Favoritenschreck Schönberg

Spielunterbrechung nach gut 20 Spielminuten. Schiedsrichter Henry Müller wusste, wonach es den 22 Akteuren zu diesem Zeitpunkt am meisten dürstete: nach Wasser. Und der FC Schönberg konnte die Pause zudem auch gut gebrauchen, damit Trainer Axel Rietentiet noch einmal ein paar Instruktionen geben konnte.

Nordhausen war zu diesem Zeitpunkt das klar bessere Team, traf einmal den Pfosten und scheiterte zweimal am bestens aufgelegten FC 95-Keeper Jörg Hahnel. Normalerweise, hatte Rietentiet im Vorfeld der Partie gesagt, haben wir keine Chance.

Aber normal war an diesem Sonntag nicht viel. 33 Grad – keine Ideal-Temperatur, um eineinhalb Stunden einem Ball hinterherzujagen. Normal in Schönberg ist es auch nicht, dass ein Kicker vor Freude einen Salto hinlegt. Leon Dippert tat es, denn nach einem sehenswerten Angriff bugsierte er das Leder im Nachschuss zur 1:0-Führung ins Nordhausener Tor (35.).

Zu diesem Zeitpunkt war das zwar überraschend, aber nach der Wasserpause zeigten sich die Mecklenburger viel aggressiver im Zweikampfverhalten und ließen den spielstarken Gästen kaum Zeit, vernünftige Spielzüge aufzubauen.

Nach der Pause dann die kalte Dusche für die Hausherren, denn Nils Pichinot glich mit einem strammen Schuss zum 1:1 aus. War das die Initialzündung für den Vorjahresdritten aus Nordhausen, der in dieser Saison kräftig eingekauft hat, um diesmal ganz oben zu landen? Nein, denn das Team um den Ex-Bundesliga-Profi Marco Sailer und Ex Erfurt-Torjäger Nils Pfingsten-Reddig ließ sich den Schneid abkaufen.

Schönberg, bei denen die gerade erste verpflichteten Marcel Rausch und Florian Esdorf schon sofort in der Startelf standen, kämpfte und ging jedem Ball nach. Auch als Wacker-Keeper Tino Berbig das Leder nach knapp einer Stunde Spielzeit abschlagen wollte, wurde er gestört und plötzlich hatte Abwehrspieler Daniel Halke den Ball vor sich liegen. „Ich wusste gar nicht, wie er da hin kam. Aber bevor ihn ein anderer nimmt, habe ich ihn rein gemacht“, wird der Torschütze später sagen. Und so lupfte er das Leder ins Tor. Sehr zum Vergnügen der meisten der 423 Zuschauer und zum Ärger von Wacker-Coach Josef Albersinger.

Und es kam noch besser für die Grünen. Ein Konter über Marcus Steinwarth, der Ball landete letztlich bei Maximilian Rausch und der machte mit seinem dritten Saisontreffer das 3:1. In der Schlussviertelstunde hielt Hahnel noch zweimal überragend gegen mittlerweile entnervte Thüringer, während es die Platzherren um den bärenstarken Lukas Scherff versäumten, das Resultat noch feudaler zu gestalten.

Dann war Feierabend und die Schönberger Kicker waren so platt, dass der Jubel erst einmal ganz spartanisch ausfiel. Doch das holten die Spieler des aktuellen Tabellenneunten in der Kabine nach. Und das war nach dem zweiten Heimsieg gegen einen Top-Club der Liga auch angebracht – und ganz normal.

Am kommenden Sonntag gastiert dann mit dem FC Energie Cottbus erneut ein Großer der Regionalliga Nordost in Schönberg. Überraschung Teil 3? Vielleicht, aber spätestens jetzt dürfte keiner mehr den FC 95 auch in dieser Saison unterschätzen.

FC Schönberg 95: Hahnel, Halke, Max. Rausch, Steinwarth, Müller, Tille, Makangu (88. Haufe), Dippert (86. Eusterfeldhaus), Scherff, Esdorf, Marcel Rausch (66. Poser)Tore: 1:0 Dippert (37.), 1:1 Pichinot (47.), 2:1 Halke (56.) 3:1 Maximilian Rausch (75.)Zuschauer: 423