2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Sagt seit einem halben Jahr, wo es lang geht: FSV-Trainer Christian Städing. F: Muhme
Sagt seit einem halben Jahr, wo es lang geht: FSV-Trainer Christian Städing. F: Muhme

"Druck macht eine Aufgabe reizvoller"

Trainer Christian Städing vom Landesliga-Spitzenreiter FSV Bernau im Interview auf FuPa Brandenburg

Es war kein einfacher Job, den Trainer Christian Städing mit seinem Co-Trainer Mario Grabow im Sommer beim Fußball-Landesligisten FSV Bernau antrat. Denn der Verein verfolgte nur ein Ziel: Aufstieg. Wie er die Hinrunde erlebt hat und ob er seinen Wechsel schon bereut hat, darüber sprach mit ihm Britta Gallrein.

Herr Städing, gab es einen Augenblick, in dem Sie ihren Wechsel nach Bernau bereut haben?

Nein, bis jetzt habe ich es keine Sekunde bereut. Es war ja auch keine Hauruck-Aktion, wie das abgelaufen ist. Es gab vorher viele Gespräche mit dem Verein und da wusste jeder, worauf er sich einlässt.

Weniger gut begann dann die Saison. Nämlich mit einer Niederlage. Hatten Sie da ein bisschen Sorge?

Ja, das war wirklich ein kurioser Anfang mit der 2:3-Niederlage in Eggersdorf. Aber besorgt war ich eigentlich nicht. Ich glaube, das war für uns so ein "Hallo-Wach"-Effekt. Wir waren auch nicht schlechter als Eggersdorf, nur naiver.

Die Wende kam dann direkt im zweiten Spiel mit dem 4:1 gegen Premnitz. Wie wichtig war dieser Sieg?

Gegen Premnitz, das war ein Schlüsselspiel. Wenn du das erste Spiel verlierst und das zweite dann gleich hinterher, dann wird es schwer, vor allem vom Kopf her. Aber in Premnitz hat die Mannschaft gesehen, dass es sich lohnt, zu arbeiten. Dass es sich auszahlt, wenn man sich quält und viel trainiert, wenn man top in Form ist.

Sind sie einer der Trainer, die extrem viel Kondition bolzen lassen?

Das gehört natürlich dazu. Und nicht allen gefällt das. Aber ich hab den Jungs erklärt: Ihr müsst jetzt eine Menge machen, aber in der Saison werdet ihr ab Oktober dafür belohnt. Und das hat sich bewahrheitet. Wir sind in allen Spielen jetzt nie abgefallen von der Fitness her - im Gegensatz zu einigen unserer Gegner. Aber ich lege auch sehr viel Wert auf Technik. Wir hatten in der Vorbereitung fünf Trainingseinheiten pro Woche, hatten viele Spiele. Ich will keinen Hauruck-Fußball, sondern guten Fußball spielen. Dafür brauche ich Spieler, die fit sind, aber auch technisch extrem gut sind. Zum Glück hatte ich eine Mannschaft, die sehr viel Qualität mitbringt.

Und in der offenbar auch die Zusammensetzung stimmt.

Ja, wir sind da immer in gutem Austausch als Trainer untereinander, aber auch mit dem sportlichen Leiter Moussa Doumbia. Wir wollen Spieler mit "Stallgeruch' haben. In diesem Jahr haben wir die zum Beispiel mit Nikola Heidrich und Tassilo Mahnke. Beide kommen aus unserer eigenen A-Jugend, haben eine sehr gute Hinrunde hingelegt und können jetzt reifen und von den erfahrenen Spielern sehr viel lernen. Auch Marius Munser, der die A-Jugend leitet, legt dort sehr viel Wert auf die fußballerische Entwicklung der Spieler, so dass wir hoffen, dass wir in der nächsten Saison wieder profitieren und junge Spieler bei uns integrieren können.

Wie sind Sie mit den Neuzugängen zufrieden?

