"Guben wird kein Zuckerschlecken"

Charlie, sechs Jahre haben Sie im Nachwuchs vom FCE gespielt und von einer Profikarriere träumen dürfen. Dann sind Sie aber zurück in ihre Heimat gegangen, um dort ihr erstes Männerjahr zu spielen. War in Cottbus kein Platz für Sie?
Ich hätte in der U 23 weiterspielen können, wollte aber einen anderen Weg einschlagen. Und da ich ja von dort komme, war Brieselang die richtige Option.

Warum hat es nicht geklappt? Immerhin waren Sie Vize-Kapitän der erfolgreichen U 19?
Ich fand es auch ein bisschen kurios, im Gegensatz zu anderen Jungs aus unserer A-Jugend durfte ich nicht ein einziges Mal bei den Profis mittrainieren.

Gab es andere Angebote?
Es gab Anfragen aus der Regionalliga, aber das wollte ich nicht probieren. In der vierten Liga kannst Du für den Moment gutes Geld verdienen, aber für eine Ausbildung bleibt keine Zeit. Das war mir zu unsicher. Also fange ich bald eine Ausbildung zum Automobilkaufmann an und kann in Brieselang trotzdem auf ordentlichem Niveau Fußball spielen.

Brieselang ist in den letzten vier Jahren dreimal aufgestiegen und ist jetzt schon wieder Erster. Wo soll denn die Reise hingehen?
Als Aufsteiger war der Klassenerhalt das Ziel. Aber so wie die ersten Spiele verlaufen sind, müssten wir schon oben mitspielen können.

Jetzt fahren Sie zum Verfolger. Was erwarten Sie?
Ich kenne die Mannschaft von Guben nicht, aber sie ist auch ungeschlagen. Es wird also kein Zuckerschlecken.

Vor einem halben Jahr haben Sie mit Energie im U 19-Pokalfinale gestanden und vor 4000 Augenzeugen im Stadion und nochmal 100 000 Fernsehzuschauern gespielt. Nun gucken Ihnen in der Regel 150 Menschen beim Spielen zu. Ist das nicht ernüchternd?
Ein bisschen, aber das ist nicht schlimm. Das Pokalfinale war etwas Außergewöhnliches und vielleicht hatte man auch die Hoffnung, in diesem Spiel nochmal aufzufallen. Letztlich bin ich aber zufrieden mit meinem Weg in Brieselang. Manch einer hat diese Entscheidung nicht verstanden. Ich bin aber derjenige, der dieses Leben leben muss.

Mit Charlie Graf sprach Steven Wiesner