Techniker ist Dragan Misetic von Beruf, das klingt schon mal nicht schlecht für den neuen Trainer der Fußballfrauen des 1. FC Nürnberg. Taktiker muss der 42-jährige A-Lizenzinhaber allerdings auch sein, denn nach drei Vorgängern im Amt im Vorjahr und dem erst am letzten Spieltag vermiedenen Abstieg aus der Regionalliga ist die Aufgabenstellung klar: Er soll für Kontinuität und sportlichen Aufschwung sorgen.
Zum Frauenfußball hatte Misetic vorher noch keinerlei Verbindung; aus seiner Sicht ebenso wenig ein Manko, dass vor ihm die ehemaligen Club-Profis Reinhold Hintermaier und Dieter Trunk im Gespräch waren, wegen des zeitlichen Aufwandes jedoch absagten. Er war sich mit Schatzmeister und Geschäftsführer Andreas Tschorn („Wir können uns zwar nicht alles leisten, aber finanziell ist alles im grünen Bereich“) schnell über den Einjahresvertrag einig, nach einem Jahr Auszeit als Trainer eine reizvolle Aufgabe. „Aber ich plane länger“, sagt der gebürtige Kroate nach den ersten Eindrücken. Längst hat er einen deutschen Pass, hat seit über zwei Jahrzehnten im Amateurfußball der Region, darunter Mitte der 90er auch ein Jahr beim Club, als Spieler, Spielertrainer und Trainer eine gehörige Portion Erfahrung gesammelt.
Nach zwei Wochen in seiner neuen Umgebung ähnelt sein Urteil dem seiner Vorgänger: „Keinerlei Probleme im Miteinander, fußballerisch gut ausgebildet, aber athletisch Defizite und vor allem körperlich zu brav in den Zweikämpfen.“ Daran und natürlich am Kennenlernen seines Kaders, der nominell immerhin 24 Spielerinnen umfasst, nahezu die komplette Regionalliga- Mannschaft und dazu acht Aktive aus dem U17-Bundesligateam, wird in den drei Trainingseinheiten pro Woche intensiv gearbeitet. Irgendwelche Vorgaben gibt es zwar nicht, aber der eigene Anspruch und auch der der Mannschaft gilt auch unausgesprochen: Deutlich besser, vor allem erfolgreicher spielen als im Vorjahr, sich an den Spitzenteams der Liga orientieren.
„Es braucht noch etwas Zeit, um einigermaßen verlässliche Eindrücke zu gewinnen“, sagt Misetic, zumal er die verletzte Tamara Bajic, eine torgefährliche Stürmerin der U17, und die Bundesliga- erfahrene Teamseniorin Marina Vogt bisher noch nicht bei den Übungseinheiten in Augenschein nehmen konnte. Ohnehin neigt Misetic nicht dazu, sich nur nach den Trainingseindrücken zu richten, will die Spielerinnen erst einmal im Wettkampf sehen, „denn das ist etwas ganz anderes“.
Die erste ernsthafte Gelegenheit verlief, so Misetic, „fast besser als erwartet“. Denn nach vier Siegen ohne Gegentor in Turnier-Kurzspielen gegen unterklassige Gegner am Tag zuvor gab es am Sonntag gegen den SV Weinberg, als Zweit-Bundesligist durchaus so etwas wie ein Zielobjekt für den Club, trotz des 1:2 einen Mut machenden Auftritt. „Spielerisch haben wir jederzeit mitgehalten und hatten auch gute Chancen“, lobte er alle 16 eingesetzten Akteurinnen, darunter immerhin sechs aus der U17. Sie dauerhaft zu integrieren, ist eine der Herausforderungen für den Trainer, „an die Unterschiede gerade im Hinblick auf die körperlichen Anforderungen müssen sie sich erst gewöhnen“.
Dazu besteht in den nächsten Wochen in weiteren Testspielen Gelegenheit, denn bereits bis zum ersten Höhepunkt der Saison, dem DFB-Pokalspiel der ersten Hauptrunde am 24. August, soll sich so etwas wie eine Stammbesetzung herauskristallisiert haben. Gegner am Valznerweiher ist Bundesliga-Aufsteiger SC Sand, der bei nur einem Remis mit einem Zweitliga- Durchmarsch seine Qualitäten nachdrücklich bewiesen hat. Diese Generalprobe passt bestens ins Konzept des Trainers, „denn normalerweise kann nichts mehr motivieren als das Duell mit einem Erstliga- Vertreter“.
Das will er sehen, trotz der Außenseiterrolle; „kein Schaulaufen, denn jede kann und muss da an ihre Grenzen gehen, unabhängig vom Ergebnis“. Zugleich ist es nämlich die beste Bewerbung, um sich für einen Platz im Regionalligateam zu empfehlen, das mit einem Heimspiel und großen Wartungen gegen Jahn Calden am 7. September in die Saison 2014/15 startet.