Herr Rosinger, wie lange sind Sie denn schon wach?
Rosinger: Ach, noch nicht so lange ( der Anruf erfolgte gegen 11.30 Uhr, d. Red.). Aber der Trainer hat uns heute frei gegeben. Gott sei Dank.
Das heißt: Die Sportfreunde haben die Nacht zum Tag gemacht?
Rosinger: Kann man so sagen. Wir sind mit der ganzen Mannschaft nach Osnabrück gefahren, das ist nur etwa zehn Kilometer weg von Lotte und eine schöne Studentenstadt.
Hoffentlich auf Kosten des Vereins?
Rosinger: Wir haben ein bisschen was bekommen für unseren spontanen Mannschaftsabend.
Der wie lange dauerte?
Rosinger: Ich glaube bis um fünf, aber so genau kann ich das nicht mehr sagen. Irgendwann ging’s mit Taxis wieder zurück nach Lotte. Bis auf zwei, drei wohnen alle hier, aber auch die wollten unbedingt mit.
Beschreiben Sie Lotte doch mal.
Rosinger: So viel ich weiß haben wir etwa 14000 Einwohner und einen Supermarkt, eine Sparkasse, einen Bäcker und einen Metzger und sonst nichts. So ähnlich kenne ich das ja noch aus Seligenporten. Es lässt sich hier sehr gut leben. Und wie gesagt: In zehn Minuten ist man in Osnabrück.
Haben Sie schon realisiert, was am Dienstagabend genau passiert ist?
Rosinger: Eigentlich schon. Am Anfang hat’s etwas gedauert, das schon. Jetzt sind wir einfach nur unheimlich stolz.
Hatten Sie das Gefühl, dass sie die Leverkusener unterschätzt haben?
Rosinger: Ich glaube schon. Die haben Calhanoglu zu Hause gelassen und Leno, tsss. Deshalb war unser Sieg auch die gerechte Strafe, noch dazu in Unterzahl.
Den Ausgleich zum 2:2 haben Sie ganz stark vorbereitet. Antritt, Körper rein, präzise Hereingabe.
Rosinger: Oh, vielen Dank! Wir haben einfach schnell gemerkt: Die kochen auch bloß mit Wasser.
Was ist das Besondere an den Sportfreunden Lotte? Sie waren ja schon bei ein paar Vereinen ...
Rosinger: Das hier ist alles unheimlich familiär. Wir hocken praktisch Tag und Nacht aufeinander, alles dreht sich nur um die Mannschaft und wahrscheinlich sind wir deshalb auch so erfolgreich. Es ist wirklich Wahnsinn, was man mit Zusammenhalt und Willensstärke bewegen kann. Wir sind alle nicht super talentiert, gehen aber alle in die gleiche Richtung.
Wie kommt ein gebürtiger Neumarkter nach Lotte?
Rosinger: Der Kontakt kam vor über zwei Jahren über meinen Berater zustande, nachdem ich im Sommer 2014 vorübergehend vereinslos war. Die halbe Saison davor in Burghausen hat mich nicht wirklich weitergebracht. Auch beim Club hat es mir eigentlich sehr gut gefallen, nur wollten sie mir nur noch einen Amateurvertrag geben. Also bin ich weg. Aber ganz ehrlich: Am liebsten würde ich eines Tages schon wieder in Bayern spielen.
Die Sportfreunde sind erst im Sommer in die Dritte Liga aufstiegen und aktuell auf Rang vier notiert, in der ersten Pokal-Runde musste bereits Werder Bremen dran glauben. Wie ist so was möglich?
Rosinger: Ganz ehrlich: Wir haben in Lotte 0,0 Druck. Wer erwartet denn schon was von uns? Ich persönlich bin außerdem ein Fußballer, der sich immer wohlfühlen, Vertrauen spüren muss. Außerdem bin ich seit meiner kurzen Zeit beim 1. FC Nürnberg auch reifer geworden. Und so geht es vielen bei uns.
Was passiert mit dem vielen Pokal-Geld? Wird jetzt ein Star gekauft? Oder das Stadion umgebaut?
Rosinger: Keine Ahnung: Einen kleinen Teil vom großen Batzen haben wir in Osnabrück verbraten, mehr weiß ich leider auch nicht.
Wen hätten Sie den gerne als nächstes Pokal-Opfer?
Rosinger: Super wäre natürlich der Club gewesen, ein machbarer Gegner und ein Heimspiel. Aber es sollte wohl nicht sein. Gott sei Dank sind die wieder gut drauf, ich hoffe wirklich sehr, dass der Club eines Tages wieder aufsteigt.
Sie hängen noch ein wenig am Ex-Verein?
Rosinger: Mein Vater hat einen FC Bayern-Fan-Club, mein Onkel einen FCN-Fan-Club. Deshalb mag ich eigentlich beide. Erst recht, seit ich den Club näher kennenlernen durfte.
Stimmt die Geschichte, dass ihr Trainer Ismail Atalan nach dem Sieg gegen Bremen großzügig am nächsten Tag frei gab, weil er wusste, dass die Kneipen in Lotte und in Osnabrück sowieso alle zu hatten?
Rosinger: Ja, die stimmt. Selbst in Osnabrück haben am Sonntagabend nur die Cafés auf. Aber das war uns egal. Dann haben wir eben privat zwei, drei Bier zusammen getrunken.