2024-05-02T16:12:49.858Z

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Ein Foto, das durchs Netz ging: Schiedsrichter Walter Schaffert bietet Melih Olucak seinen Job an.  Foto: Brüssel
Ein Foto, das durchs Netz ging: Schiedsrichter Walter Schaffert bietet Melih Olucak seinen Job an. Foto: Brüssel

"Dann hab ich g`sagt: Pfeif` halt selber"

Eine Szene aus einem Regensburger Kreisklassen-Spiel wird zum Internet-Hit +++ In den Hauptrollen: Schiri Walter Schaffert und Trainer Melih Olucak

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Massenschlägereien, Beleidigungen und Spielabbrüche - der Amateurfußball geriet zuletzt arg in Verruf. Der Bayerische Fußball-Verband hat bereits Fair-Play-Kampagnen gestartet und ausgebildete Konfliktmanager installiert. Wenn Trainern, Spielern oder Zuschauern trotz aller Mahnungen und Ratschläge dann doch wieder das Temperament durchgeht, ist guter Rat teuer. Dann braucht man Typen wie Walter Schaffert aus Nittendorf.

Erfahrung aus über 1900 Spielen

Schaffert ist 59 Jahre alt, ,,bald Sechzig", wie er sagt, und seit 33 Jahren als Schiedsrichter im Fußball-Kreis Regensburg aktiv. ,,Über 1900 Spiele", erzählt er stolz, hat er bereits gepfiffen. Der Referee vom FC Viehhausen ist als ,,der Schaffert Walter" quer durch die Regensburger Ligen bekannt - seit Sonntag ist er noch bekannter. Im Kreisklassen-Spiel zwischen dem FC Mötzing und dem VfB Regensburg hatte Christian Brüssel, Fotograf der Mittelbayerischen Zeitung, Mitte der zweiten Hälfte auf den Auslöser gedrückt. Und das, obwohl er keine Spielszene, keinen Fußballer, ja nicht einmal einen Ball vor der Linse hatte. Brüssel hatte etwas viel Besseres im Fokus. Es entstand ein Foto, das seitdem im Internet mehrere Zehntausende Male angeklickt, unzählige Male kommentiert wurde - und einem der Beteiligten bis Montagmittag ,,exakt 562 SMS" auf dem Handy einbrachte.

Abseits? - das war hier die Frage

Wie so oft im Fußball ging es zunächst um ein paar Zentimeter. Abseits oder nicht? Das war die Frage. Schiedsrichter Schaffert ließ das Spiel weiterlaufen. Melih Olucak, Trainer des VfB Regensburg, sah es anders. ,,Er hat ein paar Mal reingeplärrt, dass es doch Abseits und so war", erzählt Schaffert. ,,Dann hab\' ich ihm erst Mal zugerufen, dass er ruhig sein soll." Olucak gab aber nicht nach. ,,Es war überhaupt nicht bös\', es waren keine schlimmen Worte, aber er hat halt nochmal angefangen", erzählt Schaffert.

Mit all der Erfahrung aus mehr als 1900 Spielen reagiert der Schiedsrichter instinktiv. ,,Ich bin zu ihm hin, und dann hab\' ich nur g\'sagt: Pfeif halt selber - und hab ihm die Pfeife hingehalten." Und dann war es ruhig. Olucak kann am Montag über die Szene herzhaft lachen. Fast reumütig gibt er zu, dass er eben mit Leib und Seele bei der Sache sei und manchmal, dann breche es eben aus ihm raus. Als ihm Schaffert die Pfeife vor die Nase hielt, sei er baff gewesen. ,,Und dann haben wir gleich gelacht und uns umarmt, das war einfach eine wunderbare Szene." Olucak will dem Schiedsrichter ein ,,Riesen-Kompliment" machen: ,,Dass ich mich überhaupt so beschwert habe, gehört sich nicht, das ist klar. Der Walter Schaffert hat aber nur klasse reagiert. So etwas hilft doch viel mehr, als den Trainer vom Gelände zu schicken oder so."

Schaffert habe genau dieses Fingerspitzengefühl, das bei Schiedsrichtern so oft gefordert wird, bewiesen. ,,Der Walter Schaffert ist eben auch einer, mit dem du dich schon vor oder nach dem Spiel mal unterhältst. Dadurch lernt man sich über die Jahre kennen. Ich glaub auch, dass es nur dadurch möglich ist, dass man so etwas dann locker lösen kann."

Olucak selbst hat auch viel Feedback erhalten. Sein Handy stand seit Sonntag nicht mehr still: ,,Es haben sich auch alte Bekannte gemeldet, von denen ich seit Jahren nichts gehört hatte." Der so hoch gelobte Schaffert hat übrigens kein Erfolgsgeheimnis. Das mit der Pfeife habe er zum ersten Mal gemacht, erzählt er. Ob es eine Wiederholung gibt? Schaun mer mal...

Aufrufe: 018.11.2013, 16:09 Uhr
Jürgen ScharfAutor