2024-05-08T14:46:11.570Z

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Der scheidende Coach und sein Musterschüler: Neustadts Trainer Klaus Gallmann (rechts) und Stürmer Sam Samma wollen nicht als tragische Unvollendete in die Verbandsliga-Geschichte eingehen.  | Foto: Wolfgang Scheu
Der scheidende Coach und sein Musterschüler: Neustadts Trainer Klaus Gallmann (rechts) und Stürmer Sam Samma wollen nicht als tragische Unvollendete in die Verbandsliga-Geschichte eingehen. | Foto: Wolfgang Scheu

FC Neustadt: Bereit zum letzten Schritt

Neustädter sammeln Kräfte vor dem Herzschlagfinale beim Freiburger FC

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Man muss ihn entschlossen gehen wollen, den letzten, entscheidenden Schritt. Wie nach der Belagerung eines Achttausenders fühlen sich die Fußballer des FC Neustadt. Die Kräfte sind fast aufgezehrt, der Gipfel der Sehnsucht so nah – über einem gähnenden Abgrund. Dass die Neustädter am kommenden Wochenende im Abstiegs-Endspiel beim Freiburger FC aus eigener Kraft den Klassenerhalt schaffen können, ist bemerkenswert. Zu verdanken haben sie das unerschütterlichem Wir-Gefühl, zwei fußballverrückten Trainer-Brüdern und einem Vollblut-Stürmer: Sam Samma.

Sie wollten dann erst mal weg von den Schulterklopfern und den Zögerern, die ihnen das nicht wirklich zugetraut hatten. Und so stürmten die Neustädter Fußballer nach dem mit Verve, Biss und unerschütterlichem Selbstvertrauen erkämpften 3:1-Heimsieg gegen den SV Endingen nicht vom Platz sondern dorthin, wo jedes Spiel mit Hoffnung beginnt. Rund um den Anspielpunkt formten die Blauen einen Kreis des Vertrauens, knufften den dreifachen Torschützen Sam Samma und umarmten sich. Mitten drin in diesem Knäuel: die Trainer Klaus und Benjamin Gallmann, die Pfadfinder des Erfolgs.

Diese menschliche Wagenburg am Mittelkreis des Neustädter Rasenplatzes ist ein Bild, das bleiben wird. Weil es zeigt, was Fußball ausmacht: Wir-Gefühl. Ein Bild, das zeigt, was mit dem Willen zur Maloche, Fleiß und Härte gegen sich selbst möglich ist. Um gefühlte 20 Prozent hat sich in den vergangenen 33 Spielen wohl jeder Neustädter Fußballer steigern müssen. Jetzt scheint ein kleines Fußball-Wunder möglich, einer unglaublichen Hypothek zum Trotz. Aus den ersten acht Spielen hatten die Neustädter keinen einzigen Punkt geholt und wurden früh abgestempelt: als Abstiegskandidat Nummer eins. Jetzt also: Finale. Beim Vizemeister Freiburger FC. Die Neustädter denken selbstbewusst an einen Sieg im Breisgau. Es wäre der letzte, der entscheidende Schritt zum Klassenerhalt. Dann wäre es einfach wurscht, wie der SV Bühlertal, seit dem 2:2 gegen den FFC vom vergangenen Samstag einen Zähler hinter den Neustädtern auf Rang 15 und damit einem Abstiegsplatz notiert, am Samstag beim Tabellendritten Denzlingen spielt.

FCN- Trainer Klaus Gallmann wünscht sich keinen geschenkten Sieg, sondern harte, faire Gegenwehr und damit einen Gegner, der so auftritt, wie der SV Endingen in Neustadt: engagiert. Das erhofft er sich auch von den Denzlingern gegen Bühlertal im Fernduell um den Klassenerhalt.

„Wir müssen jetzt alle Nebenschauplätze ausblenden.“ Trainer Benjamin Gallmann

Es ist ein Finale, dass jeden Fan der Blauen elektrisieren sollte. Mehr als die 150 Zuschauer, die am vergangenen Samstag das 3:1 und damit Saisonsieg Nummer zehn des FC Neustadt im Jahnstadion erlebten, hat diese Partie beim FFC verdient, das Trainer Benjamin Gallmann „ein Herzschlagfinale“ nennt: „Wir brauchen jede Unterstützung.“

Dass Rolf Eckert, der sportliche Leiter des FC Neustadt, nach dem hart erkämpften und doch hochverdienten 3:1-Sieg dank Sammas Dreierpack schon auf die nächste Saison vorausblickte, ist momentan ein bisschen kurzsichtig. „Wir müssen jetzt alle Nebenschauplätze ausblenden“, sagt Benjamin Gallmann, der in der kommenden Spielzeit alleiniger Coach des FC Neustadt sein wird – unterstützt von einem Co-Trainer: Florian Heitzmann. Der „Heizer“ rieb sich, obwohl schmerzgeplagt, am Samstag in der ersten Halbzeit für sein Team auf – und humpelte zwei Minuten nach Wiederanpfiff vom Platz. Ersetzen will, ersetzen kann er Klaus Gallmann wohl nur schwer, der nach dreieinhalb Jahren beim FC Neustadt aus beruflichen Gründen und mit zwei weinenden Augen aus freien Stücken seinen Abschied nimmt.

Verlassen wird den FCN auch Peter „Schubi“ Schubnell, den ein Jobangebot Richtung München zieht. Ein Fragezeichen gibt es womöglich auch zwischen den Pfosten. „Aber alle anderen bleiben zusammen“, freut sich Rolf Eckert, „die Mannschaft hat fast komplett für die kommende Saison zugesagt“. Dass Klaus G., der Motivator im gleichberechtigten Trainerteam, neben seinem Bruder Benjamin G., dem Analytiker, vermisst werden wird, ist wahrscheinlich.

„Klaus, du hast einen sauguten Job gemacht“, lobte Rolf Eckert nach dem Schlusspfiff gegen Endingen. Klaus Gallmann nickte und blickte wehmütig in die Runde. Abschließen will er, was er begonnen hat. Und nicht als Unvollendeter gehen. Jetzt fehlt nur noch der letzte Schritt.

Aufrufe: 015.5.2017, 22:00 Uhr
Johannes Bachmann (BZ)Autor