2024-05-17T14:19:24.476Z

Ligabericht
Der Star ist beim FC Amberg der Trainer: Timo Rost (hinten) beobachtet beim Trainingsauftakt konzentriert die Übungen seiner Spieler.  Foto: Scharf
Der Star ist beim FC Amberg der Trainer: Timo Rost (hinten) beobachtet beim Trainingsauftakt konzentriert die Übungen seiner Spieler. Foto: Scharf

Beim FC Amberg ist Schluss mit lustig

Der Aufstieg wurde tagelang gefeiert +++ Nun wird wieder geschwitzt, denn die Oberpfälzer wollen in der Regionalliga bestehen

Und, gut gefeiert? Michael Plänitz hat bereits sein Trikot an. In einer halben Stunde beginnt das erste Training beim FC Amberg für die neue Saison. Die nächsten Tage werden hart, soviel steht fest. Bei der Frage zur Aufstiegsparty, die erst vergangene Woche endete, scheinen aber alle Gedanken an Konditionsbolzerei und Taktikschulung aus Plänitz' Kopf zu verschwinden. Ein Lächeln macht sich im Gesicht des Mannschaftskapitäns breit: ,,Na ja, ich würde mal sagen, wir haben es voll durchgezogen." Zuerst auf dem Amberger Altstadtfest, dann flog die halbe Mannschaft noch spontan für einen Kurzurlaub nach Mallorca. Insgesamt fünf Tage. ,,Dann hat es auch gereicht, länger hältst du das nicht durch", sagt Plänitz, nimmt sich einen Ball und geht auf den Platz.

Die Macht an der Vils. So nennt sich der FC Amberg. Und in der vergangenen Saison war der Oberpfälzer Traditionsverein auf dem Fußballplatz wahrlich eine Macht. Zweiter Platz in der Bayernliga und dann noch starke Leistungen in der Relegation. Das bedeutete den Aufstieg in die Regionalliga. Der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Nun warten große Spiele: gegen die zweite Mannschaft des FC Bayern, gegen Burghausen und Unterhaching, und natürlich das Duell mit dem oberpfälzer Rivalen, dem SSV Jahn Regensburg.

"Es gibt kein Alibi mehr"

Der Star in Amberg ist der Trainer: Timo Rost. Er spielte einst bereits als Jugendlicher für den FC. Später wurde er Bundesliga-Profi, kickte unter anderem für den 1. FC Nürnberg und den VfB Stuttgart. Es war ein echter Coup, als die Amberger vor zwei Jahren Rost nach dessen Wanderjahren als Trainer zurückholten. Nun ist er der gefeierte Held, der den FC zum Aufstieg geführt hat. Doch selbst Helden wie Rost können knallhart sein. ,,Es gibt kein Alibi mehr, voller Einsatz, das muss gleich wieder in die Köpfe rein", raunt er seinen Spielern zu, als sie ihre Aufwärmübungen machen. Rost hat seine Jungs gerne ausgiebig feiern lassen, nun erinnert er sie unmissverständlich daran, dass die Party vorbei ist. Er weiß, dass es ansonsten ein böses Erwachen in der neuen Liga geben wird.


Zwei Aufstiegshelden des FC: Michael Plänitz (links) und Julian Ceesay

Viermal in der Woche wird beim FC trainiert. Mehr geht nicht. ,,Das kriegst du sonst mit dem Beruf nicht unter einen Hut", hat Plänitz zuvor in der Gaststätte des Amberger Stadions erzählt. Er arbeitet bei einem ansässigen Unternehmen in der Finanzbuchhaltung und im Controlling. Arbeit, Fußball, schlafen. So geht das für einen Fußballer, der nur eine Liga unter dem Profibereich spielt, die meiste Zeit. In der Mannschaft sei fast kein Spieler verheiratet, erzählt er. Neben Beruf und Regionalligafußball scheint für Familie kein Platz zu sein. Und nun erst Recht nicht mehr. Einer wie Plänitz geht die nächste, große Aufgabe jedenfalls mit Feuereifer an und sagt, dass er ,,ganz einfach richtig Bock" auf die neue Liga habe.

