2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
Patrick Lienhard liegt nach der saftigen Pleite in Dortmund restlos enttäuscht auf dem Rasen.  Foto: Eibner
Patrick Lienhard liegt nach der saftigen Pleite in Dortmund restlos enttäuscht auf dem Rasen. Foto: Eibner

Beim SSV Jahn herrscht Alarmstimmung

Nach dem 1:5 gegen den BVB II sind beim Regensburger Drittligisten alle "fix und fertig" +++ Der Trainer will das Team wieder auf Vordermann bringen

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Im Sauseschritt marschierte Dominik Bergdorf vom Platz. Nur weg von dieser Stätte der Schmach, die gerade für ihn, den Keeper, eine ganz besondere war. Denn der 21-Jährige war kurioserweise noch der Beste unter vielen Schlechten beim SSV Jahn, er hielt, was zu halten war, und trotzdem kassierte er fünf Treffer - und bei allen fünf Gegentoren war die Zweite des Dortmunder Bundesligisten so frei, allein vor seinem Tor zu stehen, sozusagen Auge in Auge mit dem Ballfänger des Regensburger Fußball-Drittligisten.
,,Fünf Tore habe ich noch in keinem Punktspiel kassiert", sagte der 21-jährige Ex-Freiburger, der überraschend den Vorzug vor Torwart-Routinier Stephan Loboue erhielt. Sein Debüt habe er sich natürlich anders vorgestellt, meinte Bergdorf später. Der junge Mann war bedient - wie alle beim Jahn am Samstagnachmittag. 1:5 (1:3) hatte die Mannschaft von Trainer Alexander Schmidt verloren, und es hätte für sie durchaus noch schlimmer kommen können. ,,Es hat nichts funktioniert", gab Jonas Erwig-Drüppel zu. ,,Wir haben uns in den ersten 20 Minuten den Schneid abkaufen lassen. Zur Halbzeit hatten wir uns dann viel vorgenommen, aber das ist mit dem Elfmeter zum 4:1 der Borussen gleich wieder in die Hose gegangen", gestand der Flügelspieler.In der Tat. Mit dem Anschlusstreffer durch Patrick Lienhard (34.) keimte beim Jahn einen Augenblick lang die Hoffnung auf, dem Spiel eine Wende zu geben - was sich aber als Trugschluss herausstellte. Die Regensburger bekamen wie schon in den beiden vorangegangen Partien keine Struktur ins Spiel, geschweige denn das Heft des Handelns in die Hand. Die Offensive fand zeitweilig überhaupt nicht statt, im Spielaufbau fehlte jegliche Idee, und die Abwehr, speziell die Innenverteidigung, lud den Gegner förmlich zum Tore schießen ein.

Tolle Kulisse mit 9999 Fans

Die fünf Treffer von Gyau (8., 21.), Harder (20.), Solga (47. Foulelfmeter) und Maruoka (65.) sorgten derweil für prächtige Stimmung bei den BVB-Fans. Wegen der Saisoneröffnung der Dortmunder Bundesliga-Profis im Iduna-Sportpark war das benachbarte Stadion ,,Rote Erde" mit 9999 (!) Zuschauern ausverkauft. Vor der imposanten Kulisse war der Jahn dem Nachwuchs der Borussen in beiden Hälften heillos unterlegen. ,,Unsere, im Altersdurchschnitt doch sehr junge Mannschaft, hat sich hängen lassen", musste Jahn-Trainer Schmidt zugeben. Sein ständiger Verweis auf sein doch sehr juveniles Team (Durchschnittsalter 22,64 Jahre) zog diesmal aber nicht ganz. Der BVB brachte nämlich eine noch jüngere Elf mit einem Altersdurchschnitt von 21,43 Jahren aufs Feld und hatte zudem in dem erst 18-jährigen Mitsuru Maruoka den besten Spieler auf dem Platz in seinen Reihen. Zusammen mit dem erst 20-jährigen Angreifer Tammo Harder und dem zweifachen Torschützen Joseph-Claude Gyau (21) düpierte der japanische Mittelfeldspieler ein ums andere Mal die schwache Jahn-Defensive, in der vor allem Christoph Rech oftmals nicht im Bilde war.

Die dritte Jahn-Niederlage in Folge ließ sich aber nicht nur im Abwehrverhalten festmachen und auch nicht daran, dass mit dem verletzten Sebastian Nachreiner und dem Gelb-Rotgesperrten Gino Windmüller zwei etatmäßige Innenverteidiger fehlten. ,,Wir haben den Kopf in den Sand gesteckt und kaum Gegenwehr gezeigt", meinte Stürmer Daniel Franziskus und lieferte dann die Überschrift des Tages. ,,Nach der dritten Niederlage im vierten Saisonspiel herrscht richtig Alarmstimmung. Wir müssen uns jetzt alle zusammenreißen." Alexander Schmidt verzichtete derweil einmal mehr auf öffentliche Schuldzuweisungen. Der Jahn-Coach sieht jetzt seine Hauptaufgabe darin, die Mannschaft in der kommenden punktspielfreien Pokalpause aufzurichten. ,,Die Jungs sind vom Kopf her fix und fertig. Wir befinden uns in einer Talsohle." Aber er werde, so das Versprechen des 45-jährigen Fußballlehrers, ,,das Team wieder auf Vordermann bringen". Doch hatte auch er, der sonst 90 Minuten unter Strom ist und an der Außenlinie lautstark seine Spieler dirigiert, ein paarmal fast schon resigniert gewirkt, und setzte nach den Gegentoren zum 3:1 und 4:1 sich vorübergehend wortlos und mit ernüchterter Miene auf die Trainerbank. Nicht nur dort wird man inzwischen überlegen, ob die neuformierte Jahn-Elf beim 3:1 über Duisburg zum Saisonstart weit über ihre Verhältnisse gespielt hat und die Leistung der folgenden drei Spiele eher das Normale ist. Wenn letzteres zuträfe, wäre es schlichtweg Wunschdenken, mehr von dem Team zu fordern.

Den leeren Akku wieder aufladen

So genau weiß das im August noch niemand. Ein Monat, dem aus Jahn-Sicht schon das Etikett ,,Sch. . . -monat" angeheftet werden kann. Sicher scheint nur, dass unbedingt etwas geschehen muss, um den Abwärtstrend entgegenzusteuern und den Rotlicht-Bezirk in der Tabelle zu verlassen. Der Coach muss deshalb die 14 Tage Pause bis zum nächsten Punktspiel gegen Hansa Rostock dazu nutzen, den leeren Akku seiner Spieler wieder aufzuladen, deren Gemüter beruhigen - und muss eigentlich auch über ein neues Spielsystem nachdenken.

Aufrufe: 010.8.2014, 16:01 Uhr
Von Heinz Reichenwallner, MZAutor