Mit bandagiertem Knie und auf Krücken kommt Ali Odabas in das Behandlungszimmer. Im Knie des Fußballers ist so ziemlich alles kaputt, was kaputt gehen kann: Das Kreuzband ist gerissen, Meniskus und Bänder hat es ebenfalls erwischt. Mit schmerzverzehrtem Gesicht beobachtet er den Therapeuten Mohamed Khalifa, wie der sein lädiertes Knie mit seinen robusten Fingern malträtiert. Nach 75 Minuten ist die Schinderei vorbei – und der Spieler des SSV Jahn Regensburg verlässt die Praxis – flotten Schrittes, und das ganz ohne Hilfsmittel.
Seinen Besuch in der Praxis des „Wunderheilers“ Mohamed Khalifa im Juli vergangenen Jahres wird Ali Odabas nicht so schnell vergessen. „Es war relativ schmerzhaft“, fasst der 23-Jährige den Besuch kurz und knapp zusammen. „Nach der Behandlung forderte mich Khalifa auf, aufzustehen und normal zu laufen. Dann ließ er mich noch auf dem verletzten Bein hüpfen. Da war ich anfangs entsprechend skeptisch – aber es funktionierte“, erzählt Odabas mit einem Schmunzeln im Gesicht über seinen ungewöhnlichen Behandlungsweg.
Für Odabas gab es nur ein Ziel: So schnell wie möglich auf den Platz zurückzukehren. Da kam es ihm zupass, dass ihm der Klub um Geschäftsführer Christian Keller auch eine andere Behandlungsmethode aufzeigte. „Es obliegt immer dem Spieler, welchen Weg er letztendlich wählt“, sagt Keller, der Khalifa bereits seit über einem Jahrzehnt kennt. „Er hat sich darauf spezialisiert, solch schwere Knieverletzungen auf anderem Wege zu therapieren. Manche stehen dem skeptisch gegenüber, andere schwören darauf.“ Doch Odabas war gleich recht angetan von der Chance, vielleicht doch um eine OP herumzukommen. „Ich habe mich informiert über die Methode und schnell dafür entschieden“, sagt Odabas. Vom Klub gab es volle Rückendeckung: „Wir haben Ali mitgeteilt, dass wir als SSV Jahn komplett dahinter stehen, wenn er die Chance nutzen will, nach vier Monaten schon wieder im Mannschaftstraining zu stehen.“
„Heilen statt reparieren“, lautet das Motto von Mohamed Khalifa, der Interview-Anfragen kategorisch abblockt. Der gebürtiger Ägypter gilt als Pionier der alternativen Heilkunde. Ein gerissenes Kreuzband wächst demnach durch Khalifas Behandlung aus Bindegewebsmaterial neu heran. Beschleunigt werden soll der Heilungsprozess durch „elektro-magnetische Signale“, ausgelöst durch den Druck seiner Hände. Odabas ist nicht der erste Sportler in Diensten eines ostbayerischen Klubs, der auf die Khalifa-Methode vertraut. Auch Judoka des TSV Abensberg waren schon auf Stippvisite in Österreich – und auch beim deutschen Rekordmeister ist man ganz getan.
Heute noch der gefeierte Star, morgen schon auf dem Abstellgleis: Von diesem Dilemma können viele Fußballprofis ein Lied von singen. Um seine Zukunft braucht sich Odabas aber nicht sorgen. Denn in den Planungen des SSV Jahn Regensburg spielt er weiter eine tragende Rolle. Seine missliche Lage bescherte ihm dabei sogar eine für Profigeschäft ungewohnt komfortable Situation: „Ali kann seinen Vertrag selbst verlängern“, verrät Geschäftsführer Keller. Den zum Saisonende auslaufenden Kontrakt dürfe er jederzeit um eine weitere Spielzeit verlängern. „Ali ist ein wichtiger Mann für uns – sportlich wie menschlich“, lobt Keller seinen Schützling, der zuletzt in Testspielen Spielpraxis sammelte, sich schon bald seinen Stammplatz wieder zurückerobern will – und hofft, dass das Knie auch hält.