Alles ganz eng beieinander

Bei ihren ersten Laufrunden für die neue Saison werfen die Spieler in der Abendsonne lange Schatten. Etwas abseits, in einer Ecke des Fußballplatzes, übt Torwarttrainer Thomas Roth mit seinen Keepern. An dieser Stelle trainierten vor wenigen Minuten noch die Leichtathleten der SG Siemens Amberg Speerwurf. In der Sportstadt Amberg ist alles ganz eng beieinander. Das städtische Stadion teilen sich verschiedene Vereine. Nicht immer funktioniere das reibungslos, heißt es, weil der Fußball über allem stehe - und nun in der Regionalliga noch dominanter werde. ,,Nein, da sehe ich keine Probleme, wir kommen letztlich alle gut miteinander aus", weist Hubert Kirsch, Teammanager des FC Amberg, Gerüchte über Zoff zwischen den verschiedenen Stadionbenutzern zurück.

Nicht über die Verhältnisse leben

Aufteilung der Stadionzeiten mit anderen Vereinen, berufstätige Kicker - die Uhren gehen beim FC Amberg deutlich anders als bei etlichen seiner neuen Konkurrenten. ,,Wir können uns mit vielen doch gar nicht vergleichen", meint Kirsch. Regensburg, Unterhaching, Burghausen und die zweiten Mannschaften der bayerischen Profiklubs, das seien ganz andere Kaliber, erklärt er. Der oberpfälzer Nachbar des FC, der SSV Jahn, geht mit einem Mannschaftsetat von 1,5 Millionen Euro in die Saison. ,,Wir haben vielleicht maximal ein Viertel davon", sagt Kirsch. Mehr habe der Klub nicht - und über seine Verhältnisse wolle er auf keinen Fall wirtschaften.

In Amberg erinnert man sich schließlich noch sehr gut, was eine Insolvenz bedeutet. Vor 20 Jahren ging der Klub pleite und musste ganz unten, in der A-Klasse, neu anfangen. Nun ist er wieder ganz weit oben. ,,Aber keiner wird hier die Zukunft des Vereins aufs Spiel setzen", betont Kirsch, ,,das sieht man doch alleine an unseren Einkäufen für die neue Saison." In der Tat: Der FC hat bislang keine Stars geholt. Nur eine Handvoll an Spielern wurde dazugenommen, die den Kader punktuell aufwerten sollen. Mehr braucht es nicht, hofft Kirsch: ,,Unsere Jungs haben die Klasse, sich in der Liga zu behaupten, davon bin ich überzeugt." Sich zu behaupten heißt Klassenerhalt. Kirsch teilt die Liga dabei für den FC in zwei Lager auf: die eine Hälfte bestehe aus unerreichbaren Top-Klubs, die andere aus Rivalen auf Augenhöhe: ,,Und in dieser Hälfte müssen wir uns durchsetzen."

Eine ganz andere Dimension

Julian Ceesay wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Er spielte in der vergangenen gemeinsam mit Plänitz in der Innenverteidigung. Die stand bombenfest. So soll es im besten Fall natürlich bleiben. ,,Klar, das wäre schön", sagt Ceesay. Der sympathische junge Mann arbeitet tagsüber als Bankkaufmann, abends und am Wochenende geht er dann auf den Fußballplatz. Rund um diesen wird es in Amberg zumindest bei ein paar Spielen in der Regionalliga vermutlich eng werden.

Kulissen mit 2000 Zuschauern, etwa in den Derbys gegen Ammerthal oder in der Relegation, habe er schon erlebt, erzählt Ceesay. In der neuen Liga könnte es da noch eine ganz andere Dimension geben. Alleine das Derby am 14. August, wenn der FC beim SSV Jahn in der neuen Continental Arena spielt, dürfte ein Zuschauerknaller werden - zumal die Amberger Spieler selbst Werbung dafür betreiben. Familie, Freunde, Bekannte, so viele wie möglich werde er versuchen, mitzubringen, kündigt Ceesay an: ,,Das wird ein echtes Erlebnis, da will ich die dabei haben, das ist doch klar."

Aufrufe: 024.6.2015, 23:30 Uhr
Jürgen ScharfAutor