2024-05-10T08:19:16.237Z

Ratgeber Medizin
Der FuPa-Medizincheck mit Dr. Simeon Geronikolakis.
Der FuPa-Medizincheck mit Dr. Simeon Geronikolakis.

FuPa-Medizincheck: Krafttraining im Kinder- und Jugendalter

Regelmäßige FuPa-Serie +++ Tipps und Infos rund um Verletzungen im Sport

In unserem FuPa-Medizincheck geht es dieses mal darum, ob und wieweit ein Krafttraining an Geräten für Kinder und Jugendliche im Nachwuchsfußball sinnvoll ist. Wir haben mit Dr. Simeon Geronikolakis darüber gesprochen.

FuPa: Hallo Herr Dr. Geronikolakis, häufig kommt bei Fußballern im Kinder- und Jugendalter die Frage auf, ob und wieweit ein Krafttraining an Geräten sinnvoll ist. Unabhängig von Ihrer Funktion als Mannschaftsarzt der deutschen Junioren-Nationalmannschaften betreuen Sie auch viele weitere Fußballer unterschiedlicher Altersklassen. Ab welchem Alter empfehlen Sie ein zusätzliches bzw. integriertes Krafttraining?
Dr. Geronikolakis: Bei Kindern und Jugendlichen ist ein Krafttraining immer möglich, jedoch sollte streng darauf geachtet werden, dass dieses auch altersgerecht durchgeführt wird und die verschiedenen Entwicklungsstufen berücksichtigt werden. Es sind somit unbedingt Kenntnisse über Besonderheiten der Entwicklung und Leistungsfähigkeit notwendig.

FuPa: Welche Übungsformen sind Ihrer Meinung nach hierfür am besten geeignet?
Dr. Geronikolakis: Abhängig von der Entwicklungsstufe sind zunächst spielerisch gestaltete koordinative Übungen mit Kraftinhalten zu empfehlen und ein gerätegestütztes Krafttraining erstmal abzulehnen. Eine spezielle Kindergymnastik ist sinnvoll, mit dann auch funktionsgymnastischen Kräftigungs- und Beweglichkeitsübungen, so dass Gelenke, Sehnen und Bänder nicht übermäßig belastet werden.

Mit der Auflage der Technikbeherrschung und bedarfsgerechter Geräte, ist später auch ein gerätegestütztes Krafttraining möglich. Insbesondere beim Fußball wäre dann überwiegend auf ein sogenanntes intramuskuläres Koordinationstraining Wert zu legen. Hierdurch soll nicht die Muskelmasse, sondern die „Leistung“ des Muskels gesteigert werden, indem dieser lernt möglichst viele seiner Fasern anzuspannen.

FuPa: Welche Fehler werden am häufigsten gemacht?
Dr. Geronikolakis: Wie bereits erwähnt, ist ein nicht altersgerechtes Training der größte Fehler, der in diesem Alter gemacht wird. Es muss klar sein, dass generell das Kinder- und Jugendtraining nicht ein in Umfang und Intensität reduziertes Erwachsenentraining sein sollte.

Kinder sind nicht kleine Erwachsene! Neben der fehlerhaften individuellen Belastungsgestaltung (z.B. unangemessene Dosierung und Anpassung der Intensität und Dauer, unausgewogenes und einseitiges Training oder Trainieren im ermüdeten Zustand) sind darüber hinaus ein unzureichendes Aufwärmen, eine ungenügende Regeneration sowie eine fehlerhafte Technik bei der Übungsausführung die häufigsten Ursachen für Verletzungen und Überlastungsschäden durch das Krafttraining.

FuPa: Welche Verletzungen treten speziell im Fußball häufig auf?
Dr. Geronikolakis: Aufgrund der oben genannten Fehler, die beim Krafttraining gemacht werden, kann es zu einer mechanischen Überlastung kommen. So können zum Beispiel insbesondere Wirbelsäulenschäden und Sehnenprobleme auftreten. Auch der Muskelkater, ein Überlastungsschaden der Muskulatur mit typischem Beschwerdebild, wäre hier zu erwähnen, vor allem weil er oft nicht ernst genommen wird und die Vorstufe einer größeren Muskelverletzung darstellen kann.

Speziell beim Fußball werden trotz der immensen Bewegungsvielfalt die fußballspezifischen Muskelgruppen zu monoton belastet. Dadurch werden andere Muskelgruppen abgeschwächt und es kommt sehr häufig zu muskulären Ungleichgewichten. Es sollte daher darauf geachtet werden, dass
diese durch gezielte Krafteinheiten nicht verstärkt sondern eher ausgeglichen werden, um mögliche Folgen, wie zum Beispiel Leistenbeschwerden, Rückenschmerzen oder Knieprobleme, zu vermeiden.

FuPa: Herr Dr. Geronikolakis, wir bedanken uns für die Informationen und hilfreichen Tipps!

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Informationen zu Dr. Simeon Geronikolakis

Der in Ludwigsburg praktizierende Sportmediziner und Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ist insbesondere in Fußballerkreisen sehr bekannt. Als Sportarzt kümmert er sich schon seit vielen Jahren um die Betreuung von Spitzensportlern und Vereinen aus unterschiedlichen Sportarten, vor allem von mehreren Fußballmannschaften sowie einzelnen Amateur- und Profifußballern. Im Rahmen seiner Tätigkeit als DFB-Arzt betreut er seit Anfang 2013 zusätzlich die Junioren-Fußball-Nationalmannschaften und ist Teamarzt der deutschen U15-Nationalmannschaft.

In den letzten Jahren wirkte Dr. Geronikolakis unter anderem auch als Mannschaftsarzt beim VfB Stuttgart, betreuender Arzt der Kaderathleten des Olympiastützpunktes Stuttgart, Verbandsarzt des württembergischen Fußballverbandes (WFV), Referent in der Fußball-Lizenztrainerausbildung, Team-Arzt der deutschen Fußball-Amateur-Nationalmannschaft (mit dreimaliger EM-Quali- und zweimaliger EM-Endrunden-Teilnahme), Nationalmannschaftsarzt der deutschen Mannschaft der rhythmischen Sportgymnastik und leitender Arzt des entsprechenden Nationalmannschaftszentrums.

Ferner übernahm er auch schon die medizinische Betreuung von mehreren nationalen und internationalen Sportereignissen (u.a. Handball-WM 2007, Turn-WM 2007, Turn-Weltcups jährlich 2007-2014, Turn-Bundesliga 2008, Turn-Deutschland-Cup 2008, 6-Tage-Rennen 2008, Judo-WM 2009, Wasserball-Junioren-EM 2010, Bahnrad-WM 2011, U19-Damen-Fußball-EM-Eliterunde 2013, Weltcup der rhythmischen Sportgymnastik 2014, Weltmeisterschaft der rhythmischen Sportgymnastik 2015, UEFA Regions' Cups 2010-2015).

Nähere Infos über Dr. Geronikolakis unter www.dr-geronikolakis.de Eine Terminvereinbarung ist für unsere FuPa-Leser unter mail@dr-geronikolakis.de möglich. Leser können ihre Fragen via medizincheck-stuttgart@fupa.net an ihn richten.

Aufrufe: 025.2.2016, 08:00 Uhr
FuPa StuttgartAutor