2024-04-29T14:34:45.518Z

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Ein Leben im Dienst des Sports: Peter Schlüter vor der Sponsorenwand im Presseraum des MSV Neuruppin - im Rampenlicht zu stehen, ist seine Art jedoch nicht. © MZV
Ein Leben im Dienst des Sports: Peter Schlüter vor der Sponsorenwand im Presseraum des MSV Neuruppin - im Rampenlicht zu stehen, ist seine Art jedoch nicht. © MZV

Der Mann hinter dem MSV

Peter Schlüter ist Verantwortlicher für den Spielbetrieb in Neuruppin. Seit Jahrzehnten gibt er für den heutigen Brandenburgligisten fast sein letztes Hemd.

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Jürgen Klopp ist so einer. Roger Schmidt auch. Pal Dardai manchmal. Peter Schlüter dagegen zählt keineswegs zu diesen extrovertierten Trainern. Der Neuruppiner ist wohl noch nie ausgeflippt. Dennoch: Hinter der stillen Fassade verbirgt sich ein Kenner der Fußballszene. Seit sechs Jahrzehnten bestimmt das runde Leder sein Leben, am Ostersonntag wurde er 70.

Obwohl beinahe alles über ihn bekannt ist, überraschte er bei unserem Treffen: "Was keiner weiß", strahlte er und griff in eine zwischen Wimpeln gesteckte Klarsichthülle, in der viele Zeitdokumente steckten. "Schau mal." Peter Schlüter reichte mir ein kleines schwarz-weißes Faltblatt, das beinahe exakt vor 50 Jahren ausgestellt worden war: Sein Schiriausweis. "Ja", begann er zu erzählen, "ich durfte Spiele bis zur Bezirksklasse pfeifen. Mit dem Fahrrad ging es damals nach Herzberg oder Lindow oder Alt Ruppin." Zugegeben, die Pfeiferei wich bald der Trainertätigkeit. Im gleichen Jahr noch legte er die Stufe I ab, Stufe II folgte 1967. Spätestens da war klar, aus Peter Schlüter wird kein herausragender Spieler oder wie er sich beschreibt: "Auf mittelprächtigem Niveau bei den Junioren von Lok Neuruppin und kurz bei den Männern."

Mit der Fusion von Empor und Lok Neuruppin zu electronic "hatten wir auf einen Schlag über 1 000 Mitglieder. Das war im Ehrenamt nicht mehr zu stemmen." Er wurde zum Sachbearbeiter Sport benannt, Dr. Schirmer unterstellt und bezog ein Büro im fünften Stock des Hauptgebäudes der Elektro-Physikalischen Werke Neuruppin. "Wir wurden noch gewaltiger. Ein Sportbüro wurde geschaffen." Günter Soost und Rosemarie Herzog ergänzten das neue Team, später auch Uwe Rose, der ausschließlich die Fäden des Fußballs in den Händen hielt. Peter Schlüter bekam die extrem frequentierte Kegelbahn übergestülpt. "Freizeit- und Erholungssport nannte sich das. Ich musste Termine, Sportfeste und Turniere organisieren. Allein beim Kegeln waren 400 Leute in 14 Tagen durchzuziehen. Das war schon wuchtig."

Als Siegfried Protz und Horst Conrad die erste Männermannschaft von "elec" coachten, übernahm Peter Schlüter die Junioren. Thomas Schlösser, Volker Hoffeis, Frank Wunderlich, später Eckhard Stellmacher und Hansjörg Bochert - die Liste der "electroniker" ist lang, die durch seine Hände liefen. Bis 1990 hat Peter Schlüter durchgezogen und feierte in den drei Jahrzehnten sowohl mit seinen Vereinsteams als auch in seiner Funktion als Auswahltrainer endlos Erfolge. 1977 wurde sein Team mit Detlef Petter und Wilfried Howe beispielsweise Bezirksmeister. "Schade, dass Wilfried sich so schwer verletzte. Der war schon als 18-Jähriger Libero bei den Männern und stand vor einer großen Karriere. Wir haben die Junioren damals beinahe professionell geführt, bekamen nach Sonntagspielen montags frei", schmunzelt Peter Schlüter über den Luxus, den ein Großbetrieb mit sich brachte. 1980 holten seine Neuruppiner den Vize-Bezirksmeistertitel Potsdam. "Das war ein Jahrgang", schwärmt er von der Goldenen Generation um Wolfgang Stettin, Uwe Zenker oder Torsten Wunnicke. "Die Jungs fanden sich fast alle in der ersten Männermannschaft wieder." 1985 bezwang seine Elf im Endspiel um den "Junge-Welt-Pokal" Luckenwalde mit 2:1.

Ein Jahr nach der politischen Wende rückte der damals 44-Jährige ins zweite Glied. "Die Junioren übergab ich Uwe Klähn, während ich mich auf die Betreuerfunktion einspielte." Es schlossen sich bittere Enttäuschungen im Neuruppiner Sport an ("Das eine Jahr unter TuS wurden wir in der Landesliga abgewatscht"), aber auch herausragende Zeiten ("Der Aufstieg zur Oberliga. Mit Trainer Detlev Zimmer war es ein sehr gutes Arbeiten.") - jene Phase, in der beim MSV dank der Fördermittel durch die Stadtwerke wieder semiprofessionelle Strukturen aufgebaut wurden.

Auch im Vorstand des 1992 installierten Fußballkreises wirkte Peter Schlüter mit. Dass er das Ehrenamt als Geschäftsführer bekleidete, scheint wegen seines unglaublich weitreichenden Netzwerkes nur allzu logisch. Doch mit dem nochmaligen Zusammenschluss zur Region Prignitz/Ruppin vor zwei Jahren legte er diese Funktion nieder. Aus anfangs einem Kreis waren nach Erweiterungen in den Nordwesten fünf geworden. "Ich denke", so sein Fazit zu den nach zahlreichen Rücktritten nicht zur Ruhe kommenden Gremien im Fußballkreis, "den Arbeitsaufwand habe viele unterschätzt. Und man ist heute zu dünnhäutig."

Heute wirbelt Peter Schlüter weiterhin als so genannter Verantwortlicher für den Spielbetrieb des MSV, inklusive Pass/Meldewesen, Ehrenamt, Schiri-Betreuer, Kontakt zum Platzwart, Trainerlizenz und Sportbekleidung. Eines seiner Steckenpferde stellt die Vereinschronik dar, dessen Ergänzen er sich nun verstärkt widmet. "Da ist leider vieles verloren gegangen, auch wenn wir zum Beispiel noch eine Urkunde und ein Bild aus 1953 fanden. Damals ist Neuruppin DDR-Meister geworden."

Lange, lange her. Auch die Landesmeisterschaft liegt inzwischen schon wieder beinahe 15 Jahre zurück oder der Landespokalsieg elf Jahre. Aber Peter Schlüter wäre nicht Peter Schlüter, wenn er sich nicht die Jugend in den Fokus rückt: "Ich wünsche mir Stabilität in den nächsten Jahren, das ist schwer genug. Wir müssen den Egoismus ablegen", regt er zu mehr Weitblick im Zusammenarbeiten zwischen den Vereinen an. Konkret: "Eine A-Jugend für Neuruppin reicht." Entscheidend sei, dass genügend Trainer sich um die Ausbildung kümmern. "Ich betone: qualifizierte Trainer."

Aufrufe: 028.3.2016, 08:30 Uhr
MOZ.de / Matthias HaackAutor