2024-06-14T14:12:32.331Z

Ligavorschau
Die Fußballerinnen des SC Germania Erftstadt-Lechenich und ihr Trainer Daniel Krings kämpfen gegen das drohende Aus., Foto: Kühlborn
Die Fußballerinnen des SC Germania Erftstadt-Lechenich und ihr Trainer Daniel Krings kämpfen gegen das drohende Aus., Foto: Kühlborn

"Es ist schwer, aber wir schaffen es!"

Viele Teams haben einen schweren Stand und ziehen sich aus dem Spielbetrieb zurück

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Eigentlich hätten die Frauen des SC Germania Erftstadt-Lechenich Mitte Dezember ihr letztes Fußballspiel des abgelaufenen Jahres in der Bezirksliga Staffel 2 austragen sollen. Daraus wurde jedoch nichts. Schon im Sommer hatte sich nämlich abgezeichnet, dass die Mannschaft vor einer schweren Saison stehen würde.

Dem Aufstieg in die Bezirksliga folgte in der Vorsaison auf Anhieb ein vierter Platz. Es sah eigentlich ganz gut aus. „Dann haben jedoch einige Spielerinnen wegen Verletzungen oder aus privaten Gründen aufgehört”, sagt Trainer Daniel Krings, der die Mannschaft seit der Gründung vor siebeneinhalb Jahren betreut. Der ohnehin schon dünn besetzte Kader schmolz immer weiter zusammen, was dazu führte, dass die Lechenicherinnen zuletzt in drei Spielen sogar nur zu zehnt antreten konnten.

„Die Tapferkeit ist den Mädels nicht abzusprechen. Aber die Situation nagt natürlich an der Motivation”, weiß Krings, dessen Team in acht Spielen erst einen Punkt holte und am Tabellenende der Liga steht. Aktuell scheint offen, ob der SC Germania in der Rückrunde überhaupt noch antreten können wird.

„Wir versuchen alles, um die Mannschaft zu erhalten. Das ist eine Herzensangelegenheit”, sagt Katharina Herrmann. Sie hatte das Team gemeinsam mit den Mitspielerinnen Linda Lehmann, Sarah Ohrem und Antonia Wildenburg ins Leben gerufen. „Wenn sich nicht perspektivisch etwas ergibt, werden wir aber zurückziehen müssen”, so Krings, der auch generell einen negativen Trend im Frauenfußball ausgemacht hat: „Die Entwicklung ist seit Jahren rückläufig. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss man über Vereinsfusionen nachdenken.” Das sieht auch Karl-Heinz Hövels so. Der erfahrene Übungsleiter coacht seit dieser Saison den Erftstädter Landesligisten SC Dirmerzheim. „Es gibt im Frauenbereich mittlerweile zu viele Mannschaften, die sich dann mit höchstens 14 Spielerinnen über Wasser halten müssen. Für viele Vereine würde es Sinn machen, über den Tellerrand zu schauen und Kräfte zu bündeln”, so Hövels, der einer möglichen Fusion mit dem SC Germania durchaus offen gegenüber steht. Auch weil er weiß, dass der Dirmerzheimer Aschenplatz einen großer Nachteil gegenüber anderen Vereinen bedeutet.

Dies hat auch WB Urfeld zu spüren bekommen. „Mit einem Aschenplatz kann man niemanden mehr locken und ist nicht mehr wettbewerbsfähig”, erklärt Franc Heidenstecker, der die Urfelder Damen bis zum Rückzug der Mannschaft aus der Landesliga trainierte. Weil sechs der 15 Spielerinnen im Kader im Schichtdienst arbeiten, war es oftmals nicht möglich, die ab Verbandsebene vorgesehenen Spieltermine um 13 oder 15 Uhr einzuhalten. „Statt regelmäßig auf elf oder 17 Uhr ausweichen zu können, war eine Verlegung nur mit Einverständnis des Gegners möglich. Das hat uns das Genick gebrochen”, beschreibt Heidenstecker, der das Kapitel Frauenfußball in seinem Verein in Wesseling als beendet betrachtet.

Mit diesem Schritt steht man in Urfeld nicht alleine da. „Leider ist die Entwicklung sehr schlecht. Viele Mannschaften haben Probleme, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten”, weiß die Frauenbeauftrage des Fußballkreises Rhein-Erft, Susanne Milden. Die mitunter einzige Chance scheint eine Flexibilisierung des Spielbetriebs zu sein.

Wie das gelingen kann, zeigt ein Blick in den Kreis Bonn, wo neben der normalen Frauen-Kreisliga eine zweite Staffel eingeführt wurde, in der nach dem sogenannten Norweger-Modell gespielt wird. Mannschaften können hier auch mit neun Spielerinnen antreten. Die Anzahl der Spielerinnen auf dem Feld orientiert sich dann an der Mannschaft, die weniger Akteure aufbieten kann. In Bonn spielten in der Hinrunde fünf Mannschaften nach diesem Modell. „Es ist eine zukunftstaugliche Möglichkeit. Wenn es sich weiterhin bewährt, werden wir es auf Kreisebene beibehalten. Generell ist es auch möglich, dass eine Mannschaft aus einem anderen Kreis dazu stößt”, sagt der Kreisvorsitzende Jürgen Bachmann. Auch im Rhein-Erft-Kreis wurde das Norweger-Modell vor drei Jahren ausprobiert. Eine Wiederholung ist denkbar, „wenn es im Sinne der Vereine ist”, so Milden, die davon überzeugt ist, dass der Frauenfußball gerade im Nachwuchs noch viel Potenzial besitzt.

Eine Einschätzung, der Wolfgang Herrmann vom Pulheimer SC leider nicht folgen kann. In den vergangenen zwei Jahren haben sich beim PSC rund 200 neue Kinder angemeldet, darunter nicht ein einziges Mädchen. Und das, obwohl die Pulheimer im Mädchenbereich nahezu alle Mannschaften besetzt haben. „Wir bedauern die Entwicklung, aber es scheint bergab zu gehen”, so der Funktionär.

Eine Entwicklung, mit der sich Katharina Herrmann und ihre Mitspielerinnen in Erftstadt-Lechenich noch ganz und gar nicht abfinden wollen. Die Erftstädterin gibt sich kämpferisch: „Wir versuchen alles, um über den Winter hinaus bestehen zu können. Es wird schwer, aber hoffentlich schaffen wir es.”

Aufrufe: 04.1.2016, 11:18 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger / Stefan KühlbornAutor