2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
Christian Brand gibt Kolja Pusch letzte Anweisungen vor seiner Einwechslung.  Nickl Foto:
Christian Brand gibt Kolja Pusch letzte Anweisungen vor seiner Einwechslung. Nickl Foto:
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Glückseliger Jahn widmet Sieg Helfern

Die Fans legen eine Nachtschicht ein, um das Spielfeld vom Schnee zu befreien +++ Die Mannschaft bedankt sich mit einem Sieg

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Am Samstag kurz vor 16 Uhr gab es im Stadion des SSV Jahn Regensburg ungewöhnliche Szenen zu beobachten. Spieler der Heimmannschaft tobten ausgelassen umher und lagen sich mit ihren Fans in den Armen. Der Grund dafür: Der Jahn hat ein Spiel in der 3. Liga gewonnen. Und er hat sich diesen Sieg nicht erzittert oder erduselt, nein, der zuletzt so geprügelte Tabellenletzte fertigte Borussia Dortmund II völlig verdient und souverän mit 3:0 ab.

Vielleicht wird beim Jahn in ein paar Monaten ehrfürchtig von diesem Januar-Wochenende 2015 gesprochen werden. Von dem Wochenende, an dem eine komplett zerrüttete Vereinsfamilie wieder zueinander fand. Vor der Winterpause hatte es ein Zerwürfnis mit den Fans gegeben. Diese verhöhnten Spieler und den Sportchef, Torwart Stephan Loboue bezeichnete sie daraufhin als Vollidioten.

Schiedsrichterin gibt grünes Licht

Loboue ist nun weg - dafür kam der Schnee. Kurzfristig hatte der Klub am Freitag zur Rettungsaktion für das zentimeterhoch bedeckte Spielfeld eingeladen. In Scharen eilten die Jahn-Fans mit der Schneeschaufel zum Stadion. Da es am Abend abermals schneite, arbeiteten die Treuesten sogar nachts weiter. Samstagmittag war der Platz dann frei. Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus entschied nach einer Besichtigung, dass gespielt werden kann.

Jahn-Coach Christian Brand schickte ein völlig neu formiertes Team auf den Platz. Mit Stürmer Marco Königs, Mittelfeldmann Marvin Knoll, Außenverteidiger Marcel Hofrath und Torwart Richard Strebinger standen gleich vier Spieler in der Startelf, die erst im Winter nach Regensburg gekommen waren. Von Anlaufschwierigkeiten war dennoch nichts zu sehen. Der Jahn legte los wie die Feuerwehr und hatte bereits nach fünf Minuten eine gute Torchance. Marco Königs versuchte es mit einem Hackentrick, wurde aber abgeblockt. Später scheiterte zwar auch Steininger mit seinem Schuss am Dortmunder Keeper Hendrik Bonmann, in der 24. Minute konnten die Jahn-Fans aber endgültig feiern. Der neue Kapitän Markus Palionis stand nach einer Vorlage von Hofrath goldrichtig und verlängerte den Ball zum 1:0 ins Tor.

Der Treffer war der verdiente Lohn für einen bis dahin sehr couragierten Auftritt der Regensburger. Immer wieder verlagerten sie mit Seitenwechseln geschickt das Spiel und kamen so in Strafraumnähe. In der eigenen Abwehr hielten sie die Dortmunder stets ein gutes Stück vom Tor weg. Erst in der 39. Minute entwischte ihnen mal einer der Borussen. Da hatte Tammo Harder aber gleich eine dicke Chance. Zum Glück für den Jahn ging sein Schuss knapp vorbei. Direkt darauf schwächten sich die Dortmunder aber selbst. David Solga ging gegen Königs ungeschickt zu Werke und erhielt dafür die Gelb-Rote Karte (42.).

