2024-05-10T08:19:16.237Z

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Torjubel ist die beste Medizin. Fünf Spieler haben den TuS Bonndorf in der Winterpause verlassen, fünf sind aktuell verletzt. | Foto: Wolfgang Scheu
Torjubel ist die beste Medizin. Fünf Spieler haben den TuS Bonndorf in der Winterpause verlassen, fünf sind aktuell verletzt. | Foto: Wolfgang Scheu

Bezirksliga: Ein Kaltstart mit vielen Fragezeichen

Personalnot in Bonndorf, Gelassenheit in Hölzlebruck, Mut zur Aufholjagd in Hinterzarten und Grafenhausen

Der Frühling scheint da und ist doch bedroht. Zum Start in die Frühjahrsrunde erwartet die vier Fußball-Bezirksligisten aus dem Hochschwarzwald am Wochenende womöglich noch einmal Schnee und damit das, was Kicker nicht wirklich mögen: Winter. Schnee und Eis haben schließlich in der Vorbereitung schon für genug Verdruss gesorgt. Es ist ein Start mit mehr oder minder großen Sorgen. Gleich auf acht Spieler aus der erfolgreichen Herbstrunde muss Bonndorfs Trainer Nils Boll zum Auftakt verzichten. Eine kuriose Hinspielniederlage wettzumachen gilt es für den SV Hölzlebruck, in einem Sechspunktespiel erwartet Schlusslicht Grafenhausen den Tabellendreizehnten SV Hinterzarten.
TuS Bonndorf
Exodus beim TuS Bonndorf: Gleich eine Handvoll Spieler haben die Elf des aktuellen Tabellenfünften in der Winterpause verlassen, darunter die Torhüter Steffen Vesenmayer, der jetzt bei der DJK Donaueschingen zwischen den Pfosten steht und Philipp Johnston, der sich dem Ligakonkurreten SV Grafenhausen anschloss. Florian Isele stürmt in der Frühjahrsrunde für den Landesligisten FC Löffingen und erzielte gegen den Hegauer FV das letzte Tor zum 5:1-Heimsieg der Rothosen, Christian Feger schloss sich dem FC Neustadt an, Michael Rendler, der in Weingarten wohnt, hat seine Karriere beendet. Warum diese Spielerflucht? TuS-Trainer Nils Boll, aktuell stark erkältet, gibt sich bedeckt, spricht vom Reiz neuer Eindrücke, die sich wohl in der Fremde ergeben könnten. Es sind Wechsel, die erklärbar und verschmerzbar sind, doch sie verschärfen die aktuelle Personalnot bei den Bonndorfern. Jonas Fehrenbach fällt nach einem Bänderriss noch mindestens vier Wochen aus, Marco Baumgärtner, Jonas Bernhart und Marco Morath werden durch Oberschekelzerrungen gebremst. Dazu kommen drei, vier kranke Spieler. "Im Moment hab' ich gerade mal zwölf Feldspieler", so Boll, "da darf jetzt einfach nichts mehr passieren". Resignieren werden er und sein arg geschrumpftes Team deshalb nicht. "Die Situation ist mies, aber wir werden das beste daraus machen", gibt sich Boll kämpferisch.

Mut machen ihm die Erkenntnisse aus sieben Testspielen, gegen Geißlingen (2:0), Tiengen (6:2) und Erzingen (4:2) gelangen klare Siege. Wo der TuS momentan steht, war am Wochenende zu erkennen. Der Bezirksligatest gegen Titelfavorit Königsfeld ging mit 0:3-Toren verloren. Im Vergleich zur Vorrunde fehlen Boll acht Mann: "Das lässt sich nicht kompensieren." Doch jene elf, zwölf Mann, die sich in den vergangenen Tagen im Training zerrissen haben, machen ihm Hoffnung vor dem ersten Spiel der Frühjahrsrunde in Dauchingen. "Zählbares" will Boll mitnehmen und zur Not wäre er auch mit einem Unentschieden zufrieden - es wäre TuS-Remis Nummer zehn in dieser Saison.

