2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Vision vom „kleinen, kompakten Fußballstadion“ – Jörg Fischer im Gespräch mit Anzeiger-Redakteur Rüdiger Dittrich.
Vision vom „kleinen, kompakten Fußballstadion“ – Jörg Fischer im Gespräch mit Anzeiger-Redakteur Rüdiger Dittrich.

"Es geht um das Sportliche und den Erfolg"

RL SÜDWEST: +++ Jörg Fischer über Copado, dessen Entscheidungen, Gerüchte um das Waldstadion und die Unterstützung der Kommune +++

linden/giessen. Jörg Fischer kauft das Waldstadion in Gießen und baut es um. Jörg Fischer baut ein Stadion im Stecksystem in Watzenborn und erweitert es sukzessive, Jörg Fischer will mit den Teutonen in die 3. Liga. Der Mann, der mit dem SC Teutonia Watzenborn-Steinberg Mittelhessen auf die erweiterte Fußball-Landkarte gebracht hat, sieht sich mit vielen Gerüchten konfrontiert. Gehen wir von der Person weg, hin zum Regionalligisten, so könnte man sagen: Watzenborn-Steinberg ist in aller Munde. Kein Wunder, dass da auf den Sportplätzen in Mittelhessen, immer wieder auch Spekulationen aufkommen – und Gerüchte. Dabei geht es Jörg Fischer, wie er im Interview darlegt, darum, das Projekt Schritt für Schritt weiterzuentwickeln, ohne gleich das große Rad zu drehen. Am Donnerstagmorgen in der Robert-Bosch-Straße in Linden, dem Sitz der Fischer-Gruppe, ist schon vor dem Interviewtermin auch der SC Teutonia das Thema. „Wir sind gerade dabei, hier die Teutonen-Geschäftsstelle neu aufzustellen“, sagt der 52-Jährige zur Begrüßung. So sollen zwei neue Mitarbeiterinnen helfen, die Arbeit zu professionalisieren, das Eingangsportal wird teutonischer gestaltet. An diesem Morgen sitzt auch Francisco Copado bereits wieder am Schreibtisch, macht Notizen, telefoniert – „ich bin oft hier, nicht nur auf dem Fußballplatz.“ Fischer: „Klar, wir sind ständig in engem Austausch.“

Herr Fischer, Platz 12 mit 15 Punkten, ein Drittel der Saison ist absolviert, wie sieht Ihr sportliches Zwischenfazit aus?

Ich bin insgesamt schon zufrieden, wobei man aber sagen muss, dass wir doch einige Punkte leichtfertig hergegeben haben. Ich erinnere nur an das Spiel in Pirmasens, wo wir in der 93. Minute noch den Ausgleich kassiert haben. Oder die Spiele, die wir nicht hätten verlieren müssen. In Walldorf oder in Marburg gegen Worms waren wir mit Sicherheit nicht schlechter als der Gegner. Wenn man es realistisch sieht, hätten wir schon vier bis sechs Punkte mehr haben können. Trotzdem sind wir mit dem bisher Erreichten als Neuling zufrieden. Definitiv.

Hat Francisco Copado Ihre Erwartungen erfüllt?

Absolut, wir sitzen häufig auch vom Verein zusammen und sagen rückblickend, dass das die genau richtige Entscheidung war. Wie Copado trainiert, wie er die Mannschaft einstellt, auch mit Co-Trainer Babacar N‘Diaye, der in dem Bereich ein ganz wichtiger Part ist, das hat unsere Erwartungen absolut erfüllt. Dafür spricht auch, dass ich bereits von einigen Leuten gehört habe, dass es ihnen gefällt, wie die Mannschaft seine Spielidee umsetzt, mit diesem Kurzpassspiel und dem intensiven Laufspiel, dem Ballbesitz. Das ist ja genau sein Thema. Das zeigt auch, dass die Mannschaft seine Philosophie schon angenommen und verstanden hat.

Für Irritation sorgte bei manchen Beobachtern die Nichtberücksichtigung einiger zuvor etablierter Spieler wie Schadeberg oder Golafra. Was halten Sie von den Debatten und hat der Trainer da Ihre Rückendeckung?

