Angermünde gewinnt das total verrückte Uckermark-Derby

Da muss er selber lachen. John Singert kratzt sich am Kopf. „Was soll ich sagen, ich bin nicht der größte Techniker, aber manchmal rutscht mir so ein Ding rein.“ Im Hintergrund feiert seine Mannschaft gerade den Auswärtssieg des Angermünder FC bei Blau-Weiß Gartz. 6:3 - nach 0:3 Rückstand. John Singert hat mit zwei Kabinettstücken großen Anteil daran.

Das erste zeigt er den Zuschauern kurz vor der Halbzeitpause: Eine flache Hereingabe von links lässt Singert nach einem leichten Sprung durch die Beine gehen und zieht mit der linken Innenseite den Ball unhaltbar ins lange Eck. Der Jubel ist noch verhalten. Die meisten der 150 Zuschauer glauben noch immer fest an einen Derbytriumph des SV Blau-Weiß Gartz. So wie in der vergangenen Saison, als das Team von Steffen Freude hier auf dem Rasen einen 0:2-Rückstand in einen Sieg drehte.

"Ich bin nicht der größte Techniker", sagt Angermündes John Singert (rechts). Im Derby hat er das Gegenteil bewiesen.

Die Tore, die sie gesehen haben, geben ihnen Recht: Rafal Gnap schon in der zweiten Minute, später Andreas Achterberg (26.) und schließlich Dragan Thörner per vollkommen berechtigt gegebenem Foulelfmeter. „Wir waren uns in der Kabine trotzdem sicher, dass wir konditionell so gut aufgestellt sind, dass wir das Ruder rumreißen könnten“, sagt John Singert.

Aber nicht nur der AFC weiß, dass nach dem 1:3 hier was gehen könnte. Auch in der Gartzer Kabine macht man sich so seine Gedanken. „Wenn du 3:0 führst und kurz vor der Halbzeit in so einem Derby einen Gegentreffer kriegst, findest du oft den Hebel nicht mehr“, beschreibt Blau-Weiß-Trainer Steffen Freude seine Pausensorgen nach dem Spiel.

„Das Spiel geht hier heute verloren“: Beim 3:2 weiß der Gartzer Coach Steffen Freude bereits, was seiner Mannschaft blüht.

Als Angermündes Matthias Kreusch unmittelbar nach dem Wiederanpfiff das 3:2 schießt, weiß Freude: „Das Spiel geht hier heute verloren.“ Er wird Recht behalten. Und wir sind wieder beim Thema John Singert.

Der 29-Jährige macht mit einem Drehschuss schließlich das 3:3 (65.) und setzt nach dem 3:4 von Bryan Nitsch (71.) zum zweiten Kabinettstück des Tages an: Wieder kommt der Ball von außen. Wieder lässt Singert ihn durch die Beine gehen. Dieses Mal tippt er die Kugel mit der Hacke an und sie landet hinter Sasa Bozickovic im Netz. „Du musst den Ball ja nur irgendwie ins Tor verlängern“, sagt er dazu später trocken. „Dann ist er drin.“

Dass es natürlich nicht ganz so einfach ist, weiß auch der Angermünder Stürmer. Sein Grinsen verrät es. Aber die Gartzer Abwehr, der in der Vorbereitung mit Michael Stein (doppelter Bänderriss) der wichtigste Mann ausgefallen ist, macht es dem AFC auch leicht. Beim 3:6 durch Martin Oertel (91.) muss man den Blick schon weit schweifen lassen, um so etwas wie Zuordnung zu erkennen.

Genug gesehen: Gartzer Zuschauer verlassen das Stadion noch vor Abpfiff.

„Es war schon in der letzten Saison so, dass wir relativ viele Gegentore bekommen haben", sagt Blau-Weiß-Coach Steffen Freude nach dem Spiel. "Es sieht leider so aus, als würde es in dieser Serie so weitergehen.“ Im Derby gegen Angermünde ist das doppelt bitter. Und nach einer 3:0-Führung, geschlagen mit solchen Kabinettstücken vielleicht sogar dreifach.

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