SV Hölzlebruck
Andreas Binder, Laiendarsteller, gab in den vergangenen Jahren auf den Theatbrettern kurz nach Weihnachten oft den jugendlichen Liebhaber. Eine Rolle, der er mittlerweile entwachsen ist. Reifer ist er geworden, routinierter. So wie seine Mannschaft, die er im Juli 2015 von Kreisliga-A-Meistermacher Wolfgang Andris übernahm. Die Aufsteigerelf des HSV akklimatisierte sich rasch in der Bezirksliga, bot frischen Angriffsfußball und überraschte manch etabliertes Team. "Das erste Jahr war ein Abenteuer", erinnert sich Binder, "jetzt ist die Bezirksliga schon ein bisschen Routine". Es ist eine Vertrautheit, die hilfreich sein kann. Der HSV, Ende der vergangenen Saison als stolzer Aufsteiger Tabellenfünfter, wird von keinem Konkurrenten mehr unterschätzt und wird als fester Bestandteil der Bezirksliga wahrgenommen. Doch Routine ist der Feind der Kreativität. "Vielleicht waren wir in der Herbstunde im Unterbewusstsein ab und zu ein bisschen überheblich", so Binder: "Die Konstanz war da, aber die Ergebnisse haben nicht immer dazu gepasst." 25 Punkte stehen bislang auf der Habenseite, es könnten deutlich mehr sein, so Binder, der möglichst rasch mit seinem Team die 40-Punktemarke erreichen will, "und danach ist alles Zugabe".

Durchaus möglich sei noch Rang zwei, "aber wir dürfen uns nicht zu sicher sein und müssen zuerst nach unten schauen", so der HSV-Trainer. Schließlich rechnet er mit drei, "im schlimmsten Fall mit vier Absteigern". Kegel-Fußballer Marc Grieshaber ist von einem mehrmonatigen Studienaufenthalt zurück im Team. Von einer Entzündung im Fuß geplagt wird Andreas Beha. Gehen geht, kicken nicht. Und Nico Riesterer zwickt die Leiste. Künftig auf dem Eisenbacher Höchst zwischen den Pfosten stehen wird Sascha Braun. Am 5. Februar bat Binder erstmals zum Training in einem Winter, den er "so lala" nennt, "im vergangenen Jahr war es wesentlich schlimmer". In acht Testspielen ging es vor allem um Wettkampfhärte, ein Schützenfest gab es beim 8:0 gegen den FC Neustadt II. Ein Trauma belastet Binder und seine Fußballer immer noch. In der Hinrunde sahen die Hölzlebrucker beim Gastspiel in Brigachtal nach einer komfortablen 4:1-Führung schon wie die sicheren Sieger aus - und unterlagen noch mit 4:5. "Das war ein bisschen Paris", so Binder mit einem Seufzer, "das hat für einen Knacks gesorgt". Eine kuriose Niederlage, die jetzt endlich aus den Köpfen soll, mit einem Sieg als Therapie. Erster Hölzlebrucker Heimgegner der Frühjahrsrunde ist: der FC Brigachtal.

