem Feld, mit denen sie in Verona gespielt hat. „Daumen habe ich für keinen gedrückt“, sagt Valentina Maceri, gefreut hat sie sich besonders für Lena Lotzen über den deutschen Sieg. „Kein gutes Spiel“ attestierte sie den deutschen Frauen, „die endlich ihre Sicherheit und ihren Spielfluss finden müssen, wenn sie ins Endspiel kommen wollen“. Titelfavorit war für sie die im Viertelfinale gescheiterte Auswahl Frankreichs.

Die Skepsis vor allem des Vaters, selbst begeisterter Fußballer und als Römer leidenschaftlicher Fan der Roma, gegenüber dem Hobby seiner Tochter war spätestens mit der Berufung in den DFB-Jugendkader verflogen. Die heimlichen Treffen zum Straßenfußball mit den Freuden ihres älteren Cousins hatten Wirkung gezeigt. Durchsetzungskraft hat sie da gelernt und mit zehn Jahren durfte sie endlich in einen Verein; ein Lehrer hatte ihr Talent entdeckt und der Post-SV „eine reine Mädchenmannschaft“, so dass die elterlichen Bedenken ausgeräumt werden konnten.

Die Leidenschaft für das Spiel mit dem Lederball bestimmte danach den Weg. „Fußball ist mein Leben“ hat Valentina Marceri in ihrem ersten Interview dem Hohenloher Tagblatt gesagt – und obwohl das etwas relativiert wurde, auf den Fußball verzichten will und kann sie nicht. Beruflich nicht, unterstrichen durch die Wahl ihres Studiums und bestärkt durch ein viermonatiges Praktikum im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Nürnberger Bundesligisten, „das mir gut gefällt und sehr viele neue Eindrücke vermittelt“. Und privat nicht, siehe das Engagement bei den Nürnberger Fußballerinnen. Da ist sie im Gespräch (noch) ganz Profi, spricht davon, der Mannschaft helfen zu wollen, in der Regionalliga Fuß zu fassen. „Vielleicht ist auch nach oben etwas möglich“, fügt sie noch an, könne in drei Jahren doch einiges passieren – so lange dauert ihr Studium und so lange will sie beim Club spielen.

„Am liebsten hinter den Spitzen“, wie sie sagt. Als Stärken nennt sie, „auch wenn das eigentliche andere beurteilen sollten“, ihre gute Technik und Schnelligkeit. Schwächen räumt sie im Kopfballspiel ein, vor allem aber in der Effektivität vor dem Tor. „Da suche ich zu wenig den Abschluss, muss ein bisschen egoistischer werden.“ Aussicht auf Besserung ist jedoch gegeben, heißt ihr Lieblingsspieler neben Francesco Totti, dem Urgestein der Roma, doch Mario Balotelli, der neue Torjäger Italiens von der AC Milan.

Außerdem: Das Toreschießen sollte Valentina Maceri bei ihrem ungebremsten Ehrgeiz in der Regionalliga etwas leichter fallen als zuletzt in Verona – dem Studium zum Trotz.

Aufrufe: 025.7.2013, 15:52 Uhr
Peter Wieland (Nürnberger Nachrichten)Autor