2024-05-08T14:46:11.570Z

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Pyrotechnik im Amateurfußball: kein Einzelfall, hier zu sehen in Voxtrup.Foto: NFV-Stadt
Pyrotechnik im Amateurfußball: kein Einzelfall, hier zu sehen in Voxtrup.Foto: NFV-Stadt

Gäste machen Randale - nur Gastgeber zahlt Strafe

Amateurfußball-Urteil im Fokus

Bremerhaven. Haben Fußball-Chaoten in Niedersachsen einen Freibrief für Krawalle? Bleiben Clubs ungestraft nach Ausfällen ihrer Fans? Das Verbandssportgericht des Niedersächsischen Fußballverbandes (NFV) hat im Fall des Skandalspiels der Bezirksligisten TSV Elstorf und TuS Celle FC im Dezember ein Urteil gefällt, das drängende Fragen aufwirft.

Das Spiel hatte überregional für Aufsehen gesorgt: Etwa 35 teilweise vermummte Anhänger des TuS Celle hatten zu Spielbeginn Pyrotechnik gezündet. Die Chaoten lieferten sich auch Auseinandersetzungen mit der Polizei, die erst mit zwei Streifenwagen angerückt war, aber Verstärkung holen musste. 20 Beamte und der Einsatz von Pfefferspray waren nötig, um die Situation in Elstorf unter Kontrolle zu bringen. Acht Anzeigen wurden ausgesprochen: wegen Bedrohung und Landfriedensbruch. Schiedsrichter Marcel Klein brach beim Stand von 2:1 für Celle das Spiel in der Halbzeit ab.

Das Bezirkssportgerichts hatte die Partie noch für Elstorf gewertet. Dieses Urteil hat das NFV-Verbandssportgericht aber nun kassiert und damit der Revision der Celler entsprochen. Nun ist am 26. April ein Wiederholungsspiel angesetzt. Dazu muss Elstorf eine Strafe von 200 Euro zahlen: Ausreichend Ordner hätten gefehlt. Eine Strafe gegen den TuS Celle hat das Verbandssportgericht dagegen zurückgenommen. Weil der TVS Elstorf gegen das Urteil keinen Widerspruch eingelegt hat, muss er nun als einziger der beiden am Spiel beteiligten Klub für die Vorfälle zahlen, obwohl sie von Chaoten aus dem Umfeld des Gegners verursacht worden sind.

Von einem „Skandalurteil“, spricht man beim TSV Elstorf. „Wir fühlen uns von der Sportgerichtsbarkeit und vom Verband im Stich gelassen und als Verlierer dieser unwürdigen Vorfälle, die am 10.12.2016 passiert sind“, teilte der Club mit. TSV-Fußball-Obmann Nils Gosebeck nennt das Urteil „erschreckend“. Es könne nicht sein, dass Celle „gar nicht bestraft wird und wir zahlen müssen“. Vor dem Wiederholungsspiel will er in jedem Fall Kontakt zur Polizei suchen. Elstorf behält sich zudem vor, „zivilrechtliche Schritte prüfen zu lassen. Das Urteil darf keine Schule machen“, heißt es in der Stellungnahme.

„Wir sind der Meinung, dass der Schiedsrichter die Situation glaubhaft geschildert hat. Der Spielabbruch war aus unserer Sicht richtig“, sagt Jörg Firus, Vorsitzender Richter des Verbandssportgerichts. Jedoch ergänzt er mit Blick auf den TuS Celle: „Anders als beim DFB gibt es im NFV keine rechtliche Grundlage dafür, dass die Klubs für das Verhalten ihrer Anhänger bestraft werden.“

Derselbe Sachverhalt hatte jüngst bereits dazu geführt, dass ein NFV-Sportgericht eine Strafe gegen GW Firrel zurückgenommen hat, obwohl ein Chaot, der aus dem Umfeld des ostfriesischen Klubs kommen soll, einen Schiedsrichter rassistisch beleidigt hatte. Dieses Urteil hatte einen beispiellosen Streik der Schiedsrichter im Bezirk Weser-Ems ausgelöst.

Im aktuellen Fall herrscht folgende Situation: Das Verhalten der Chaoten aus dem Umfeld des TuS Celle war nicht tragbar und hatte wohl korrekterweise den Spielabbruch zur Folge. Nur der TuS Celle als Verein darf dafür nicht bestraft werden. Eine Anpassung der NFV- Rechtsgrundlage werde zwar bald thematisiert, aktuell ließen die Verordnungen aber kein anderes Urteil zu, so Firus.

Das gegen den Abstieg kämpfende Elstorf hat nun drei Punkte und fünf Tore weniger auf dem Konto. Firus

sagt, ihm und seinen Kollegen waren rechtlich die Hände gebunden. Er weiß: „Der TSV Elstorf wird die Welt nicht mehr verstehen. Mir tut das für den Verein sehr leid.“

Das Wiederholungsspiel zwischen TSV Elstorf und TuS Celle FC wurde auf den 26. April terminiert. Und es könnte wieder ein heißblütiges Spiel werden. Im Sozialen Netzwerk Facebook haben die Celler bereits angekündigt, mit acht Bussen kommen zu wollen – sprich: mit jeder Menge Fans. Der TSV will vor der Partie mit der Polizei sprechen. Zudem soll die Zahl der Ordner verstärkt werden.

Aufrufe: 029.3.2017, 16:12 Uhr
Neue Osnabrücker ZeitungAutor