2024-05-02T16:12:49.858Z

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Das Thema Mindestlohn bleibt weiter Gesprächsthema. F.: Zink
Das Thema Mindestlohn bleibt weiter Gesprächsthema. F.: Zink

Der Mindestlohn schlägt Wellen

Mehr Geld für Vertragsamateure? +++ Ehrenamtliche Tätigkeiten nicht betroffen

Die einen schlagen Alarm, die anderen winken ab, und der Bayerische Fuß­ballverband weiß auch nicht so recht, was da auf den Amateurfußball zu­kommt: Der Mindestlohn stiftet in den ersten Wochen des Jahres Verwir­rung. In den Buchhaltungen vor allem der höherklassigen Vereine darf nun gerechnet werden. Die schon kuriose Gretchenfrage: Ist ein bezahlter Fuß­ballamateur mehr ein Ehrenamtlicher oder doch ein Arbeitnehmer?

Eine groteske Vor­stellung: Spieler A, bis dato bester Mann auf dem Platz, muss in der 60. Minute einer Bayernligapartie ausge­wechselt werden. Grund: Er hat sein vorgeschriebenes Stundenpensum in diesem Monat bereits erfüllt. Spieler B lässt jede Woche eine Trainingsein­heit ausfallen, weil sein langer An­fahrtsweg zu viel Zeit verschlingt.

So weit wird es zwar nicht kommen. Doch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stun­de zum 1. Januar 2015 könnte einige Sportvereine vor finanzielle Probleme stellen, sagt selbst Rainer Koch, Präsi­dent des Bayerischen Fußballverban­des und DFB-Vizepräsident. Wenn Amateure für kleine Gehälter spielen, müssten diese an die neuen Standards angepasst und erhöht werden. Gängig sind Summen im niedrigen dreistelligen Bereich, die in Relation zum wöchentlichen Zeitaufwand für Training und Spiele den geforderten Mindestlohn kaum erfüllen dürften. Gerade die „ländlichen“ Regional­- und Bayernligisten sind hier betrof­fen.

„Momentan sieht es so aus, als ob wieder einmal den kleineren Vereinen ein richtiges Ei ins Nest gelegt worden ist“, meint beispielsweise Gunter Bier­felder, Vorsitzender des Bayernligis­ten Sp Vgg Jahn Forchheim und Rechtsanwalt gegenüber den Nord­bayerischen Nachrichten. „Es gibt dutzende heikler Fragen, aber bisher nur wenig Antworten. Selbst Steuer­berater können nur den Kaffeesatz lesen.“ Josef Lobenhofer, der Fußball-Abteilungsleiter des Regionalligisten SV Seligenporten, will den Teufel nicht an die Wand malen. „Der Min­destlohn wird durch unsere professio­nelle Buchhaltung gewürdigt“, sagt er ganz unaufgeregt. Heißt: Es wird bei den „Klosterern“ derzeit zwar gerech­net, aber nicht mit großartigen Mehr­kosten wegen des neuen Gesetzes.


Schwammige Formulierungen

„Wir müssen halt auf ein vernünfti­ges finanzielles Niveau achten“, meint Lobenhofer, auch mit aktuel­lem Blick auf Verpflichtungen in der Winterpause. „Um es überspitzt zu sagen: Den Shaqiri hätten wir gerne gehabt, aber der war uns zu teuer.“ Ob das Mi Lo G, das neue Mindest­lohn- Gesetz, den Sportvereinen mit ihren Aufwandsentschädigungen und Handgeldern teuer zu stehen kommt, diese Frage trieb die großen Sportver­bände schon im Sommer 2014 um. Zwar gilt der Mindestlohn ausdrücklich nicht für ehrenamtliche Tätigkei­ten; doch was genau darunter zu ver­stehen ist, wird im Gesetz nicht näher erläutert.

Auf Bitten von DFB und DOSB defi­nierte der Gesetzgeber eine ehrenamt­liche Tätigkeit so: „Dies ist dann der Fall, wenn diese Tätigkeit nicht von der Erwartung einer adäquaten finan­ziellen Gegenleistung, sondern von dem Willen geprägt ist, sich für das Gemeinwohl einzusetzen.“ Für Funktionäre, Trainer und Be­treuer dürfte das in den meisten Fäl­len zutreffen. Übungsleiter und Vor­standsmitglieder fallen demnach nicht unter das Gesetz, zumindest wenn ihre Vergütungen im Rahmen der Steuerfreibeträge bleiben (maxi­mal 2400 bzw. 720 Euro im Jahr). Per­sonen unter 18 Jahren, die noch keine abgeschlossene Berufsausbildung ha­ben, sind generell nicht betroffen.

Komplizierter wird es bei den Akti­ven. Der Gesetzgeber meint hier: „Auch Amateur- und Vertragssport­ler fallen nicht unter den Arbeitneh­mer- Begriff, wenn ihre ehrenamtliche sportliche Betätigung und nicht die finanzielle Gegenleistung für ihre Tätigkeit im Vordergrund steht.“ Schwer zu beantworten bei einem Ver­tragsamateur, dessen Salär mindes­tens 250 Euro pro Monat betragen muss. Da wird es dann kompliziert. Für die Frage, ob sein gezahltes Gehalt den gesetzlichen Anforderungen ent­spricht, kommt es dann auf die für das Gehalt angeordnete Arbeitszeit an.

Das Online-Portal www.revier­sport. de hat hierzu ein Rechenexem­pel durchgeführt: „Muss der Spieler an drei Trainingseinheiten à einein­halb Stunden sowie einem Spiel mit zweieinhalb Stunden (einschließlich Aufwärmen und Vorbesprechung, jeweils ohne Wegezeiten hin zum Arbeitsort) teilnehmen, kommt er auf sieben Stunden pro Woche. Die Rech­nung: 7 x 4,33 = 30,31 Stunden pro Monat. Um dem Mi Lo G gerecht zu werden, müssen dann mindestens 30,31 x 8,50 Euro = 257,63 Euro pro Monat gezahlt werden.“

Spitzfindigkeiten im Vertrag

Das wären also nicht einmal acht Euro mehr als zuvor. Das Fazit von Revier Sport aus Essen: „Die Lösung für den Amateursport heißt Ehren­amt. Wird bei einer Vertragsunter­schrift festgehalten, dass der Vereins­angestellte nicht ,in Erwartung einer adäquaten finanziellen Gegenleis­tung‘, sondern aus der Intention einer ehrenamtlichen Beschäftigung han­delt, für die er sich nur entschädigen lässt, bleibt fast alles beim Alten.“

Gunter Bierfelder von Jahn Forch­heim stößt ein anderes „Denkmodell“ an: Der Arbeitsvertrag könnte nur die Teilnahme an Pflichtspielen umfas­sen. „Das Training wäre demnach im Rahmen der Vereinsmitgliedschaft möglich, aber freiwillig. Ob dies eine unzulässige Umgehung des Mindest­lohngesetzes darstellt, ist zu prüfen.“

Aufrufe: 022.1.2015, 14:30 Uhr
Nicolas Damm (NN Neumarkt)Autor