Das ist definitiv so, der Trainer entscheidet, was er für richtig hält. Was mich dabei besonders freut ist, dass er jedem Spieler eine Chance gegeben hat zu spielen. Jedem. Er hat beim ersten Training gesagt, dass die Uhren auf Null gestellt werden und dass jeder die Chance erhält, in die erste Elf reinzukommen. Das hat er auch so praktiziert. Er hat den Kader oft umgestellt und alle Spieler gebracht. Auch jene, die man nicht unbedingt erwartet hätte. Danach hat er aber auch klar gesagt, welche Spieler er nicht in der ersten Elf sieht und das auch erklärt. Auch für die, die nun in der zweiten Mannschaft spielen, ist aber die Tür definitiv nicht für alle Zeiten zu. Der Trainer wird weiter auf die Spieler zugehen.

Manch einer findet es bedauerlich, wenn Weinecker und Co. nicht spielen. Stichwort: regionales Projekt. Wie sehen Sie das?

Ja, das ist richtig. Trotz alledem kann der Trainer auf diese Dinge keine Rücksicht nehmen, das hätte auch drei Spieler treffen können, die von außerhalb gekommen sind. Ich halte es für richtig, dass der Trainer auf das Regionalprinzip keine Rücksicht nimmt. Es geht hier rein um das Sportliche und den Erfolg.

Anderes Thema: War die Entscheidung nach Wetzlar zu gehen richtig?

Natürlich, sie war ja auch alternativlos. Wir sind absolut zufrieden und froh und dankbar, dass wir dort spielen dürfen. Wir haben eine tolle Unterstützung der Stadt, der Rasen ist in einem klasse Zustand. Das war die einzige Lösung gewesen, die wir in der Kürze der Zeit anbieten konnten. Irgendetwas aus dem Boden zu stampfen, wäre unrealistisch gewesen. Es bleibt aber natürlich ein Thema für die Zukunft.

Und die Resonanz? Die Zuschauertabelle weist Watzenborn bei den Heimspielen auf Rang zehn aus, gutes Mittelfeld...

Naja, klar gibt es Spiele, wo man sagt, dies oder jenes Spiel hätte mehr Zuschauer verdient gehabt. Aber es gibt natürlich auch Spiele mit 3000 Zuschauern, da sind wir natürlich sehr zufrieden. Wenn wir uns in dieser Tabelle im Mittelfeld wiederfinden, dann ist das schon okay. Wir saßen aber heute auch schon zusammen, weil wir die Marke Watzenborn bekannter machen wollen, auch und gerade in der Region Wetzlar. Da werden wir eine kleine Kampagne starten, um das zu forcieren. Die Leute sollen wissen, dass wir in Wetzlar spielen, dass es da guten Fußball zu sehen gibt und es sich lohnt, hinzugehen.

Marke Watzenborn ist ein gutes Stichwort, auswärts zieht sie noch nicht, da liegen die Teutonen beim Zuschauerinteresse an letzter Stelle...

Das ist nicht so verwunderlich als Aufsteiger mit keinem großen Namen. Da müssen wir uns sportlich profilieren, um dadurch Bekanntheit zu erhalten. Und auch über den Namen Francisco Copado, der ja einen gewissen Bekanntheitsgrad hat, verändert sich die Wahrnehmung schon. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen.

Auch ein Gerücht: Sie kaufen das Waldstadion in Gießen? Gab es da Kontakte?

Nein, da gab es in den letzten Monaten keine Kontakte, da wurde auch nie konkret drüber gesprochen, dass wir das Waldstadion übernehmen. Es hat mal ein lockerer Gedankenaustausch mit der Stadt stattgefunden, ob es möglich wäre oder sinnvoll, da reinzugehen. Dabei haben wir auch über die strukturellen Bedingungen gesprochen. Auch dort müsste man ja ganz viel verändern, auch was die Zufahrts- und Parkbedingungen angeht. Zudem haben wir den VfB Gießen, der dort mit der ersten Mannschaft und der Jugend spielt. Ganz ehrlich: Das sind Themen, die für mich in weiter Ferne liegen. Ich glaube, wenn es um eine Spielstätte geht, sollten wir uns lieber Gedanken über was Neues machen. Es gibt ja Stadien, die man problemlos immer wieder erweitern kann. Schließlich stellt sich die Frage, wo man das platzieren kann. Sollte man das in Watzenborn machen, oder in Gießen? Das sind Themen, über die wir schon nachdenken.

Sie haben schon häufiger gesagt, in Watzenborn müsse was passieren...