Kolja Pusch kommt und trifft

An die Überzahl mussten sich die Regensburger in der zweiten Halbzeit zunächst scheinbar etwas gewöhnen. Ein paar Minuten warteten sie ab und ließen die Dortmunder im Mittelfeld gewähren. Da die Borussen aber bis auf einen Schuss von Stankovic nicht wirklich etwas zustande brachten, gab der Jahn langsam wieder Gas. Den entscheidenden Impuls setzte Coach Brand. Der wechselte in der 62. Minute Kolja Pusch für Andy Geipl ein - und der Neue, der erst diese Woche verpflichtet worden war, hatte einen unglaublichen Einstand. Nur drei Minuten, nachdem er den Rasen betreten hatte, nutzte er einen Ballverlust der Dortmunder, lief auf und davon und verwandelte im Nachschuss zum 2:0 für die Regensburger (65.). Die Messe im Jahn-Stadion war damit gelesen. Der starke Knoll und Uwe Hesse hatten weitere Torchancen, am besten zielte aber Hofrath, der in der 90. Minute zum 3:0-Endstand traf.

Eine lange Durststrecke ging zu Ende. Nach dem 2:0-Erfolg am 18.Oktober 2014 gegen Großaspach war der Jahn in den folgenden acht Spielen ohne Sieg geblieben. Gleichzeitig endete die böse Serie von Trainer Brand. Nach fünf Niederlagen in Folge unter seiner Regie durfte er seinen ersten Sieg feiern. Nach dem Spiel widmete er den Erfolg ,,allen Helfern, die diese Partie möglich gemacht haben". Auch BVB-Coach David Wagner lobte die Jahn-Helfer und deren Einsatz: ,,Das verdient Respekt." Dem schloss sich Hans Rothammer an. Der Vorstandsvorsitzende bedankte sich gerührt ,,bei allen, die den Verein so fabelhaft unterstützt haben".

"Riesen-Kompliment" vom Coach

Natürlich bekamen die Jahn-Spieler von ihrem Coach ebenfalls ein ,,Riesen-Kompliment" ausgesprochen: ,,Alle Neuzugänge haben sofort verstanden, um was es hier geht. Das ist zwar nur ein erster Schritt, aber einer, auf, den man aufbauen kann", sagte Brand. In der Tat: Mit dem Sieg beim Neustart in die Restserie hat der Jahn den Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz zumindest von ursprünglich neun auf sechs Punkte verringert.

Torschütze Kolja Pusch konnte sein Glück derweil kaum fassen. ,,Es freut mich sehr, dass ich für ein kleines Polster sorgen konnte", sagte der 21-Jährige Ex-Chemnitzer. Mit dem gleichaltrigen Marcel Hofrath, der einen Assist und ein Tor beisteuerte, hatte noch ein weiterer ehemaliger Chemnitzer einen Einstand nach Maß. ,,Die Mannschaft ist so aufgetreten wie es besprochen war. In unserer Situation ist jede Partie wie ein Pokalspiel mit K.o.-Charakter", sagte der starke Außenverteidiger. Die neue Nummer eins zwischen den Pfosten, Richard Strebinger, hatte gegen Dortmund wenig zu tun. Ein paar Flanken, einen 20-Meter-Schuss von Mustafa Amini, das war alles, was der 21-jährige abgreifen musste. ,,Wenn dann einmal mehr zu tun ist, dann bin ich dafür da", versprach der Österreicher, der erst in der vergangenen Woche vom Bundesligisten SV Werder Bremen ausgeliehen wurde.

Marvin Knoll, der viele gute Szenen hatte und auf Anhieb bewies, dass er eine Verstärkung ist, betonte, wie froh er sei, jetzt beim Jahn zu sein. In Sandhausen habe er zuletzt nicht viel gespielt, jetzt werde er wieder gebraucht. ,,Wir haben alles gegeben und verdient gewonnen", meinte der Mittelfeldspieler, der am Montag möglicherweise einen weiteren Teamkollegen bekommt. Sebastian Glasner (von Viktoria Köln ausgeliehen an Chemnitzer FC) wird als potenzieller Neuzugang gehandelt.

Zeit um den 29-Jährigen zu verpflichten, bleibt bis diesen Montag. Dann schließt das Transferfenster für die offiziellen Vereinswechsel. So lange muss Abwehrmann Christoph Rech aber gar nicht mehr warten. Ursprünglich wollte der Jahn den 21-Jährigen ausleihen, nun werde er doch in Regensburg bleiben, teilte Rech am Samstag mit.

Aufrufe: 01.2.2015, 18:00 Uhr
J. Scharf/H. ReichenwallnerAutor