Ich bin sehr zufrieden. Man kann neue Spieler wie Milos Savkovic oder Fatih Motuk natürlich nicht vergleichen mit einem Spieler wie Damir Coric, schon vom Alter und der Erfahrung her. Ich bin froh, dass erkannt wurde, dass wir uns auf der Vierer- und Sechser-Position noch verbessern mussten. Ohne jetzt zu sagen, dass die Mannschaft es da vorher schlecht gemacht hat, aber das können wir noch besser. Einen viel besseren Spieler als Damir Coric kann man auf dieser Position nicht haben, er ist immens wichtig für die Mannschaft.

In den Testspielen konnten Sie einen ersten Eindruck gewinnen.

Ja, und die waren sehr lehrreich, vor allem das Spiel gegen Hohen Neuendorf. Da haben wir mit 3:0 geführt, hatten bis dahin überragend gespielt und haben dann noch verloren, weil wir nachgelassen haben. Das war sehr gut, denn so haben die Jungs gesehen, was passiert, wenn man nicht alles gibt.

Was war für Sie das schwerste Spiel der Hinrunde?

Das Spiel in Prenzlau. Beim Stand von 2:2 bekommt Prenzlau einen Elfmeter zugesprochen in der 80. Minute. Da denkt man vielleicht: Das war's jetzt. Aber der Prenzlauer Spieler verschießt und im Gegenzug gelingt uns durch Ümit Ejder ein absolutes Traumtor und damit der 3:2-Sieg. Auch das war ein Schlüsselspiel. Genau wie das 1:1 gegen den RSV Eintracht Teltow.

Ein Manko des FSV war in der Vergangenheit manchmal die Disziplin, zum Beispiel bei der Trainingsbeteiligung. Ist das besser geworden?

Die Trainingsbeteiligung ist gut. Ich glaube, wir haben da die richtige Mischung aus Nähe und Distanz gefunden. Und ich bin Erzieher, das hilft enorm. Fußballer sind kleine Sensibelchen. Da braucht man Fingerspitzengefühl.

Es gibt auch Kritiker Ihrer Arbeit. Wie gehen Sie damit um?

Man kann es nie allen recht machen. Es gibt immer welche, die deine Arbeit kritisch sehen, aber damit kann ich leben. Man holt nicht 40 Punkte in einer Hinrunde, wenn man keine Ahnung hat.

Torwart Florian Brüggemann ist derzeit nur zweiter Mann hinter Eric Niendorf. Ist das ein Problem?

Es wäre eher komisch, wenn er mit der Situation zufrieden wäre. Beide Torhüter sind im Training sehr engagiert und ich sage Florian auch immer, wie gut ich das finde. Aber ich muss mich für einen entscheiden. Und meine Taktik ist eher die, dass ich nicht viel wechsele, sondern bei einer Besetzung bleibe. Wenn jemand mal nicht so gut spielt, kann er das im nächsten Spiel wieder gutmachen. Die Spieler wissen, ich halte an ihnen fest. Das gibt ihnen Sicherheit.

Blicken wir mal auf die Rückrunde, die nächste Woche beginnt. Welche Teams sind Ihrer Meinung nach die härteste Konkurrenz?

Das sind schon Teltow und Prenzlau. Wir haben bis auf das erste Spiel alles gewonnen, haben 40 Punkte in der Hinrunde gesammelt - und trotzdem ist der RSV nur fünf Punkte weg. Da sieht man, was das auch für eine gute Mannschaft ist.

Aber sieht es gut aus für Ihr großes Ziel, den Aufstieg?

Ich glaube, dass wir ein gutes Fundament gelegt haben. Man sieht, dass wir zu einer Einheit zusammengewachsen sind. Auch die verletzten Spieler sind dabei wenn wir spielen, alle freuen sich miteinander, die Spieler verstehen sich und gönnen sich den Erfolg untereinander. Wir können selbstbewusst durchs Leben gehen, ohne zu überdrehen. Einige haben mir schon zum Aufstieg gratuliert, das ist natürlich Quatsch. Es sind noch 15 Spiele zu beschreiten, das wird noch ein langer, harter Weg und wir haben ein hartes Einstiegsprogramm. Aber ich kann mit dem Druck gut umgehen, das macht die Aufgabe nur reizvoller.

Aufrufe: 016.2.2017, 17:56 Uhr
MOZ.de / Britta GallreinAutor