2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Komm her! Marco Grüttner (hinten) feiert mit Andre Luge das 2:0.
Komm her! Marco Grüttner (hinten) feiert mit Andre Luge das 2:0.

Bärenstarker Jahn: „Ist richtig geil“

Die Regensburger zeigen gegen Lotte, dass sie das Zeug zur Spitzenmannschaft haben – und eine Einheit geworden sind.

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Hier eine Umarmung, da ein Abklatschen – die Spieler des SSV Jahn schalten den Team-Modus auch nach dem Abpfiff nicht ab. In den Katakomben der Continental-Arena herrscht zwar ein hektisches Gewusel, doch irgendein Mannschaftskollege, mit dem man auf Tuchfühlung gehen kann, findet sich immer. „Wir sind eine gute Einheit und jeder freut sich für den anderen“, beschreibt Verteidiger Marvin Knoll die Stimmung. Wobei es natürlich einfacher ist, zusammenzuhalten, wenn es auf dem Platz so gut läuft wie derzeit. Mit einer bärenstarken Leistung zwangen die Regensburger am Samstag die Sportfreunde Lotte mit 2:0 (0:0) in die Knie. Seit acht Spielen ist der Jahn nun ungeschlagen und in der Tabelle ganz vorn dabei. Mittelfeldmotor Andy Geipl fasst das alles prägnant zusammen: „Die aktuelle Situation ist richtig geil.“

Zwei Nullen standen im Spiel gegen Lotte zur Halbzeit auf der Anzeigetafel. Klingt nach einem langweiligen Spiel – war es aber nicht. Die Regensburger Fans verabschiedeten ihr Team vielmehr mit großem Applaus in die Pause. Die Mannschaft hatte zuvor begeisternden Fußball gezeigt. Von der ersten Minute gingen die Regensburger bissig, konzentriert und mit einem unheimlichen Willen zu Werke. Die Lotteraner schienen sichtlich beeindruckt, mit welcher Macht die Gastgeber auf ein Tor drängten. Das wollte trotz etlicher bester Chancen zunächst aber einfach nicht fallen. „Wir hätten in der ersten Halbzeit schon führen müssen, da müssen wir uns in der Chancenverwertung verbessern“, sagte Flügleflitzer Erik Thommy später – fügte dann aber völlig zu Recht an: „Im Großen und Ganzen war es eine Super-Leistung.“

Jahn-Trainer Heiko Herrlich hatte seine Startelf zuvor erneut umbauen müssen. Hinten rechts fiel zuletzt ein Spieler nach dem anderen aus. Zunächst Oliver Hein, dann dessen Vertreter Robin Urban. Benedikt Saller, der auch schon auf dieser Position gespielt hat, fehlt ohnehin seit längerem. Herrlich zauberte nun Sven Kopp aus dem Hut – und der machte seine Sache überaus gut.


Kopp verletzt sich an der Schulter

Da war es umso trauriger, dass Kopp kurz vor dem Abpfiff mit einer Schulterverletzung vom Platz musste. Eine genaue Diagnose steht noch aus, Herrlich befürchtet aber, dass die Saison für den Verteidiger möglicher Weise bereits vorzeitig beendet ist und zeigte sich darüber sehr betroffen. Dass Kopps Verletzung ein dicker Wertmutsropfen an diesen ansonsten so schönen Fußballtag sei, meinte auch Jahn-Geschäftsführer Christian Keller. Für die Leistung der Mannschaft gab es von ihm derweil ein dickes Lob: „Die erste Halbzeit war nahezu makellos.“ Auch Vereinschef Hans Rothammer freute sich über den glänzenden Auftritt der Spieler. Der Jahn wurde in den vergangenen Monaten von den Auswirkungen Regensburger Korruptionsaffäre gebeutelt, da sei es jetzt umso schöner, meinte Rothammer, „wenn man sportlich keine Sorgen hat“.

