2024-05-17T14:19:24.476Z

Ligavorschau
Die Neuverpflichtungen von Calcio Leinfelden-Echterdingen. Foto: Günter Bergmann
Die Neuverpflichtungen von Calcio Leinfelden-Echterdingen. Foto: Günter Bergmann

FuPa-Check: Calcio Leinfelden-Echterdingen

FuPa-Serie: Calcio Leinfelden-Echterdingen im Check für die neue Saison in der Landesliga Staffel 2

Der Vorjahresaufsteiger bläst zum Angriff auf die Spitzengruppe. Dafür wurden 13 neue und teils namhafte Spieler geholt, was rund um den Kader nun aber auch einige Fragezeichen mit sich bringt.

Den schwierigsten Gang der Saisonvorbereitung hat Cataldo Diletto bereits hinter sich. Es handelte sich um ein Vier-Augen-Gespräch in den eigenen vier Wänden, und zwar mit seiner Ehefrau Graziella, der es Unschönes zu eröffnen galt. Ob das Ganze mit einem zuckersüßen „Du, Schatz“ oder „Liebstes“ begann, ist nicht überliefert. Die eigentliche Kunde jedenfalls lautete, dass der bereits geplante dreiwöchige Familienurlaub in der italienischen Heimat dieses Jahr leider ausfallen muss.

Ja, der neue Job hat seinen Preis. Seit Mai ist Diletto Trainer bei Calcio Leinfelden-Echterdingen. „Ich habe eine Vorbildfunktion. Ich kann nicht von den Spielern verlangen, dass sie da sind, und dann selbst nicht zugegen sein“, sagt der 37-Jährige. Nicht wenige Beobachter hat es gegeben, die ungläubig staunten, als verlautbarte, dass Diletto nebst seinem Posten als stellvertretender Vereinschef auch tatsächlich dauerhaft jenen als Kommandogeber an der Seitenlinie übernimmt. Und auch jetzt muss er noch damit leben, dass ihm und seinem Tun eine partielle Skepsis entgegenschlägt, hatte er doch zuvor noch nie als Coach gearbeitet.

Kaderplanung stellt alle anderen Landesligisten in den Schatten

Eines kann man Diletto indes gewiss nicht vorwerfen: dass es ihm an Einsatzeifer, Leidenschaft oder gar Siegeshunger mangelte.Damit passt er ins Bild. Ehrgeiz, großer Ehrgeiz und Erfolgssehnsucht, das ist das, was sie gerade überhaupt kennzeichnet, die Verantwortlichen des Filderclubs. Ein Jahr lang haben sich die Echterdinger nach ihrem Wiederaufstieg in der Liga akklimatisiert, wobei schon da die interne Erwartungshaltung stets eine andere war als der schnöde Klassenverbleib. Nun, nach dem siebten Abschlussrang vom Juni, will Calcio durchstarten. Bei der Kaderplanung für die anstehende neue Runde lautete das Motto: nicht kleckern, sondern klotzen. Gute Kontakte und nicht zuletzt auch ein entsprechend gefüllter Geldbeutel stellten die Basis dar für eine Shoppingtour, welche alle Aktivitäten der Konkurrenz in den Schatten stellt. Zuletzt lief es wie beim Brezelbacken: zack, zack, zack. Noch ein Neuer und noch einer und noch einer.

Geworden sind es schließlich 13, darunter Akteure, von denen bis vor kurzem schwer vorstellbar war, dass sie sich in absehbarer Zeit in sportliche Niederungen wie die Landesliga begeben würden. Gemeint sind Denis Berger (32) und Shkemb Miftari (22). Mit deren Verpflichtung sind die Königstransfers geglückt. Beide haben Profikarrieren hinter sich – Berger als ehemaliger österreichischer U-21-Nationalspieler mit Stationen unter anderem beim VfB, in Bochum und Rostock, während Miftari das Trikot der Stuttgarter Kickers trug.

