2024-04-25T14:35:39.956Z

Spiel der Woche
?Man muss immer daran glauben?: Und um dem Glauben Ausdruck zu verleihen, kann es auch helfen, rüde dazwischenzugehen. Fotos: Zink/Jü Ra
?Man muss immer daran glauben?: Und um dem Glauben Ausdruck zu verleihen, kann es auch helfen, rüde dazwischenzugehen. Fotos: Zink/Jü Ra

Als es plötzlich reihenweise Tore regnete

In den ersten 73 Bezirksliga-Minuten erlebt die SG 83 ein Déjà-vu, dann beginnt sie doch Fußball zu spielen

Verlinkte Inhalte

Bloß nicht wieder einen Fehlstart hin­legen. Das hatte sich die SG Nürn­berg Fürth 1883 für die neue Bezirks­liga- Saison vorgenommen. In der zweiten Halbzeit beim Auftakt gegen Kornburg erinnerten sich die Spieler sogar wieder daran.

Auf der Sportanlage an der Regels­bacher Straße sind gerade 56 Minu­ten gespielt, als man auch noch die absurdeste von vielen absurden Ab­wehraktionen erleben darf. Bei einem Klärungsversuch im Straf­raum schießt ein SG-Verteidiger einen Teamkollegen an, der Ball tru­delt fast ins eigene Tor, springt dann aber doch noch knapp am Pfosten vorbei. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der SG Nürnberg Fürth 1883 der bisherige Spielverlauf noch nicht genügt hat, um darzulegen, wer sich besser auf diese Bezirksliga-Sai­son vorbereitet zu haben scheint. Es wäre zu diesem Zeitpunkt das 4:0 für den TSV Kornburg gewesen.

Man sieht in diesem Moment Spie­ler in dunkelblauen Trikots, die den Kopf schütteln, die abwinken, man sieht rote Köpfe – von außen von der intensiven Juli-Sonne bearbeitet, von innen bahnt sich der Frust seinen Weg nach draußen. Nur eines sieht man nicht: den Glauben, diesen Rück­stand noch aufzuholen.

Es ist der Moment, in dem sich vie­le an die vergangene Saison erinnert fühlen. Damals hatten sie im Nürn­berger Westen mit Mühe in die Spiel­zeit hinein gefunden, die ersten vier Partien gingen allesamt verloren, die SG erzielte dabei kein einziges Tor. Ein 0:2 gegen Kornburg war vor einem Jahr auch dabei, das Déjà-vu in dieser 56. Minute, es war perfekt. „Die SG will keinen Katastrophen­start wie in der vergangenen Saison hinlegen“ hatten sie vor dem Start auf ihrer Homepage geschrieben und nun schien ihnen genau das zu gelin­gen: ein Katastrophenstart.

„Das wäre wirklich schlimm gewesen, wenn wir jetzt wieder so begonnen hätten“, sagt Guido Schillinger, als er nach dem Spiel über den Katastro­phenstart nur noch im Konjunktiv sprechen muss. „Fußball wird vor al­lem im Kopf gespielt“, weiß der Trai­ner, „deshalb ist der Verlauf dieses Spiel für uns nun doppelt wichtig.“ Dass Fußball nicht nur in den Bei­nen, sondern auch im Kopf gespielt wird, weiß natürlich auch sein gegen­über, Kornburgs Trainer Alexander Contala. Was Contala als ehemaliger Clubspieler natürlich auch weiß: wie man grandios scheitert. Also wird er bereits laut, als seine Mannschaft noch 3:0 führt. Er ahnt, was da kommt, wenn der Kopf den Beinen vermittelt, dass man diesen lauschi­gen Sonntag gemütlich ausklingen lassen könnte.

Ausgleich mit Schleifchen

Doch es nützt nichts. Erst schenkt seine Elf dem Gegner in der 73. Minu­te einen Elfmeter, den Andreas Dep­perschmidt verwandelt, dann rollen sie Marc Oswald in der 83. Minute den roten Teppich aus und plötzlich glauben die größten Skeptiker auf der Tribüne, dass hier noch ein denk­würdiger Nachmittag drin sein könn­te. Zwei Minuten später ist es soweit: Sebastian Pasieka erzielt in der 85. Minute den 3:3-Ausgleich und bindet als ehemaliger Kornburger noch ein „Ausgerechnet“-Schleifchen dran.

Alexander Contala ist da längst ver­stummt und hat auf der Bank Platz genommen, seine Warnhinweise wur­den ignoriert. Guido Schillinger hält dagegen nichts mehr, er steht im Spielfeld, rudert mit den Armen und treibt seine Mannschaft weiter an. Was man in diesem Moment sieht: den Glauben, dieses Spiel sogar noch gewinnen zu können. Wenige Augen­blicke bevor die souveräne Schieds­richterin Annette Raith (siehe Inter­view rechts) die Partie abpfeift, be­kommt die SG tatsächlich noch eine Chance, doch sie lassen sie unge­nutzt, das bunte Treiben an der Re­gelsbacher Straße hat ein Ende.

„Man muss immer daran glauben, dass irgendwann noch ein Tor auf­geht“, sagt Schillinger. Oder auch mal drei. Kornburg habe das Spiel 60 Minuten lang kontrolliert, das gibt auch der Trainer der SGN zu, „aber“, ergänzt er, „der Gegner kann auch was“. Mit seiner Mannschaft, von der Schillinger gerne in der dritten Per­son spricht, will er in dieser Saison einen einstelligen Tabellenplatz errei­chen, nach dem 11. Rang in der ver­gangenen Spielzeit will man sich noch einmal steigern. Sie wollen beweisen, dass sie sich diesmal bes­ser auf die Saison vorbereitet haben.

Aufrufe: 023.7.2014, 10:49 Uhr
Sebastian GloserAutor