Dass am Ende gegen Lotte nicht nur die Leistung sondern auch das Ergebnis stimmte, dafür sorgten in vorderster Front die beiden zentralen Mittelfeldspieler des Jahn: Marc Lais und Andy Geipl. Nach einer abgeblockten Flanke von Sebastian Nachreiner segelte der Ball nach einer knappen Stunde Spielzeit in einer seltsamen Flugkurve in den Strafraum der Gäste hinein. Lais erkannte die Gelegenheit, spurtete hinterher und wurde, da er einen Tick schneller am Ball war, von Lottes Torwart gelegt. Beim fälligen Elfmeter trat Geipl an und verwandelte traumhaft sicher. Herrlich lobte ihn später als einen „Spieler, der schon immer Verantwortung übernommen hat und das lebt, was wir spielen wollen“.

Als der Ball zum 1:0 im Netz lag, brach in der Continental-Arena ein wahrer Jubel-Orkan aus. Der Höhenflug des Jahn schlug sich dieses Mal auch in der Zuschauerzahl nieder. Mehr als 6500 Menschen waren gekommen, um sich davon zu überzeugen, ob der Jahn derzeit wirklich so gut ist, wie es der Blick auf die Tabelle vermuten lässt. Bei der Partie gegen Lotte erhielten sie eine klare Antwort auf diese Frage: Ja!


Die Fans dürfen träumen

Nach dem Abpfiff war das Studium auf die Tabelle für die, die es mit dem Jahn halten, sogar noch schöner. Da Magdeburg verlor, haben die Regensburger nach Punkten zum zweiten Platz aufgeschlossen. Dass einige Fans nun davon träumen, dass der Jahn bis zum Saisonende im Aufstiegsrennen dabei ist, lässt sich nicht mehr vermeiden. „Die Fans dürfen auch träumen“, meinte Geipl, „wir bleiben aber am Boden und schauen von Spiel zu Spiel. Das ist ein alter Spruch, aber es ist wirklich so.“ Im Moment laufe es einfach, sagte der wieder einmal überragende Mittelfeld-Organisator: „Und wir genießen das jetzt einfach.“


Auch neben dem Platz verbessert

Eine Mannschaft, eine Familie, eine Einheit. Die Spieler wollen den Teamgedanken leben. „Wir haben uns auf und neben dem Platz verbessert“, erzählte Geipl. Zuletzt seien die Spieler gemeinsam zum Wrestling in die Donau-Arena gegangen: „Solche Sachen schweißen zusammen. Das macht uns gerade aus.“ Ein Indiz dafür, dass das Team wirklich zusammenhält, waren am Samstag die Szenen nach dem 2:0. Andre Luge wollte bei einem Konter kurz vor Ende der Partie auf Erik Thommy passen. Lottes Matthias Rahn grätschte dazwischen und lenkte den Ball ins eigene Tor. Beim Jahn sprangen die Spieler von der Ersatzbank auf, rannten auf den Platz und feierten mit Luge. Der scheint ohnehin ein Sinnbild für den Höhenflug der Regensburger zu sein. Vor einiger Zeit schien der 26-Jährige beim Publikum bereits durchgefallen: Nur Laufen alleine reicht nicht, es muss dabei auch was rauskommen, hieß es. Mittlerweile findet Luge immer besser die Balance. Immer noch schmeißt er sich aufgedreht ins Getümmel und zieht einen kraftraubenden Spurt nach dem anderen an. Derzeit hat er aber auch ein gutes Gespür dafür, wann weniger mal mehr ist und auch ein simpler Drei-Meter-Pass zum Nebenmann reicht.

13 Spiele hat der Jahn in dieser Saison nun noch vor sich. 45 Punkte und der damit verbundene sichere Klassenerhalt lautet das offizielle Saisonziel. Dafür fehlen noch sechs Zähler. Die wollen sich die Regensburger so schnell wie möglich schnappen. Wenn das geschafft ist, sei immer noch genug Zeit, über etwas anderes nachzudenken, lautet der Tenor. Und nicht vom Aufstieg zu sprechen, heißt ja nicht, dass der Jahn in den nächsten Spielen die Punkte freiwillig abgeben will, wie Stürmer Marco Grüttner sagt: „Natürlich wäre es schön, lange vorne dabei zu sein. Das ist doch logisch, das will jeder Fußballer.

Aufrufe: 05.3.2017, 17:15 Uhr
Jürgen ScharfAutor