2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
Im Mai wurde Thomas Stratos (Mitte) von Sportchef Christian Keller und dem damaligen Klub-Boss Ulrich Weber (rechts) verabschiedet.  Foto: Nickl
Im Mai wurde Thomas Stratos (Mitte) von Sportchef Christian Keller und dem damaligen Klub-Boss Ulrich Weber (rechts) verabschiedet. Foto: Nickl
VR Bank Bodensee-Oberschwaben

"Das ist eine ganz, ganz linke Nummer"

Bei der Mitgliederversammlung des Jahn werden Details zu den Trennungen von Thomas Stratos und Franz Gerber verkündet +++ Die wundern sich und kontern hart

Verlinkte Inhalte

Viel wurde am Sonntag über die Zukunft des SSV Jahn Regensburg gesprochen. Die Vergangenheit des Klubs kam bei der Mitgliederversammlung nur kurz zur Sprache, dafür steckte da viel Zündstoff drin. Ex-Vorstandsboss Ulrich Weber sprach in seinem Rechenschaftsbericht auch über die Trennungen von Thomas Stratos und Franz Gerber und erzählte pikante Details. Stratos und Gerber wundern sich darüber und stellen in der MZ nun ihre Sicht der Dinge dar.

Warum sich der Verein im vergangenen Sommer von Trainer Stratos getrennt hat, ist seit Monaten Gegenstand vielfältiger Gerüchte. Der Sportchef des Klubs, Christian Keller, wollte nie die genauen Gründe nennen. Das gehöre sich nicht, in einem professionell arbeitenden Unternehmen, meinte er. Durchaus überraschend brachte Weber diese Angelegenheit aber nun auf der Mitgliederversammlung zur Sprache. Es sei nicht so gewesen, sagte er, dass Stratos erst im April vor vollendete Tatsachen gestellt worden war.

,,Starkes Verbesserungspotenzial"

Bereits in der Winterpause habe der Klub Weber zufolge beschlossen, dass es in der aktuellen Form nicht über die Saison hinaus mit Stratos weitergeht. Man habe bei dem Coach ein ,,großes Verbesserungspotenzial" bei der Trainingsarbeit gesehen und ihm dies auch mitgeteilt. Hätte Stratos in den kommenden Monaten etwas geändert, meinte Weber, hätte man über eine Verlängerung sprechen können. Das sei aber nicht erfolgt. Zudem stellte Weber vielsagend in den Raum, dass man in den Jahn-Gremien ,,bis heute nicht weiß, ob Thomas Stratos überhaupt einen Fußballlehrerschein hat".

Stratos, der genauso wie Gerber bei der Mitgliederversammlung nicht anwesend war, bringen Webers Aussagen auf die Palme. ,,Das ist eine ganz, ganz linke Nummer", sagte er am Montag der MZ. Für ihn wirke es, als ob man beim Jahn nun im Nachhinein Gründe suche, um die Trennung von ihm zu rechtfertigen. Webers Darstellung ist Stratos zufolge komplett falsch. Ihm sei in der Winterpause nicht mitgeteilt worden, dass es bei ihm ,,Verbesserungspotenzial in der Trainingsarbeit" gebe. Weder von Sportchef Keller, noch von einem anderen Vertreter der Gremien und auch nicht von Weber, den er ohnehin selten beim Jahn getroffen habe. ,,Und an den Aussagen jetzt sieht man auch, wie nah der ehemalige Klubboss überhaupt am Verein dran war." Stratos zufolge habe er nämlich sehr wohl eine Fußballlehrerlizenz, die von der Uefa ausgestellt wurde. Dies sei dem Deutschen Fußball-Bund und dem Jahn offiziell mitgeteilt worden.

Kurios ist dabei der Umstand, dass Sportchef Keller selbst bei der Bekanntgabe der Trennung von Stratos mitgeteilt hatte, dass der Trainer kurz vor dem Erwerb seiner Fußballlehrerlizenz sei, dies also kein Grund für die Entscheidung gegen ihn gewesen sei.

Stratos versteht nun die Welt nicht mehr. ,,Ich weiß ehrlich nicht, was ich denen getan habe", sagt er. Er sei derzeit auf der Suche nach einem neuen Job als Trainer. Die Aussagen von Weber seien diesbezüglich ,,Rufmord". Er empfiehlt den Verantwortungsträgern beim Jahn ,,lieber mal auf die eigene Arbeit zu schauen, als hier derartige Sachen in die Welt zu setzen".

Ebenfalls kein Blatt vor den Mund nimmt Gerber. Der sagt, dass auf der Versammlung ,,wie so oft beim Jahn öffentlich nur die halbe Wahrheit erzählt worden ist". Weber hatte auch über die Entlassung von Gerber im Sommer 2013 gesprochen. Der damalige Sportchef sei nicht Knall auf Fall vor die Tür gesetzt worden. Man habe Gerber angeboten, gemeinsam mit Keller in der sportlichen Leitung zu arbeiten, erzählte Weber. Gerber habe das aber abgelehnt und so sei es zur Trennung gekommen.

Gezerre um Vertragsinhalte

Gerber bestätigt, dass damals über ein entsprechendes Modell geredet wurde. ,,Man hat mir gesagt, dass es von einem Sponsor neues Geld gibt, wenn Christian Keller dazu genommen wird", erzählt er. Er habe dem zugestimmt, unter der Voraussetzung, dass er, Keller und auch Finanzgeschäftsführer Johannes Baumeister identische Verträge haben würden. Dies sei Gerber zufolge vom Aufsichtsrat auch beschlossen worden. Ein paar Tage später sei diese Vereinbarung über den Haufen geworfen worden. ,,Da hatte Christian Keller plötzlich drei Jahre Vertrag und ich nur ein Jahr. Zudem sollte er nahezu das Doppelte verdienen. Da habe ich dann gesagt, das mache ich nicht mit."

Der ehemalige Jahn-Sportchef fällt ein vernichtendes Urteil. ,,Auch hier sieht man wieder, wie die Öffentlichkeit und Fans vom Jahn falsch informiert werden. Es wird alles so hingestellt, wie es den Verantwortlichen gerade passt." Dass Weber bei der Mitgliederversammlung später eine Kampfabstimmung um seinen Aufsichtsratsposten gegen einen Fan verloren hat, sieht Gerber als ,,Quittung für dieses Verhalten" an. Der frühere Fußball-Profi kritisiert darüber hinaus ganz allgemein die Besetzung der Gremien beim Jahn. Hier gebe es niemand, der Erfahrung im Profifußballbereich habe: ,,Das ist für mich, wie wenn einer als Hobby gerne bastelt und dann glaubt, er weiß genau so viel wie ein Handwerksmeister."

Aufrufe: 020.10.2014, 18:36 Uhr
Von Jürgen Scharf, MZAutor