2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
F: Sebastian Patzel
F: Sebastian Patzel

"Bin nicht der Typ, der kurz was macht"

Im FuPa-Interview spricht Trainer Dirk Schneider über zehn Jahre bei der SG Kaarst, was ihm fehlen wird und was vielleicht kommt.

Am Sonntag um circa 16.50 Uhr endet bis auf weiteres das Kaarster Kapitel Dirk Schneider. Es dauerte ein Jahrzehnt, auf das der 47-Jährige zufrieden zurückblickt. Der Übungsleiter schlägt nach 29 Jahren voller Vorbereitungen, Training und Wettkampf ein neues Kapitel auf. Vorerst ohne Fußball – aber so ganz ohne Fußball wird es nicht gehen.

Wie geht es Ihnen wenige Tage vor dem vorerst letzten Pflichtspiel als Trainer der SG Kaarst. Fühlt sich das anders an als sonst?

Dirk Schneider: Eigentlich nicht. Es geht gegen Neuwerk ja nochmal richtig um etwas. Die wollen nicht absteigen und wir wollen nicht in den Abstiegskampf eingreifen. Also werden wir entsprechend nochmal alles raushauen. Das ist für mich als Trainer zum Abschluss durchaus anspruchsvoll, da meine Jungs ja keine eigenen Ziele mehr erreichen können.

Also eher Alltag, keine Spur von Sorge?

Schneider: Sorge vor was?

...vor einer Leere vielleicht?

Schneider: Nein, nein. Ich denke seit knapp einem halben Jahr an diesen Tag. Bislang fühlt sich alles normal an. Vielleicht passiert gefühlstechnisch etwas in den letzten Minuten, wenn ich realisiere, dass es vorbei ist. Grundsätzlich aber freue ich mich auf die Zeit danach.

Was passiert denn danach?

Schneider: Ich plane erstmal nichts. Ich bin beruflich sehr zufrieden, privat läuft es auch. Ich habe in meiner Zeit bei der SG sehr viele Menschen kennen gelernt, ich habe Freunde gewonnen. Eine Leere wird da sicher nicht entstehen, auch wenn ich so eine Art Pause noch nie hatte. Die vergangenen 29 Jahre bestanden fast nur aus Fußball. Es wird sicher spannend, wie es ohne Fußball ist.

Ganz ohne Fußball?

Schneider: Tja, das glaubt mir irgendwie keiner. Man soll auch nie nie sagen, schon gar nicht in diesem schnelllebigen Amateurfußball. Stand heute werde ich mehr Freizeit genießen, das ist doch schon was Gutes, oder?

Aber Sie werden sich schon noch Spiele ansehen?

Schneider: Na klar! Ich bin dann Fan der SG Kaarst. Glauben Sie nicht, dass mich das dann nicht mehr interessiert. Ich werde mir ansehen, was die Jungs machen, wenn es zeitlich passt. Mein Lieblingsklub ist Borussia Mönchengladbach, aber die SG Kaarst ist mein Heimatverein.

Wer müsste Sie denn fragen?

Schneider: Das ist eigentlich egal. Vielleicht spielt der Ort eine Rolle, aber ansonsten ist viel wichtiger, dass es passt. Das ist auch nicht abhängig von der Liga. Mich würde erstmal die Ernsthaftigkeit der Frage interessieren.

Hat denn schon jemand bei Ihnen angefragt?

Schneider: Ja.

Wie ernsthaft denn?

Schneider: Es gab lose Gespräche, es gab aber auch zwei ernsthafte. Das hat schon mein Interesse geweckt. Aber wie gesagt, Stand jetzt mache ich eine Pause.

...in der Sie auf zehn schöne Jahre bei der SG Kaarst zurückblicken und sich an den schönsten Moment erinnern werden?

Schneider: Das ist schwierig, es waren einfach zu viele schöne Momente, um einen herauszuheben. Der Aufstieg vielleicht oder das Pokalendspiel, das wir leider verloren haben. Ich sehe die Zeit als Ganzes. Der Zusammenhalt, das familiäre Gefühl – das war und ist mir wichtig. Ich werde immer gerne zurückdenken, an die vielen Siege, die sind für mich besonders. Man kann festhalten: Diese Zeit hat mein Leben um einiges bereichert.

Und die Tiefpunkte?

Schneider: Ich denke grundsätzlich positiv. Aufgeben war nie ein Thema. Es gab selbstverständlich Zeiten, in denen es sportlich nicht so lief. Da war mal eine Serie von vier Niederlagen, als wir in den Bezirksliga-Keller gerutscht sind. Vielleicht gab es da mal böse Gedanken, dass man so viel investiert und vielleicht doch etwas falsch macht. Aber die gehen schnell weg. Nackenschläge gehören dazu und dann ist es schon wieder positiv, wenn man sich daraus kämpft.

Wenn man so lange bei einem Klub Trainer ist, was ist dann der größte Vorteil?

Schneider: Man kann etwas aufbauen, man entwickelt Automatismen. Harmonie ist wichtig, die ist ja nicht einfach da, die muss sich entwickeln.

Und was ist der große Nachteil?

Schneider: Natürlich nutzt man sich ab. Wenn der Trainer nicht geht, muss sich die Mannschaft immer wieder verändern. Man benötigt frisches Blut. Ansonsten sehe ich wenig Nachteile, deutlich mehr Vorteile.

Zehn Jahre sind im Amateurfiußball eine gefühlte Ewigkeit, bleiben Sie beim nächsten Klub wieder zehn Jahre?

Schneider: Das wird ja nicht alleine in meiner Hand liegen, aber warum nicht? Wenn die Strukturen wieder stimmen, halte ich eine längere Amtszeit für realistisch. Alles ist möglich. Nur eins ist sicher: Ich bin nicht der Typ, der kurz was macht.

Welcher Klub würde Sie reizen?

Schneider: Ich bin offen für neue Aufgaben, es gibt jetzt nicht den einen Klub, den man unbedingt trainieren möchte. Da kann ich mir vieles vorstellen.

...auch eine Zweite Mannschaft?

Schneider: ...hatte ich ja schon mal beim VfR Büttgen. Ich finde das sehr schwierig und ziehe den Hut vor den betreffenden Trainern. Selbst, wenn die Zweite der Unterbau einer hochklassigen ersten Mannschaft sein sollte, würde ich eher zu einer ersten Mannschaft tendieren.

Die Fragen stellte Christian Kurth

Aufrufe: 03.6.2016, 09:00 Uhr
Christian KurthAutor