2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Hertha-Schlussmann Rune Jarstein pariert den Elfmeter von Marcel Hofrath und avanciert damit zum Matchwinner eines mitreißenden Pokalabends. Foto: Nickl
Hertha-Schlussmann Rune Jarstein pariert den Elfmeter von Marcel Hofrath und avanciert damit zum Matchwinner eines mitreißenden Pokalabends. Foto: Nickl

Die neue Leichtigkeit des Jahn

Die Regensburger haben den Aufstiegsschwung mitgenommen. Mit breiter Brust bietet der Drittligist sogar Hertha BSC Paroli.

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Als Salomon Kalou den Ball im Tor verwandelt, bricht bei den Berlinern kollektiver Jubel aus. Die Regensburger dagegen sind entsprechend bedient, schleichen mit gesenkten Köpfen über den Platz und bedanken sich für die große Unterstützung bei ihren Anhängern.

Doch nach dem Pokalkrimi, bei dem sich Hertha BSC in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals, erst nach Elfmeterschießen (6:4) gegen den SSV Jahn Regensburg durchgesetzt hatte, gab es eigentlich nur Gewinner, wie Jahn-Trainer Heiko Herrlich treffend analysierte. „Manchmal ist man trotzdem Gewinner, auch wenn man den Platz nicht als Sieger verlässt.“ Es habe ihm imponiert, wie sein Team immer wieder versucht habe, hinten rauszukommen und selbst in der 105. Minute noch gepresst habe. Beide Mannschaften hatten den 12 526 Zuschauer in der Continental Arena einen packenden Pokalabend kredenzt. „Großes Kino!“, brachte es Jahn-Präsident Hans Rothammer nach dem Schlusspfiff auf den Punkt.
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„Manchmal ist man trotzdem Gewinner, auch wenn man den Platz nicht als Sieger verlässt.“ Heiko Herrlich
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Die Regensburger schrammten haarscharf an einer dicken Pokal-Überraschung vorbei. Nach dem Führungstreffer für die Gastgeber durch Alexander Nandzik (51.) hatte Mitchell Weiser (84.) die Hertha erst in die Verlängerung gerettet. Im Elfmeterschießen war letztlich Marcel Hofrath der Unglücksrabe, der an Hertha-Schlussmann Rune Jarstein scheiterte. „Ich weiß, wie sich das anfühlt“, sagt Herrlich, der seinem Schützling keinen Vorwurf macht. 1992 war Herrlich selbst als Elfmeterschütze mit Bayer Leverkusen im DFB-Pokalhalbfinale gegen Borussia Mönchengladbach gescheitert – oder besser gesagt an Torwart Uwe Kamps, der neben Herrlichs Elfer noch drei weitere parierte.

Nicht nur sportlich bitter

Den Regensburger Chefanweiser ärgert es denoch, dass es gegen Berlin nicht zum ganz großen Wurf gereicht hat. Der Gegner sei einen Tick besser gewesen und habe am Ende verdient gewonnen.

Das knappe Aus ist nicht nur in sportlicher, sondern auch in finanzieller Hinsicht bitter. Denn der Pokalwettbewerb ist wirtschaftlich höchst lukrativ. Für den Einzug in die erste Hauptrunde haben die Regensburger 155 000 Euro kassiert, das Weiterkommen hätte dem Jahn eine weitere dicke Finanzspritze von 310 000 Euro beschert.

Doch Heiko Herrlich ist einer, der sofort wieder nach vorne blickt. Gerne erinnert er sich jedoch zurück an den 29. Mai, an das entscheidende Relegationsspiel seiner Mannschaft gegen die U23 des VfL Wolfsburg. Denn die Leistung beim 2:0-Erfolg dient seither als Maßstab. „Da hat die Mannschaft die Messlatte hoch gelegt. Das gilt es jetzt Woche für Woche abzurufen“, forderte Herrlich zu Saisonbeginn von seiner Truppe. Und bis dato haben das die Regensburger perfekt umgesetzt. „Das spricht für die Qualität des Teams“, sagt Herrlich, der in der 3. Liga vor allem auf seine Aufstiegsmannschaft setzt. Nach vier Spieltagen grüßt der Jahn, der mit erfrischendem Offensivfußball überzeugt, mit zehn Punkten von der Tabellenspitze.

Neben der eingespielten Aufstiegsmannschaft sorgen in der Offensive sorgen vor allem die beiden Neuzugänge Erik Thommy und Marco Grüttner für zusätzlichen Schwung.

Selbst Verletzungssorgen bringen den Jahn-Motor nicht ins Stocken. Herrlich zieht den Hut vor den jüngsten Leistungen seines neuen Innenverteidiger-Duos. Ist kein etatmäßiger zentraler Abwehrmann mehr verfügbar, springen eben Marvin Knoll und Sven Kopp in die Bresche.

Breite Jahn-Brust

Seit dieser Saison spannen die Jahn-Trikots etwas stärker. Das liegt nicht an überflüssigen Kilos, die die Regernsburger Profis in der kurzen Sommerpause zugelegt haben, sondern viel mehr an der breiten Brust, mit der der Drittligist seither aufläuft. „Erfolg gibt Selbstvertrauen“, weiß Herrlich. Der Pokal-Auftritt passt da gut ins Bild. „Wenn man so ausscheidet, ist man erst mal enttäuscht. Aber ich denke, wir sind mental so stark, dass wir einschätzen können, was wir heute gezeigt haben. Da können wir sehr viel Selbstvertrauen mitnehmen für die nächsten Spiele“, sagt Torwart Philipp Pentke, der sich auch in dieser Spielzeit als starker Rückhalt erweist.
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„Da können wir sehr viel Selbstvertrauen mitnehmen für die nächsten Spiele.“ Philipp Pentke
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Selbstbewusstsein ist derzeit reichlich vorhanden bei den Regensburgern. „Von unserem erklärten Saisonziel werden wir nicht abweichen. Alles andere wäre Träumerei“, erklärt Herrlich, der die magische Marke von 45 Punkten, die zum Ligaverbleib benötigt wird, weiter im Visier hat.

Bevor in der Liga am Samstag (14 Uhr) mit dem VfR Aalen der nächste Prüfstein in der 3. Liga wartet, sind die Oberpfälzer bereits am Mittwoch (19 Uhr) erneut im Pokal gefordert – dann allerdings eine Nummer kleiner. In der zweiten Runde des BFV-Pokals geht es gegen den Kelheimer Bezirksligisten TV Aiglsbach. Und da lässt der Jahn-Trainer keine Zweifel zu: „Wir werden weiterkommen.“

Kleiner Pokalauftritt folgt

Der Regensburger Chefcoach gönnt seinen Stammspielern gegen Aiglsbach aber eine kurze Verschnaufpause. Dafür darf beispielsweise Markus Ziereis, der zuletzt wegen einer Schambeinentzündung einige Wochen pausieren musste, wieder ran.Im BFV-Pokal gelte es seriös aufzutreten, weiß Herrlich. Denn dem Sieger des Wettbewerbs winkt der Einzug in die erste Hauptrunde des DFB-Pokals. Auch die vier besten Mannschaften der 3. Liga sichern sich ein Ticket für den Wettbewerb.

Die Regensburger haben jedenfalls auch in der nächsten Spielzeit einen Startplatz im Visier, um mit den Klassenerhalt in der Tasche dort vor heimischem Publikum den nächsten Großen zu ärgern.

Aufrufe: 024.8.2016, 05:00 Uhr
von Felix Kronawitter und Thomas Gottschling, MZAutor