2024-05-02T16:12:49.858Z

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Wann immer Heimspiele von Dynamo Dresden anstehen, muss sich die Polizei auf gewaltbereite Fans einstellen ? ob im Stadion oder davor. Foto: Robert Michael
Wann immer Heimspiele von Dynamo Dresden anstehen, muss sich die Polizei auf gewaltbereite Fans einstellen ? ob im Stadion oder davor. Foto: Robert Michael

Gewaltbereit in die Rückrunde

Mehr als 1 000 sächsische Fußballfans sind Randale nicht abgeneigt. Wie stark sind die Verbindungen zur rechten Szene?

Mit dem Ende der Winterpause rückt das Thema Gewalt im Fußball wieder in den Fokus. Dabei geht es nicht nur um Ausschreitungen an Spieltagen. Auch die Verflechtung von Hooligans mit rechtsorientierten Protestbewegungen beschäftigt Politik und Polizei.

Im sächsischen Landtag hat die Linksfraktion den Komplex auf die Tagesordnung gesetzt. Sie wählte das seltene Instrument der großen Anfrage. Diese trägt den Titel „Umgang mit unfairer Fankultur im Fußball“. Der neun Seiten umfassende Fragenkatalog widmet sich etwa der Anzahl gewaltbereiter Hooligans, rechtsextremen Straftaten im Umfeld von Spielen und Kosten für Polizeieinsätze. Zudem will die Linke wissen, ob es unter Anhängern sächsischer Vereine Verbindungen zu Gida-Gruppen oder den „Hooligans gegen Salafisten“ gibt. Bis März hat das Innenministerium Zeit für die Beantwortung.

Die jüngsten Ausschreitungen in Leipzig verdeutlichen die Brisanz der allerdings schon vorher gestellten Anfrage. Vor knapp zwei Wochen hatten im linken Szeneviertel Connewitz mehr als 200 Fußballhooligans randaliert.

Etliche waren Anhänger der Traditionsvereine Lok Leipzig und Hallescher FC. „Die 211 Personen waren zu einem nicht unerheblichen Teil bereits als ’rechtsmotiviert‘ und/oder ’Gewalttäter Sport‘ aktenkundig sowie aufgrund mitgeführter Utensilien dem Fußballfanklientel zuzuordnen“, wie die Polizei mitteilte. Zeitgleich demonstrierte die fremdenfeindliche Legida-Bewegung im Leipziger Zentrum. Auch ihre Initiatoren sind in der Leipziger Fußballszene verortet.

200 000 Stunden Polizeiarbeit

Abgesehen von solchen Verbindungen ist das Thema auch noch an einer ganz anderen Stelle heikel. Die Absicherung auch friedlicher Fußballspiele in Sachsen bindet immense Polizeikräfte. Allein in der vorvergangenen Saison leisteten die Beamten knapp 200 000 Arbeitsstunden, in der davor war sogar die 200 000er-Marke geknackt worden. 32 000 Beamte leisteten in der Saison 2013/14 Dienst beim Fußball in Sachsen, darunter auch Polizisten aus anderen Bundesländern.

Dabei ist die Zahl der Straftaten zurückgegangen – womöglich wegen der Polizeipräsenz, aber nach Meinung von Beobachtern auch durch die Arbeit von Fanprojekten. Die hohe Anzahl von Beamten bei Fußballspielen bleibt dennoch ein Politikum. Polizeigewerkschaften beklagen die Überlastung ihrer Kollegen und verweisen auf die Überstundenproblematik. Denn außer den Fußballpartien binden mittlerweile etliche Anti-Asyl-Protestzüge sowie Diebstahlsermittlungen Polizisten.

Sachsens Regierung will beim Personalabbau der Polizei gegensteuern. Eine interne Kommission empfiehlt die Aufstockung um 1 000 Stellen in den kommenden Jahren. Die politische Debatte um Sicherheit im Fußball hat aber auch noch andere Facetten. Die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD haben die Regierung beauftragt, unter anderem das Bremer Modell zu prüfen. Es sieht die Beteiligung der Fußballvereine an den Kosten für Polizeieinsätze vor. Dass es in Sachsen soweit kommt, ist allerdings unwahrscheinlich. Mehrfach hatte das Innenministerium betont, dass es auf einen Mix verschiedener Maßnahmen setze, um Fußball sicherer zu machen und damit den Aufwand für die Polizei zu verringern. Dazu zählt die Forderung nach personalisierten Tickets sowie die Förderung von Fanprojekten. In Einzelfällen wurden für Risiko-Spiele Zuschläge erhoben, der Erlös floss für zusätzliche Ordner.

Rund 1 200 sächsische Fußballfans gelten früheren Erhebungen zufolge als gewaltbereit, 275 als gewaltsuchend. Sollte die Linkenanfrage höhere Zahlen ans Licht bringen, erhält die Debatte weiter Fahrt. Vor allem mögliche Verbindungen zum Rechtsextremismus könnten sich durch die Asyldebatte vertieft haben, befürchten Sicherheitsexperten. Bislang galten vier teils allerdings nicht mehr aktive Fangruppen in Sachsen als rechtsextremistisch, in Leipzig, Chemnitz und Dresden.

Aufrufe: 024.1.2016, 20:27 Uhr
SZ / Thilo AlexeAutor