2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Thomas Groß (links) leitet die Organisation des Traditionsturniers seit seinem Beginn vor 25 Jahren. F: Klaus-Dieter Schreiter
Thomas Groß (links) leitet die Organisation des Traditionsturniers seit seinem Beginn vor 25 Jahren. F: Klaus-Dieter Schreiter

Ein Vierteljahrhundert Brucker Drei-Königs-Turnier

Wir sprachen mit Thomas Groß, der das Hallen-Highlight seit 25 Jahren organisiert

Bereits zum 25. Mal findet am 6. Januar das Brucker Dreikönigsturnier statt. Ein Vierteljahrhundert mit dabei ist Thomas Groß, der den Budenzauber seit seiner Premiere im Jahr 1993 organisiert. Wir sprachen mit ihm.

Bill Clinton wurde US-Präsident, Helmut Kohl war Bundeskanzler und der SV Werder Bremen Deutscher Meister. Klingt nach einer längst vergangenen Zeit, oder?

Thomas Groß: Das ist wirklich lange her.

Was verbinden Sie mit dem Jahr 1993?

Ich habe das Arbeiten angefangen nach dem Studium. Das war am 1. Januar — und noch etwas: Es gab fünfstellige Postleitzahlen. Wir waren damals das erste Jahr in die Bezirksliga aufgestiegen. Im Verein war ich Abteilungsleiter.

Als solcher mussten Sie das Turnier dann organisieren?

Ich bin in Bruck geboren und zur Schule gegangen. Die Halle gab es da noch gar nicht. Die Idee für das Turnier kam von Ralf Gläßer, um die Umsetzung habe ich mich vom ersten Jahr an gekümmert. Gezwungen hat mich niemand. Das kommt von einem selbst heraus. Sonst könnte man das nicht mit diesem Herzblut machen.

Können Sie sich an die Premiere erinnern?

Einer der kritischen Brucker hat schon nach einer Stunde gesagt: „Mensch, Glückwunsch Thomas.“ Aber Vieles war anders als heute. Wir hatten keine Rundum-Bande, seitlich haben wir das Feld mit Kästen zugestellt. Wir hatten zum Beispiel auch noch keinen Fairness-Pokal.

Jetzt steht die 25. Ausgabe an.

Ein- oder zweimal kann man so ein Turnier veranstalten. Aber wenn es dann länger läuft, muss man schon gewisse Randbedingungen schaffen.

Was hat sich noch verändert?

Heute hat man Live-Berichte. Das gab es früher gar nicht. Und auch auf dem Platz ist das Spiel deutlich schneller geworden. Zudem sind die Spieler technisch beschlagener. Dieses Jahr gibt es sogar eine Neuerung.

Welche denn?

Nach 24 Jahren wechseln wir von dem Kurzflor-Ball zum ganz normalen Fußball. Das wird noch einmal mehr Präzision bringen.

Und was ist auch nach 25 Jahren immer noch so wie am ersten Tag?

Im Foyer ist es immer rappelvoll. Wobei — früher war es noch voller. Da mussten die Raucher noch nicht raus, sondern haben alle dort geraucht.

Heute kaum mehr vorstellbar…

Auf ersten Bildern sieht man: Im Foyer hat man die Luft schneiden können. (überlegt kurz) Gleich geblieben ist auch der Zuspruch, die positive Stimmung. Ganz selten gab es aggressive Stimmung. Die Vereine haben untereinander ein gutes Verhältnis.

Hallen-Fußball wird immer unbeliebter. Warum Ihr Turnier nicht?

Bei uns gibt es nicht das vom Verband propagierte Futsal. Es schwenken immer mehr Gegner dieser Variante um. Wir nicht.

Der Schlüssel zum Erfolg?

Glaube ich nicht. Ich denke, es wäre egal. Die Besucher kommen nicht nur wegen des Fußballs. Manche gehen kaum in die Halle, sondern treffen viele Leute, die sie lange kennen. Es ist mehr als Hallen-Fußball. Es gibt Leute, die haben alle Turniere gesehen. Wir haben beim ersten Spiel schon mehr als 100 Zuschauer auf der Tribüne. Der Termin ist auch gut. Aber es ist kein Selbstläufer.

Wie schaffen Sie es, dass die Top-Teams der Stadt immer dabei sind?

