2024-05-02T16:12:49.858Z

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Wer hat die Ortsschilder beklebt? Die Schafhausener sind stolz auf den Aufstieg des FC Union, stehen aber vor einem Rätsel. Foto: Thorsten Pracht
Wer hat die Ortsschilder beklebt? Die Schafhausener sind stolz auf den Aufstieg des FC Union, stehen aber vor einem Rätsel. Foto: Thorsten Pracht
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Ein kleines Dorf feiert die große Sensation

Wer derzeit nach Schafhausen fährt, wird am Ortsschild im „Landesliga-Dorf“ begrüßt. Aufstieg feucht-fröhlich gefeiert. Zum letzten Spiel nach Gerderath fährt die Mannschaft mit dem Planwagen, dann geht es nach Mallorca

Hermi Jansen ist der Mann für alle Fälle beim FC Union Schafhausen. Seit 51 Jahren ist er Vereinsmitglied, seit knapp 30 Jahren Obmann. Was auch passiert in dem sympathischen Dorfverein, der 59-Jährige weiß Bescheid. Mit einer Ausnahme: Wer das mit den Ortsschildern war, das hat Hermi Jansen noch nicht rausbekommen. „Ich tippe aber auf den Trainer“, sagt er mit einem vielsagenden Grinsen.

„Etwas Einmaliges“

Irgendwann waren die Aufkleber über den Ortsschildern einfach da. „Landesliga-Dorf“ steht da jetzt gut sichtbar, Schwarz auf Gelb. Jeder soll wissen, was hier am letzten Sonntag geschafft wurde: der Aufstieg in die Fußball-Landesliga. „Die Mannschaft hat etwas Einmaliges für den Ort geleistet“, sagt Jansen. Der Vereinsvorsitzende Christoph Janßen formuliert es so: „Was den Fußball angeht, sind wir jetzt das sportliche Aushängeschild der Stadt Heinsberg.“ Wer verstehen will, warum man diese Leistung gar nicht hoch genug bewerten kann, muss die Voraussetzungen kennen. Im Fußball bekommen Spieler selbst in den Kreisligen schon Aufwandsentschädigung oder Fahrgeld. In Schafhausen beträgt der Etat für solche Zahlungen null Euro. „Bei uns geht es völlig ohne Geld. Wir haben nur Jungs, die Spaß am Fußball haben. Das glaubt einem fast keiner“, erzählt Hermi Jansen. Aus Aachen, Düsseldorf oder Köln kommen die jungen Spieler, oft Studenten, nach Heinsberg. Kapitän Sebastian Kranz fährt für jede Trainingseinheit knapp 130 Kilometer von Hennef nach Heinsberg.

Teamgeist, Kameradschaft, Enthusiasmus, wer mit Jansen und Janßen spricht, hört solche Vokabeln. „Wir können nur mit dem sportlichen Anreiz locken“, sagt der Vereinsvorsitzende. Zu diesem Paket gehört auch Trainer Jochen Küppers, der sich das Prädikat „positiv verrückt“ redlich verdient – nicht nur wegen seiner (mutmaßlichen) Idee mit den Ortsschildern.

Ziemlich verrückt war auch die Aufstiegsfeier. Wegen des Ortsturniers stand eh ein Bierwagen am Sportplatz, die Ausgangslage war also ziemlich gut. Im Vereinslokal Dohmen ging die Sause weiter, bis das Team der örtlichen Gaststätte gegen fünf Uhr morgens Feierabend machte. „Wir haben dann im privaten Rahmen noch weitergefeiert“, weiß Hermi Jansen zu berichten. Der Trainer sei gegen sieben Uhr morgens noch im Dorf gesichtet worden.

Und da in Schafhausen ohnehin fast jeder Mitglied in mehreren Vereinen ist, ob Union, Karneval oder Schützen, hat irgendwie das ganze Dorf den Aufstieg des FC gefeiert. „Eigentlich ist Schafhausen sowieso ein großer Verein“, sagt Christoph Janßen. Nächste Woche legt der FC Union noch einmal nach. Zur letzten Partie der Saison reist die Mannschaft im Planwagen nach Gerderath, danach steigen die Spieler ins Flugzeug nach Mallorca. Die Abschlusstour dürfte nach Schafhausener Art verrückt-fröhlich werden.


Die Exoten der Liga

Und dann? „Wir sind sicher die Exoten in der Landesliga“, sagt Christoph Janßen. Eine „spannende Herausforderung“ sei das, auf die sich der Verein freue. „Wir bleiben ein Dorfverein, der arbeitet wie ein Kreisligist“, sagt Hermi Jansen. Den Bus bestellen, bei Heimspielen den Schiedsrichter betreuen, Plakate aufhängen – an seinen Aufgaben als Obmann werde sich nichts ändern, sagt Hermi Jansen. Auch in der Landesliga werde Union zu vielen Auswärtsspielen mehr Zuschauer mitbringen, als der Heimverein aufbietet.

Nur eine Sache bereitet den Verantwortlichen Jahr für Jahr Sorgen. „Beim letzten Heimspiel wollte der Schiedsrichter aus Köln wissen, ob wirklich auf diesem Platz gespielt wird“, erzählt Hermi Jansen. In der Tat ist der Rasen auf dem Sportplatz Im Kuhlert vorsichtig formuliert ziemlich holprig. „Der Platz liegt nun mal frei und ist unheimlich stark frequentiert“, begründet der Obmann – und betont, dass dies ausdrücklich kein Problem der Stadt sei. „Die tut, was sie kann.“ Mit der Zeitumstellung beginnt für die Schafhausener wegen des fehlenden Flutlichts zudem wieder die Suche nach Ausweichplätzen. „Wir hoffen, dass die Stadt in diesem Sommer vielleicht noch etwas mehr machen kann, als sie es ohnehin schon tut“, sagt der Vorsitzende Christoph Janßen.

In jedem Fall wollen die Exoten vom Dorf in der Landesliga den einen oder anderen Gegner ärgern. „Der Klassenerhalt wäre die nächste Riesensensation“, sagt Hermi Jansen. Sollte der gelingen, werden sie in Schafhausen wieder richtig feiern.

„Wir bleiben ein Dorfverein, der arbeitet wie ein Kreisligist.“

- Hermi Jansen, Obmann des FC Union Schafhausen

Aufrufe: 07.6.2017, 10:00 Uhr
Thorsten Pracht | AZ/ANAutor