Genau, das ist das Erste, was wir im Fokus haben. Die Sportstätte in Watzenborn ist sanierungsbedürftig. Das Sportheim ist, sagen wir mal, gewöhnungsbedürftig, wir haben einen Kunstrasen, der in die Jahre kommt und wir haben einen Rasenplatz, der nie ideal war, der aber jetzt einigermaßen zufriedenstellend ist, weil wir ihn selbst pflegen. Dabei haben wir aber auch eine Anlage, die teilweise der Stadt Pohlheim gehört, teilweise auch dem Land Hessen. Wenn man dann investiert, muss das alles berücksichtigt werden. Den Kunstrasenplatz hat seinerzeit die Stadt gebaut, da gibt es auch Fördermöglichkeiten. Wir werden nun erst einmal ein Angebot einholen, um diese Möglichkeiten auszuloten.

Das Problem ist also, dass Sie auf die Zusammenarbeit mit der Kommune und dem Land Hessen angewiesen sind?

Ja, wir wollen schon die Sportanlage in Watzenborn soweit ausbauen, dass wir dort für die erste Mannschaft optimale Trainingsbedingungen und für die zweite Mannschaft und die Jugend optimale Spielbedingungen schaffen können. Dass es nicht ganz so einfach ist, auch bei der Stadt voranzukommen, haben wir beim Parkplatz gesehen. Der ist in einem desolaten Zustand. Es wäre schön, wenn man die Stadt motivieren könnte, diesen Schritt mit uns zu gehen.

Woran hängt es?

Es gab ja bereits im Februar einen Beschluss, dass wir 120 000 Euro zur Verfügung gestellt bekommen, der aber dann wieder zurückgenommen wurde, weil wir für uns den Spielort Wetzlar ausgewählt haben. Was für uns aber nicht nachvollziehbar ist, weil wir in Watzenborn eine zweite Mannschaft und die Jugend haben. Und natürlich auch die Erste, die da trainiert. Es ist ja auch ein Parkplatz, der öffentlich genutzt wird, zum Beispiel beim Wiesenfest, das wäre ja eine Investition für alle.

Und was ist mit der Idee, ein Stadion im Stecksystem in Watzenborn zu bauen?

Ja, das ist eine Vision, vom Platz her ginge es sicher, aber auch da spielt wieder das Thema Parkplätze mit rein. Das alles hängt grundsätzlich mit der Frage zusammen, wo würde eine neue Spielstätte tatsächlich am besten hinpassen? Macht es Sinn, so etwas in Watzenborn hinzustellen, oder macht es mehr Sinn, das in der großen Stadt Gießen zu machen. Ich bin ja ein Fan von einem reinen Fußballstadion. Das in Wetzlar ist toll, aber ein kleines, kompaktes Fußballstadion ohne Laufbahn, das hätte Flair.

Ein Fußballstadion für Watzenborn macht sicher nur Sinn, wenn sich der Verein auf Dauer mindestens in der Regionalliga etabliert?

Das ist richtig. Unser Thema ist jetzt, dass wir dieses Jahr die Klasse halten und uns im Folgejahr sehr schnell im Mittelfeld etablieren. Dann können wir anfangen, uns mit diesen Plänen zu beschäftigen. Das macht zum jetzigen Zeitpunkt noch keinen Sinn. Was aber Sinn macht, ist das Thema mit der Sportanlage in Watzenborn. Selbst wenn man absteigen sollte und würde Hessenliga spielen, ist der Bedarf vorhanden.

Wo sehen sie den SC Teutonia Watzenborn-Steinberg im Sommer 2018?

Ich würde mich freuen, wenn wir bis dahin noch Regionalliga spielen und wir Strukturen im Verein haben, die unisono regionalligatauglich sind. Und schön wäre es, wenn wir das Ganze so auf den Weg gebracht hätten, dass wir ein kleines kompaktes Fußballstadion im Kreis Gießen haben.

Mit Copado...

Ja, mit Copado. Wir fühlen uns wohl mit ihm und er ist in der Region auch angekommen, er ist gerne hier. Francisco Copado ist nicht nur ein guter Trainer, sondern auch ein toller Mensch. Wir sitzen oft zusammen, das passt. Deshalb wollen wir das gemeinsame Ziel angehen, die Region auch über den Sport, den Fußball bekannter zu machen. Das war ja von Anfang an, neben dem rein sportlichen Ansatz, die Idee, das Projekt anzugehen. Ich denke, Gießen und Mittelhessen haben sich toll entwickelt, das wollen wir auch mit dem Fußball bei den Teutonen ausdrücken und weiterführen. Ich will, dass die Region Mittelhessen positiv wahrgenommen wird.



Aufrufe: 014.10.2016, 18:30 Uhr
Rüdiger Dittrich (Gießener Anzeiger)Autor