Es ist ein Einladungsturnier — anders als bei einer Stadtmeisterschaft, dort muss jeder teilnehmen können. Die Regel ist: Es werden immer die Teams aus dem Vorjahr eingeladen. Sagt einer ab, rückt der nächsthöchste Verein nach. Viele fragen sich zum Beispiel, warum Spardorf dabei ist. Aber im Premieren-Jahr hatten die eine starke Hallen-Mannschaft.

Gibt es viele Anfragen anderer Teams?

Immer wieder mal. Aber mir ist die Treue wichtig, wer immer dabei ist, darf das auch. Die Vorbereitung für das Turnier beginnt am ersten Tag nach dem aktuellen Turnier, die Halle wird sofort wieder reserviert. Im August gehen die Einladungen an die Vereine raus, aber wir treffen uns auch alle persönlich.

Haben die Spieler wirklich Lust drauf oder muss man im Verein Überzeugungsarbeit leisten, um eine Mannschaft zusammenzubekommen?

Unterschiedlich.

Manche muss man zwingen?

Früher wollten bestimmte Spieler nur zum Turnier und nicht zur Kreismeisterschaft. Aber es gibt auch manche, die Fußball in der Halle gar nicht interessiert. Doch wann haben sie die Chance, vor 500 Zuschauern zu spielen? Wenn der Favorit zurückliegt, explodiert die Halle.

2016 war mit 143 Treffern das torreichste Turnier aller Zeiten. Heißt das, die Spiele werden attraktiver?

Es war für mich sensationell: 25 Treffer mehr als der bisherige Rekord, ohne Neunmeter-Schießen. Pro Spiel sind im Schnitt sieben Tore gefallen. Das war der Wahnsinn. Aber ich kann es nicht erklären. Für mich war es eines der besten Turniere. Es waren auch wieder mehr als 700 Zuschauer.

Sie haben einmal gesagt, sind es mehr als 700, sind Sie glücklich.

Das ist für mich eine Schallmauer. Wenn es dauerhaft unter 500 Zuschauern wären, müsste ich mir überlegen, ob ich das noch mache. Es muss den Aufwand auch wert sein. Sind viele Zuschauer dabei, ist es für mich auch eine Anerkennung der Arbeit, die alle Helfer hineinstecken. Bei uns ist eben immer etwas los: Wenn Hans Tschernich den Fleischkäse frisch aufschneidet, stehen die Leute Schlange. Doch heuer leider zum letzten Mal, weil er seine Metzgerei schließt.

Jochen Stobel ist mit 50 Treffern der Top-Torschütze. Eine Marke für die Ewigkeit?

Nein. Ein Marco Müller zum Beispiel ist ja noch jünger, war jetzt auch schon zweimal Torschützenkönig. Er ist ein Spieler mit Qualitäten. Wenn es einer wirklich will, dort oben immer spielt und ein Torjäger ist, dann sehe ich Potenzial.

Wenn Sie an die vergangenen 25 Jahren denken: Was ist besonders in Erinnerung geblieben?

Das Turnier 2011, damals hatten wir extremes Glatteis. Es sind nicht einmal Busse gefahren.

Die Zuschauer kamen dennoch?

Manche sind einfach zu Fuß gelaufen. Auch die Vereine hatten keinen weiten Weg. Aber auch 2010 werde ich nie vergessen, da haben wir innerhalb von vier Wochen vier Turniere ausgerichtet. Unser Turnier, die Kreis-, Bezirks- und die Bayerische Meisterschaft. Die Halle kann unter der Woche nicht so stehen bleiben. Ich habe zehn Tage Urlaub investiert. Meine Frau hat mich unterstützt.

Sie organisieren das Turnier zum 25. Mal. Ist mittlerweile alles Routine?

Nur weil man etwas lange macht, heißt es nicht, dass man es gut macht. Man darf nicht sagen: Das läuft schon von alleine. Routine sehe ich eher als Risiko. Ich habe immer Angst: Hast du alles? Fehlt etwas?

Stört es Sie nicht, dass Sie immer unter Stress ins Neue Jahr starten? Andere nutzen diese erste Januar-Woche noch zur Entspannung.

Zwischen Weihnachten und Dreikönig habe ich Urlaub. Da ist jeden Tag etwas zu tun. Wenn das Turnier nicht wäre, habe ich zu meiner Frau gesagt, wäre mir wohl langweilig. Abschalten fällt mir schwer, wenn ich mich nur wohin lege und entspanne. Die Ablenkung, für dieses eine Ziel alles andere unterzuordnen, tut mir gut.