„An individueller Qualität haben wir extrem dazugewonnen“

Der eine soll fortan mit seiner Routine und seinem Spielverständnis der Taktgeber im Mittelfeld sein. Für den anderen wird der Auftrag vor allem aus einem bestehen: Tore schießen, bitte – viele Tore, nachdem in der vergangenen Saison kein Stürmer des Aufgebots auf eine zweistellige Trefferbilanz kam. „Wenn er in Form ist, hat er in dieser Spielklasse eigentlich nichts verloren“, sagt Diletto über Miftari, der beschlossen hat, sich fürs Erste beruflich neu zu orientieren. Insofern Glück für Calcio.

Darüber hinausbefinden sich unter den Einsteigern zumindest zwei weitere Spieler, die auf Anhieb unter den ersten Elf auftauchen dürften. Christopher Paurevic wurde aus Großaspach engagiert, um in der Innenverteidigung den abgewanderten Kaan Tosun zu ersetzen. Und Fatih Özkahraman gilt als aussichtsreichster Kandidat für die zweite Angriffsposition. Alles in allem ist die Zahl derer im üppigen 28-Mann-Aufgebot, die zumindest schon einmal in der Oberliga gegen den Ball getreten haben, auf zwölf angewachsen. „An individueller Qualität haben wir extrem dazugewonnen“, konstatiert der neue Spielleiter Elmar Schäfer – womit man dann allerdings auch bei einem Schlüsselpunkt wäre. Auch Schäfer weiß: Fußball ist kein Individual-, sondern ein Mannschaftssport. Die spannende Frage wird sein: funktionieren die Einzelkönner als Kollektiv? Wird es dem Trainernovizen Diletto gelingen, aus den vielen viel versprechenden Puzzleteilen ein stimmiges Ganzes zu bauen?

Disziplin auf dem Platz muss sich stark verbessern

Zuversichtlich zeigt sich Schäfer ob der „guten Mischung aus Alt und Jung“. Aber passt auch das Verhältnis zwischen Häuptlingen beziehungsweise Möchtegern-Häuptlingen und Indianern? Wie werden die „Stars“ damit umgehen, wenn dem ein oder anderen statt des beanspruchten Sonnenplatzes auf dem Rasen nur jener auf der harten Ersatzbank bleibt? Ergeben wird sich dies schon allein aufgrund der breiten personellen Auswahl zwangsläufig, auch wenn vier Kandidaten noch länger ausfallen. Ranko Malbasic, Gentian Lekaj und Onur Gökce befinden sich nach gravierenden Verletzungen im Aufbautraining. Und für den Verteidiger Aaron Nkansah ist die Hinrunde wegen eines Wadenbeinbruchs gar schon vorbei.

Dass sich im Ensemble der Echterdinger schwierige Charaktere befinden, hat schon die Vergangenheit gezeigt. Nicht von ungefähr lag Calcio 2014/2015 in einem Ranking am Ende abgeschlagen ganz hinten. Sage und schreibe 16 Platzverweise, darunter achtmal glatt Rot, bedeuteten einen rekordverdächtigen Wert in der Sünderkartei. Vor allem auch von einem Wandel im Bereich Disziplin dürfte mithin abhängen, ob der Filderclub sein sportliches Ziel erreicht. Dieses formuliert Schäfer vorsichtig: „Wir wollen vorne mitspielen.“ Den taktischen Fehler früherer Amtsträger aus Zeiten, als die Echterdinger schon einmal vor der Tür zur Verbandsliga scharrten und die Verantwortlichen zugleich den Aufstieg vollmundig als Vorgabe in die Fußballwelt trompeteten, den begeht der Spielleiter wohlweislich nicht.

Freilich: ob es etwas daran ändert, dass Diletto wie seine Vorgänger Gavranovic und Peccerella an einem Pulverfass mit kurzer Lunte sitzt, bleibt abwarten. Die immerhin definitiv gute Aussicht für ihn: im Winter dann steht Erholung an. Dann wird der soeben gestrichene Urlaub nachgeholt. So jedenfalls hat es der Coach seiner besseren Hälfte Graziella fest versprochen.

Aufrufe: 014.8.2015, 10:00 Uhr
Filder-Zeitung/Franz StettmerAutor