SV Hinterzarten Chef sein ist eine feine Sache, wenn man die, die es zu führen gilt, hinter sich weiß. Lars Mundinger, seit dem 1. Juli 2016 Spielertrainer des SV Hinterzarten, hat die Verantwortung, die man ihm aufbürdete, konsequent geschultert, sich in sein neues Amt reingekämpft, ohne Allüren. Er sieht sich nicht in herausgehobener Position. Fehler habe er gemacht, gibt er unumwunden zu, "weil ich ja auch ein Lernender bin". Patzer, aus denen er und seine Mitspieler gelernt haben. Dennoch wird Lars Mundinger zum Saisonende seinen Chefposten auf und neben dem Platz abgeben. Private Gründe nennt er für den Rückzug, mehr Zeit für sich und sein persönliches Umfeld will er in der neuen Saison haben. "Aber als Spieler bleib' ich dem HSV treu", so Mundinger. Ein Nachfolger ist noch nicht gefunden, bewusst hält sich der Spielertrainer aus der Entscheidungsfindung der Vereinsführung heraus, "weil der neue Mann unbelastet in den neuen Job finden" solle. Mit 16 Punkten starten die Hinterzartener als Tabellendreizehnter mit Abstiegssorgen in die Frühjahrsrunde. Erst seit zehn Tagen ist der HSV-Platz in der Skispringerhochburg Hinterzarten schneefrei und damit endlich bespielbar. Fünf Tests gab es im Breisgau und im Kinzigtal, den jüngstenVergleich verloren die Hinterzartener am Ende eines Kurz-Trainingslagers gegen den FC Fischerbach mit 1:6. "Es ging uns Kickern schon mal besser im Winter", so Mundinger, der nicht so recht weiß, wo sein Team vor der ersten Punktspiel-Kraftprobe des Jahres in Grafenhausen steht: "Das ist eine Wundertüte." Jetzt gelte es, unterstützt durch Kay Ruf, der vom FC Neustadt zum HSV wechselte, "in zwölf Spielen alles zu investieren".
SV Grafenhausen
Trainer können Diktatoren sein. Wie früher König Otto. Und humorlos wie Politiker, die Demokratie für Mumpitz halten. Übungsleiter können aber auch Menschen sein wie du und ich und damit so, wie sich Roberto Wenzler sieht - als Freund seiner Spieler. "Ich bin nicht so der harte Hund", sagt der Trainer des SV Grafenhausen, der den SVG am 10. Oktober in schier aussichtsloser Lage von seinem kurz zuvor entlassenenVorgänger Andreas Ackermann übernommen hatte. Die Lage hat sich seither rein tabellarisch nicht verändert - die Grafenhausener starten am Wochenende mit mageren sieben Punkten aus bislang 17 Spielen als abgeschlagenes Schlusslicht in die Frühjahrsrunde. Es gäbe also Grund zu ein bisschen Resignation. Doch das ist mit Wenzler nicht machbar. Freude an der Ballarbeit ist ihm enorm wichtig, "Training darf Spaß machen", so der Übungsleiter - und natürlich dürften seine Spieler auch mal über ihn lachen "wenn ich mal über den Ball haue". Das klingt nach gleichberechtigtem Miteinander, "die Mannschaft hat eine sehr gute Grundeinstellung", lobt Wenzler, "da ist keiner, der ans Aufgeben denkt". Es ist diese positive Sicht, die den Standortnachteil Grafenhausen auch im nicht eben prickelnden Winter-Vorbereitungstraining mit Schnee, Eis und weiten Fahrten zu sechs Testspielen wettmachte. Noch enger zusammengerückt sei die Mannschaft, so Wenzler "und wir haben ein erfolgversprechendes System gefunden". In dem kommt dem neuen Schlussmann zentrale Bedeutung zu. Philipp Johnston, bislang Nummer zwei des TuS Bonndorf, soll zwischen den Pfosten jene Stabilität bringen, die die Grafenhausener, die in 17 Spielen 47 Treffer kassierten, so dringend brauchen.

"Ich baue ein Spiel eher von hinten auf", sagt Wenzler, eine stabile Abwehr sei für ihn von zentraler Bedeutung. Illusionen macht er sich nicht. Den Klassenerhalt zu schaffen, werde "verdammt schwer". Aber Fußball sei nun mal ein Sport, der seine Faszination nicht zuletzt aus den vielen kleinen Wundern am Ball ziehe. Wenzlers Vorgabe ist ganz einfach. "Wir müssen zehn Prozent mehr bringen als der Gegner und das in jedem Spiel." Damit anfangen wollen die Grafenhausener am Wochenende im Heimspiel gegen den Tabellendreizehnten Hinterzarten, einen Gegner, den Wenzler "noch gar nicht kennt". Darauf komme es aber nicht an, so der SVG-Trainer: "Ich richte mich nicht nach dem Gegner und vertraue auf die Stärke meiner Jungs."
Aufrufe: 015.3.2017, 22:00 Uhr
Johannes Bachmann (BZ)Autor