Sie denken niemals daran, sich aus dem Orga-Team zurückzuziehen?

Würde ich machen. Der Schwiegervater hat angemahnt, dass ich einen Nachfolger finden muss. Aber es ist schwierig. Es sind so viele Mosaiksteinchen, die man bedient. Ich bin Perfektionist, sagen mir zumindest manche. Es gibt Dinge, die will ich selbst erledigen. Aber es wird von Jahr zu Jahr nervlich belastender.

Ja?

Man steht mehr unter Druck. Wenn es zehnmal gut gelaufen ist, erwarten alle, dass das elfte Mal auch super wird.

Am Turniertag haben Sie wahrscheinlich keine ruhige Minute, oder?

Der Tag fängt früh an, ich bin der Erste in der Halle. An sich habe ich dann keinen echten Job. Aber ich bin ab und an am Mikrofon. Vor dem Endspiel kündige ich die Mannschaften an, die Siegerehrung übernehme ich. Diesmal ist auch Oberbürgermeister Florian Janik dabei. Das ehrt uns. Für die Fußballer ist es auch etwas Besonderes, namentlich aufs Feld gerufen zu werden. Wissen Sie, so etwas hätte ich mir als Spieler auch gewünscht.

Fußball schauen ist am Turniertag nicht drin?

Wenn ich Zeit habe, setze ich mich lieber irgendwo an den Rand und höre zu, was die Leute so plaudern. Ob allen das Turnier gefällt. Im Turnier gibt es verschiedene Phasen, wie in einer Saison. Sind alle Teams da? Haben alle ihren Spielberichtsbögen abgegeben? Bäcker da? Metzger da? Erste Runde. Dann kommen die Brucker Gashenker. Auslosungen. Tombola. Halbfinale. Und so weiter. Man ist immer unter Anspannung.

Das klingt stressig.

Das ist es. Ich esse an dem Tag vielleicht zwei Brötchen. Aber ich habe überall die besten Leute an Bord, 22 Helfer insgesamt. Der schönste Augenblick ist das Einlaufen der Mannschaften vor dem Finale. Dann ist fast alles geschafft. Die Halle ist nach dem Turnier in einer Stunde besenrein, auch die Brucker Spieler helfen mit. Abends gehen wir ins Sportheim. Dann werden die ganzen Geschichten des Tages erzählt.

Und drücken Sie dem FSV Bruck die Daumen?

Das ist zweitrangig. Das Wichtigste ist, dass alles fehlerfrei und ohne Verletzungen läuft. Dann kommt die Zuschauerzahl. Wir haben das Turnier oft gewonnen. Und ich sage es ganz ehrlich: Es macht es nicht attraktiver, wenn immer der gleiche Verein gewinnt.

Wer ist Ihr Favorit?

Der ATSV Erlangen könnte es dieses Jahr schaffen. Aber man braucht auch das Quäntchen Glück. In der Halle langen fünf oder sechs gute Spieler.

Vergangenes Jahr hat sich mit der Spielvereinigung Erlangen ein Bezirksligist den Titel gesichert.

Wer Bruck und Eltersdorf schlägt, gewinnt nicht zu Unrecht. Im Vorjahr: Tennenlohe ist mit einem Punkt durch die Vorrunde gekommen und hat noch das Finale gegen Eltersdorf gewonnen. Das sind Tage, die möchte man am liebsten noch einmal erleben. In den vergangenen fünf Jahren hatten wir fünf verschiedene Sieger.

Wissen Sie noch, wer 1993 gewonnen hat?

Logisch. Die „Spieli“. Damals Herbert Heidenreich, Lothar Fürst, Holger Müller. Das waren alles Spieler, die man in Erlangen gekannt hat. Manche sagen zu mir: „Ihr macht das schon immer so, dass die Brucker gewinnen.“ Aber wer mich kennt, der weiß, ich würde eher unser Team beschneiden, als diesen Vorwurf aufkommen zu lassen. Logisch, freue ich mich auch, wenn die Brucker gewinnen. Aber es geht hier nicht um Preisgeld oder den Aufstieg. Hier geht es nur um den Sieg.

Aufrufe: 05.1.2017, 20:06 Uhr
Katharina Tontsch (EN)Autor