2024-04-25T14:35:39.956Z

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Man kennt sich: Eduard Wentland kassiert bei Stammgästen des FC Mietersheim Eintrittsgeld. | Foto: Wolfram Köhli
Man kennt sich: Eduard Wentland kassiert bei Stammgästen des FC Mietersheim Eintrittsgeld. | Foto: Wolfram Köhli

FC Mietersheim: "Wir kämpfen sportlich ums nackte Überleben"

Heimspiel: Ein Sonntagnachmittag beim B-Ligisten FC Mietersheim

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Seit dieser Saison ist der FC Mietersheim wieder solo unterwegs. Auch wenn derzeit nur wenige Leute den Weg zum B-Ligisten finden, so ist ihnen eines wichtig: "Wir wollen den Verein aufrechterhalten."
Werner Geith hatte noch vor Spielbeginn die Blätter weggeräumt. Das war um 11 Uhr am Sonntag. Jetzt - das Heimspiel beim FC Mietersheim gegen die SF Kürzell geht soeben in die zweite Halbzeit - sagt seine Frau Petra, "man sieht nichts davon." Die westliche Hälfte des Rasenvierecks ist heftig von den gelben Boten des Herbstes überzogen.

An dem überraschend warmen Spätherbsttag passt das alles ins Bild. Genauso wie die Reihe an Fans, die den westlichen Rand des Spielfeldes belebt haben. Es sind fünf Personen, die Vergangenheit und Zukunft des FCM vereinen. Gerade passierte Eduard Wentland mit der Handkasse die Gruppe. Zwei Euro pro Person - Rentner 1,50 Euro - sind kaum des gemächlichen Rundgangs wert. "Übrig bleibt nichts, mit viel Glück reicht es für den Schiedsrichter", sagt der 28-Jährige, blickt ins Rund zur wieder aufgebauten Tribüne und meint, "es ist schon schade, dass immer weniger Leute kommen."

Den Wenigen, die regelmäßig den Weg finden, ist eines wichtig. "Wir wollen den Verein aufrechterhalten." Dies sagt Reinhard Jockers (60), der ehemalige Vorstand. Es ist das Jahr eins nach der Spielgemeinschaft mit dem FC Langenwinkel. In Mietersheim von einem Scherbenhaufen zu sprechen wäre ungerecht. Aber die Mannschaft tut sich schwer. Sie ist zusammengewürfelt. Gekommen sind wieder jene Akteure, die zuvor schon für Mietersheim die Kickstiefel geschnürt hatten. Aus Denzlingen, aus Emmendingen kommen die Herren, die nun die Vereinsfarben auf dem Rasen präsentieren. Viktor Schwan, seit 2007 für die sportlichen Belange zuständig, berichtet stolz von der gewachsenen und gelebten Verbundenheit zum Verein. Er sagt aber auch. "Vom Altersschnitt um die 30 Jahre sind wir fußballerisch grenzwertig."

"Richtige Mietersheimer sind keine mehr dabei."
Reinhard Jockers

Die leise Musik, die aus einem Lautsprecher bei der Tribüne dringt, wird vom steten Autolärm von der nahen B3 übertönt. Hin und wieder gibt es unter den Fans dezente Kommentare zum Ereignis auf dem Feld. "Gut gespielt Jungs", sagt die junge Frau, die angibt, zum Trainer zu gehören. Anna findet die Stimmung "angenehmer als zuvor".

In den Zeiten der SG waren mehr und bessere Spieler da. "Sportlich war es interessanter, aber an der Basis hat es nicht harmoniert", sagt Viktor Schwan im Rückblick. "Richtige Mietersheimer sind keine mehr dabei", stellt Reinhard Jockers ohne Gram fest. Das merke man bei den Zuschauern, "sonst wären mehr Leute da." Aber Jugendmannschaften gibt es auch nicht mehr. "Der SC Lahr holt alles, was einigermaßen talentiert ist. Da bleibt nichts mehr übrig", sagt Jockers, der selbst ein paar Jahre für den Lahrer FV gekickt hat. Und so vermutet er, "wir kämpfen sportlich ums nackte Überleben." Für den Verein sind die Perspektiven nicht ganz so düster. Da steht ein Vereinsheim, das schuldenfrei sei. Neben den Fußballern wird es von einer Hobbygruppe und der Bouleabteilung belebt. Vier Bahnen auf dem Vereinsgelände tragen zur Zukunftssicherung bei.

Petra Geith steht auf der niedrigen Stufe vor dem Vereinsheim und reckt den Kopf. "War das ein Tor? Was ist mit Graf?" Seit fünf Jahren ist die 52-jährige Wirtin, ohne dass dies ihre Berufung wäre. Als der ehemalige Wirt im Vereinsheim den Dienst quittierte, wollte sie ihrem Mann zuliebe bis zum Saisonende aushelfen. Inzwischen gehört sie schon fast zum Inventar in dem von Bildern der Vergangenheit ausstaffierten gemütlichen Clubheim. Es hat da alles, was benötigt wird und selbst etwas Spaß ist mit dabei. Bei größeren Ereignissen stehen auch die Töchter für den Service bereit. Einen Nachfolger muss sie nicht fürchten. "Wer putzt schon die Kabinen ...?" fragt sie.

Es geht familiär zu beim FC Mietersheim. In zwei Vierergruppen bauen die Spieler die Tornetze ab. Torwart Andrej Graf bringt die vier Eckfahnen mit ins Clubhaus. Die 0:3-Niederlage ist nicht das Thema. Einladungen zur Weihnachtsfeier stehen im Mittelpunkt. Eduard Wentland berichtet noch kurz, "knapp 25 Personen habe ich abkassiert." Darüber ist er froh. Vor zwei Wochen seien es nur fünf gewesen.

Viktor Schwan, der am Sonntag seinen 33. Geburtstag feierte, wurde der Wunsch nach sechs Punkten nicht erfüllt. Es blieben noch weitere Wünsche offen für den Verein, der 1946 gegründet wurde. "Einen Spielplatz für den Nachwuchs und ein paar jüngere Spieler, denen wir vorurteilsfrei begegnen werden."
Aufrufe: 023.11.2016, 00:00 Uhr
Wolfram Köhli (BZ)Autor