Herr Hutzler, Hand aufs Herz, haben Sie im Moment überhaupt so etwas wie Freizeit?
Michael Hutzler: Ich kann die Stunden an einer Hand abzählen, in denen ich nicht in der Arbeit oder auf dem Fußballplatz stehe. Wir üben in der Vorbereitung inklusive Testspielen bis zu sechs Mal die Woche. Das ist ein großer Aufwand, aber den nehmen wir bewusst auf uns, weil wir den Fußballsport mit Herzblut betreiben. In den intensiven Anfangswochen leidet freilich das Privatleben etwas, da müssen Familie und Partner dahinterstehen. Bei uns bekommen das — auch meine Frau macht das glücklicherweise mit — denke ich alle geregelt.
Stichwort Herzblut. Wie änderte sich die Stimmung, als nach dem Spitzenspiel im April gegen den späteren Meister Schweinfurt bekannt wurde, dass der Jahn die Regionalliga-Lizenz aus finanziellen Gründen nicht beantragen kann.
Michael Hutzler: Ich bin stolz darauf, wie professionell die Jungs mit dieser Situation umgegangen sind. Klar kann man den Druck nicht mehr so hochhalten, wenn du weißt, du kannst sowieso nicht aufsteigen. Aber die Reaktion gleich eine Woche später mit dem Auswärtssieg beim Spitzenteam in Amberg hat gezeigt, dass die Mannschaft Charakter hat. Verdient hat sie sich trotz einiger Verletzungen (Jäckel, List; Anm. d.Red.) noch die Vizemeisterschaft geholt. Überrascht bin ich nicht darüber, ich wusste ja vorher, was für Typen wir da zusammen haben.
Einige dieser Typen wie Klaus Grütze, René Finnemann oder Torjäger Tom Jäckel sind nun weg.
Michael Hutzler: Die Abgänge von Grütze und Finnemann sind privat bedingt und waren vorher bekannt. Dass uns ein Tom Jäckel, ein Philip Messingschlager und ein Thomas Roas, die wir alle aus der Landesliga geholt und die bei uns innerhalb eines Jahres einen großen Entwicklungssprung gemacht haben, in Richtung Regionalliga verlassen, fasse ich als Bestätigung unserer Arbeit auf. Im höherklassigen Fußball ist es normal, dass du als Trainer dein Team immer wieder umbauen musst. Ich sehe es als spannende Herausforderung an, nun das Potenzial aus den neuen jungen Spielern herauszukitzeln.
Gemessen an der Zahl der Zu- und Abgänge im Sommer wurde der Kader vergrößert. Warum?
Michael Hutzler: An der Qualität hat es uns nicht gefehlt. Egal wer von der Bank oder auch mal aus der 2. Mannschaft ausgeholfen hat, da war kein großes Leistungsgefälle da. Problematisch wurde es erst mit den vielen Verletzungen gegen Saisonende. Da fiel es schon ins Gewicht, dass mit Christoph Saffra und Heiko Schaup zwei ehemalige Stützen seit dem Winter nicht mehr dabei waren. Mein Co-Trainer Christian Michl, der eigentlich seine Karriere beendet hat, musste plötzlich aushelfen. Mit den Transfers haben wir nun auch die nötige Kaderbreite.
Die Fans dürfen sich also auf ähnlich erfolgreichen Fußball wie im letzten Jahr einstellen?
Michael Hutzler: Wir sollten nicht den Fehler machen, ständig den Vergleich mit der Vorsaison zu ziehen und erneut Platz 2 erwarten. Die Jungs müssen sich — das hat sich auch in den bisherigen Testspielen gezeigt — noch finden. Seit einer Woche haben wir mit den späten Neuzugängen erst alle Mann beieinander. Einige Spieler kommen zudem aus unteren Ligen und sind fünf Trainingseinheiten pro Woche nicht gewohnt, die sollen erstmal in Forchheim ankommen. Aber sie haben mein Vertrauen. Wenn wir uns die Zeit geben, können wir wieder genauso erfolgreich sein. Der Anspruch ist es ja schon der, wieder vorne dabei zu sein und attraktiven Fußball zu spielen.
Nach den Eindrücken der ersten Tage, hat der Trainer schon eine Startelf im Kopf?
Michael Hutzler: Klar ist, dass die Platzhirsche der letzten Saison auf ihren Positionen einen kleinen Vorteil haben. Allerdings wäre ich ein schlechter Trainer, mich jetzt schon festzulegen. Im Training wird um jede Position gekämpft, mal sehen, wer sich in den restlichen Tests auf Wettkampfebene aufdrängt. Die Startaufstellung kann außerdem je nach System — ob mit zwei defensiven Mittelfeldspielern oder zwei Zehnern — variieren, das hängt vom Gegner ab. Wir wollen so flexibel sein, dass wir sowohl aus einer tiefstehenden Defensive heraus schnell kontern, als auch aggressives Pressing spielen können.
Wen erwarten Sie in dieser Bayernliga- Saison ganz vorne?
Michael Hutzler: Die Qualität an der Spitze ist höher als letztes Jahr. Mit Eltersdorf und Frohnlach kommen zwei Regionalliga-Absteiger, die sicher zu den Titelkandidaten zu zählen sind. Dazu investieren Vereine wie Bayreuth und Amberg massiv ins Personal. Das macht es spannend.
Zum Abschluss schlagen wir den Bogen zurück zum Charakter ihrer Mannschaft. Setzen Sie zur schnellen Integration der Neuzugänge auf sogenannte „Teambuilding“-Maßnahmen?
Michael Hutzler: Spezielle Ausflüge in einen Hochseilgarten oder so machen wir nicht. Wir haben zum Abschluss unseres Trainingslagers in Ebermannstadt bei mir zu Hause im Garten gegrillt. Da war die Stimmung hervorragend und ich habe gespürt, dass sich die Jungs gut verstehen. Bei sechs gemeinsamen Einheiten die Woche braucht es auch nicht, wie vielleicht in der Kreisklasse, zusätzliche Mannschaftsevents. Spaß haben wir außerdem auch beim Training, auf der Sportinsel spielen wir auch Basketball, Volleyball oder Football.